In diesem Beitrag unterziehen wir E-Scooter einem Faktencheck. Foto: dpa/Sven Hoppe

E-Scooter gehören mittlerweile zum Straßenbild. Doch die Unfälle häufen sich – und Stuttgarter nutzen die Roller anders als andere Großstädter.

E-Scooter gehören mittlerweile zum Straßenbild fast aller größeren Städte. Privatfahrzeuge sind ebenso wie Leihroller von Anbietern wie Tier, Lime oder Voi sind zweifellos praktisch – und stehen wegen steigender Unfallzahlen und zweifelhafter Nutzung in der Kritik. Zeit für einen Faktencheck.

Die Zahl der Unfälle steigt

Unfälle mit E-Scooter-Beteiligung werden erst seit 2020 systematisch erfasst. Seither zeigt die Kurve konstant nach oben. Im ersten Halbjahr 2022 ist im Vergleich zum ersten Halbjahr 2021 ein Plus von 82,2 Prozent zu verbuchen.

Im Schaubild zeigen wir die Entwicklung sowie eine Prognose unter der Annahme, dass im zweiten Halbjahr genau gleich viele E-Scooter-Fahrer verunglücken oder Unfallverursacher sind. Für 2022 wären demnach insgesamt höhere Unfallzahlen zu erwarten.

In Stuttgart passieren die meisten Unfälle

Landesweit kommen in Stuttgart die meisten Personen bei Unfällen mit E-Scooter-Beteiligung zu Schaden. 2022 wurden bis Ende April insgesamt 22 Unfälle registriert. Das überrascht aber nicht, weil Stuttgart die mit Abstand größte Stadt des Landes ist und hier auch mehrere E-Scooter-Anbieter ihre Fahrzeuge verleihen.

Interessant ist, dass in der Unfallstatistik die Kreise Tübingen (neun Unfälle bis Ende April 2022) und der Ortenaukreis folgen – und es im Ortenaukreis nach Angaben der Polizei Offenburg und der Pressestelle des Landkreises keine Leihanbieter für E-Scooter gibt.

Stuttgarter fahren besonders kurze Strecken

Der Vergleich der Unfalldaten zeigt, dass es auch auf die Zahl der E-Scooter und die Fahrleistung ankommt – also wie viel und welche Strecken gefahren werden. Für Privatfahrzeuge wird das nicht erfasst, bei Leihgeräten dagegen sehr wohl. Allerdings sind die Anbieter meist zurückhaltend, was die Herausgabe solcher Daten angeht.

Der Verband Shared Mobility stellte uns auf Anfrage für den Monat Juli 2022 Daten zu der durchschnittlich je Leihe gefahrenen Strecke zur Verfügung. Daraus geht hervor, dass in Stuttgart mit E-Scootern deutlich kürzere Strecken gefahren werden als in anderen Großstädten, nämlich anderthalb Kilometer. Das liegt deutlich unter den Werten anderer Erhebungen und spricht dafür, dass die Roller vielfach für Strecken eingesetzt werden, die man typischerweise zu Fuß zurücklegen würde.

Stuttgart ist relativ sicher

Vielleicht führen die kurzen Scooterwege auch dazu, dass in Stuttgart vergleichsweise wenige Unfälle passieren. Proportional zur Einwohnerzahl sind in Köln doppelt so viele Unfälle mit Personenschaden gezählt worden wie in Stuttgart, in Düsseldorf und Nürnberg anderthalb mal so viele.

Überwiegend Leichtverletzte

Wenn E-Scooter-Fahrer verunglücken, kommen sie meistens mit Schürfwunden oder blauen Flecken davon. Ein Mann im Kreis Konstanz ist dieses Jahr allerdings bei einem Unfall umgekommen und die Zahl der Schwerverletzten in Baden-Württemberg ist im Vergleich zum ersten Halbjahr 2021 des Vorjahres in Baden-Württemberg um 163 Prozent gestiegen.

Am häufigsten verunglücken 25- bis 64-jährige, diese Altersgruppe ist bei gut jedem zweiten Unfall beteiligt. Das entspreche ungefähr ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung, erklärt der Innenministeriums-Sprecher Renato Gigliotti. Überproportional tauchen die zahlenmäßig deutlich kleineren Gruppen der 14- bis 17-Jährigen und der 18- bis 24-Jährigen in der Statistik auf. Senioren nutzen dagegen kaum E-Scooter und verunglücken auch sehr selten.

Alkohol als Unfallursache

Technische Mängel an den E-Scootern führen nur sehr selten zu Unfällen. Viel häufiger sind die Fahrer selbst Schuld: wichtigster Unfallgrund ist die mangelnde Verkehrstüchtigkeit, also beispielsweise ein alkoholisierter Fahrer. Auf dem zweiten Platz folgt zu hohe Geschwindigkeit.