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Ab 1. Juli müssen Fahrzeuge mit roter Plakette draußen bleiben. Aber es gibt kleine Schlupflöcher.

Stuttgart - Ab 1. Juli müssen Fahrzeuge mit roter Feinstaubplakette draußen bleiben: Freie Fahrt in der Umweltzone Stuttgart haben nur noch Pkw und Lkw mit besseren Abgaswerten, sichtbar an gelber oder grüner Plakette. Für wenige Kfz ohne Rußfilter gibt es kleine Schlupflöcher.

Der Sprecher der Kfz-Innung Region Stuttgart, Bernd Schäufele, versteht die Welt nicht mehr so recht: "Der nachträgliche Einbau von Dieselpartikelfiltern läuft eher verhalten." Das spiegelt sich in den Zulassungszahlen zum Jahreswechsel wider: Während im Stadtgebiet über 58000 Fahrzeuge ohne Rußfilter durch die Straßen dieselten, wiesen nur knapp 9000 ein Nachrüstsystem auf.

40 Euro Bußgeld und ein Punkt in Flensburg

Ähnlich sieht es jenseits der Stadtgrenzen aus. Von den knapp 400.000 zugelassenen Diesel-Fahrzeugen in der Region fahren mehr als die Hälfte ohne ein Filtersystem. Etwa 40.000 gelten als Dreckschleudern und tragen eine rote Feinstaubplakette. Doch am 30. Juni endet für Wagen mit Makel die freie Fahrt in der Stuttgarter Umweltzone. Tags darauf beginnt für sie die dauerhafte Verkehrsbeschränkung - eine Maßnahme des Luftreinhalte- und Aktionsplans aus dem Regierungspräsidium (RP) Stuttgart. Die Stilllegung der Rußproduzenten soll Feinstaubbrennpunkte wie das Neckartor entschärfen.

"In Stuttgart haben rund 7000 Fahrzeuge eine rote Plakette", beziffert Ralf Maier-Geißer, Abteilungsleiter Straßenrecht im städtischen Ordnungsamt, wie viele Fahrzeuge im Stadtgebiet nicht mehr bewegt werden dürfen. Für 23 000 Fahrzeuge mit gelber Plakette gilt eine Galgenfrist bis Ende 2011. Dann heißt es auch für sie: Motor aus, der Umwelt zuliebe.

"Das Fahrverbot betrifft auch Auswärtige, die nach Stuttgart einfahren wollen", verdeutlicht Maier-Geißer, dass Fahrten mit roter Plakette aus dem Umland künftig am Stadtrand enden. Wer dennoch in die Umweltzone einfahren will, riskiert 40 Euro Bußgeld und einen Punkt in Flensburg, so das Strafmaß. "Besitzer betroffener Fahrzeuge sollten sich möglichst schnell nach Nachrüstungsmöglichkeiten bei ihrem Kfz-Betrieb informieren", warnt Bernhard Schäufele vor Lieferengpässen bei Partikelfiltern.

Nur jeder dritte Ausnahmeantrag hat Erfolg

"Wer zum Stichtag nicht nachgerüstet hat und weiter mobil mit dem Auto bleiben will, muss auf Busse und Bahnen oder ein anderes Kraftfahrzeug umsteigen, das nicht dem Fahrverbot unterliegt", sagt Maier-Geißer. Denn Ausnahmen von der Rotregel werde es nur selten geben. Für Einzelfallgenehmigungen kämen nur Fahrzeuge infrage, für die es keinen Partikelfilter gibt. Bei einigen Fahrzeugmodellen ist das auch knapp drei Jahre nach Inkrafttreten der Umweltzonen noch immer der Fall.

Wer davon betroffen ist, hat aber nicht automatisch einen Freifahrschein. "Nur wer auf sein Fahrzeug alternativlos angewiesen ist, darf hoffen", sagt Maier-Geißer. Schichtarbeiter etwa, die ihren Arbeitsplatz nicht mit Bus oder Bahn erreichen, können deshalb mit positivem Bescheid rechnen. Aber auch dann ist die Ausnahme auf ein Jahr befristet.

Etwas mehr Spielraum gewährt das Ordnungsamt gewerblichen Fahrzeugen. Bei Transportern oder Lastwagen zählen neben technischen auch wirtschaftliche Gründe. Die liegen vor, wenn die Nachrüstungskosten wesentlich mehr als den Zeitwert des Fahrzeugs ausmachen. Umweltzonen sollen Gewerbetreibende nicht in Existenznöte treiben. Während der Einbau eines Partikelfilters beim Pkw meist weniger als 1000 Euro kostet, kann sich die Nachrüstung eines schweren Spezialfahrzeugs auf bis zu 20.000 Euro summieren.

Nur jeder dritte Ausnahmeantrag hat Erfolg

Auch Besitzer von rot plakettierten Wohnmobilen dürfen hoffen, zumindest zeitweilig vom Fahrverbot befreit zu werden. "Aber nur für Aus- und Einfahrten zu Urlaubszwecken", betont Maier-Geißer. Notfalls gebe das Amt den Weg vor.

Mittlerweile sind über 1100 Ausnahmeanträge vom Fahrverbot bei der Behörde eingegangen. Darunter sind auch Autofahrer, denen das RP den Antrag nahegelegt hat - so wie Klaus Walz aus Weissach. Der wehrt sich, weil er seinen VW Sharan Diesel aufwendig reparieren ließ im Vertrauen darauf, dass er mit roter Plakette noch bis Anfang 2012 fahren dürfe. Doch dann wurde das Aus der roten Plakette vorgezogen - eine unzumutbare und beispiellose Maßnahme, wie Walz beklagt. Seine Eingaben hat das RP aber abgebügelt. Der Gesundheitsschutz habe die Verschärfung erforderlich gemacht, schrieb das RP.

Die meisten Anträge wurden wieder zurückgezogen, nachdem die Betroffenen die Bedingungen erfahren hatten. Nur jedes dritte Begehren hat überhaupt Erfolg. Täglich erkundigen sich aber bis zu 150 Anrufer bei den sieben Mitarbeitern der Prüfabteilung. Die Bearbeitungszeit liegt bei zwei Wochen.