Der große Lesesaal der Unibibliothek Stuttgart soll bis 2028 geschlossen bleiben. Gegen diesen Sanierungsstau protestierten vor dem Finanzministerium auf dem Schlossplatz gut 200 Studierende.
„Im Herzen dieses Wirtschaftsstandorts müssen wir uns seit Jahren den Sanierungsstau unserer Uni-Gebäude mit ansehen. Check your priorities the Länd, was ist wichtiger Bildung oder Riesenrad?“, fragt Ludwig Jahn von der Fachgruppe Architektur und Stadtplanung. Etwa 200 Studierende haben sich trotz Regenwetter im Unipark versammelt. Darunter die Studierendenvertretung, die Betriebsgruppe Verdi, und diverse Fachgruppen der Uni Stuttgart. Anlass ist die Bibliothek, die kürzliche wegen eines Schwelbrands geschlossen wurde. Dieser hätte verhindert werden können, wenn man saniert hätte, meinen die Studierenden. Sie tragen Plakate mit Beschriftungen, wie „Die Uni wär gern exzellent, aber für die Bib gibt‘s keinen Cent“ und „The Länd - hier wird die Energiewende auf Kosten der Studierenden ausgetragen“.
Die Forderung: die Finanzierung muss beschleunigt werden
Dieser Kommentar spielt auf die geplante zweiwöchige Schließung der Vorlesungssäle nach den Weihnachtsferien an. Vom Unipark laufen die Demonstrierenden über die Holzgartenstraße zum Wissenschaftsministerium am Schlossplatz. Ihre Forderung: das Wissenschaftsministerium solle dringend die Finanzierung der Unigebäude beschleunigen. Der anwesende Ministerialdirektor Hand J. Reiter argumentiert: „Die Hochschulfinanzierung gibt über mehrere Jahre Planungssicherheit und wurde kurz vor der Pandemie beschlossen. Pandemie und Stromkrise waren Rahmenbedingungen weiterer Beschlüsse.“
Indes ist die Uni-Bibliothek bereits seit 2020 aufgrund eines Wasserschadens nur stark eingeschränkt nutzbar. Dem Wasserschaden folgte im September nach einem halben Jahr Öffnung ein Schwelbrand, der die Bibliotheksleitung zur erneuten Schließung zwang. Beide Schäden seien nicht verwunderlich, denn laut dem Bibliotheksleiter der Uni-Bibliothek Stuttgart, Helge Steenweg, ist diese die einzige in ganz Baden-Württemberg, die seit ihrer Gründung 1961 weder generalsaniert noch neu saniert wurde. Seit 20 Jahren setze er sich dafür ein. Problematisch ist die Schließung vor allem für Studierende, die auf die Bibliothek als externen Arbeits- und Lernplatz angewiesen sind. Vor Corona registrierte die Lichtschranke am Eingang der Bibliothek jährlich etwa 600 000 Studierende der Uni Stuttgart, die die Bibliothek nutzten. „Die Situation ist absolut dramatisch. Das ist eine große Misere, die uns trifft“, sagt Steenweg.
Notunterkunft mit hundert Leseplätzen
Um dieser Misere entgegenzuwirken, stehen seit Mittwoch wieder 200 Leseplätze im Eingangsfoyer bereit. Zudem habe die Uni-Bibliothek eine Notunterkunft mit einer Kapazität von 100 Leseplätzen in der Breitscheidstraße 2c eingerichtet. Indes lässt die Finanzierung der Generalsanierung auf sich warten. Das Land will die nötigen Mittel erst im Haushaltsplan 2028/29 zur Verfügung stellen. Ludwig Jahn betont: „Bildung ist systemrelevant, das ist der Grundstand unserer Gesellschaft und unseres Wohlstands. Es bringt nichts, wenn die Gebäude zu sind und uns dann am Ende die klugen Köpfe fehlen, die sanieren sollen.“