Bei Workshops an der Universität Stuttgart sollen Wissenschaftler herausfinden, ob sich Rohstoffe in Zukunft auf dem Mond abbauen lassen. Foto: IMAGO/ZUMA Wire/IMAGO/Vito Corleone

An der Universität Stuttgart sollen Wissenschaftler herausfinden, ob in naher Zukunft möglicherweise Rohstoffe auf dem Mond abgebaut werden können.

Eine Mondbasis soll Rohstoffe wie Silizium gewinnen. Eine Raumstation soll daraus Solarpaneele produzieren, um Energie für die Erde zu gewinnen. Das Projekt könnte 2050 voll funktionsfähig sein - aber auch eine Kleinigkeit kosten.

In Zeiten, in denen Milliardäre ins All fliegen und den Mars besiedeln wollen, gleichzeitig aber internationale Gemeinschaftsprojekte wie die Internationale Raumstation ISS vor dem Aus - oder zumindest vor dem Ausstieg Russlands - stehen, klingt das nach Science Fiction. Wie realistisch solche Projekte sind, soll der 1996 gegründete „Space Station Design Workshop” (SSDW) des Instituts für Raumfahrtsysteme an der Universität Stuttgart herausfinden.

Für die Workshops können sich Studierende und junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler weltweit bewerben und haben dann genau eine Woche Zeit, eine Aufgabe zu lösen. In diesem Jahr ging es um die eingangs beschriebene Rohstoffgewinnung auf dem Mond.

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Am Samstag vor einer Woche kannten sich die 40 Workshop-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer noch nicht, dann mussten sie sich ganz schnell in zwei Teams zusammenfinden. Das rote Team kümmerte sich um die Raumstation Lumo auf einer genau ausgetüftelten Mondumlaufbahn, Team Blau entwickelte die H.A.D.E.S.-Base, ausgeschrieben Habitable Autonomous Dirt Extraction System.

Ohne die Raumstation geht gar nichts. Sie ist der Ausgangspunkt für den Bau der Mondbasis, muss immer in Verbindung zur Erde stehen und Kontakt zu den künftigen Produktionsstätten zur Gewinnung von Rohstoffen auf dem Mond halten. Wenn auf dem Mond alles steht und funktioniert, ist sie sozusagen die Fabrik im Mondorbit. Aus den auf dem Mond gewonnenen Rohstoffen wie Silizium sollen dort Solarpaneele produziert werden, Tandemzellen aus Perowskit und Silizium, wie sie von Professor Michael Saliba und seinem am Institut für Photovoltaik der Uni Stuttgart entwickelt werden.

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Mehr als 750 Quadratmeter Solarpaneele pro Jahr könnten in der von Team Rot entworfenen Lumo-Station produziert werden, größtenteils vollautomatisch und von Robotern gesteuert. Außerdem soll Lumo spezielle Satelliten schaffen, die Solarenergie in Mikrowellen umwandeln, zur Erde schicken und so hier die Energieversorgung nachhaltig sichern.

Nach den innerhalb einer Woche entwickelten Plänen des roten Teams, könnte Lumo in den 2040er Jahren entstehen, 2050 voll funktionsfähig und mindestens bis 2100 in Betrieb sein. Die Kosten dafür werden auf einen höheren zweistelligen Milliardenbetrag geschätzt, für die Mondbasis samt Minen hat das blaue Team einen ähnlich hohen Betrag veranschlagt. H.A.D.E.S. soll helfen, die Rohstoffknappheit auf der Erde abzumildern, sich nahezu selbst erhalten, etwa 85 Prozent der benötigten Nahrungsmittel erzeugen - und für die Investoren ab Beginn der Rohstoffgewinnung auf der Mondoberfläche durchaus einträglich sein.

Auch wenn die roten und blauen Entwürfe des diesjährigen Space Station Design Workshops nach Zukunftsmusik klingen und völlig offen ist, ob etwas davon jemals verwirklicht wird: Der Wettlauf um die Rohstoffe beispielsweise auf dem Mond - dort gibt es neben Silizium auch Gold und Platin - hat längst begonnen. Mit den Bergbau-Möglichkeiten dort beschäftigen sich nicht nur Staaten wie die USA, China oder Russland. Auch Großkonzerne haben längst ein Auge auf Mond, Mars und Co. geworfen.