Ein Sekt auf der Geschäftsfeier? Das sagen Unternehmen und Verbände aus Baden-Württemberg dazu. (Symbolbild) Foto: IMAGO/Sven Simon/IMAGO/Frank Hoermann / SVEN SIMON

Darf man während der Arbeitszeit Alkohol konsumieren? Diese Entscheidung trifft der Arbeitgeber. Die Handhabung im Land ist sehr unterschiedlich. Verbände fordern Klarheit – erst recht seit dem Skandal um den Polizeiinspekteur.

Vor kurzem hat sich das Landespolizeipräsidium einen Alkoholverzicht auferlegt - nachdem freitägliche Sektrunden rund um die Affäre um den vom Dienst freigestellten Polizei-Inspekteur in Baden-Württemberg bekanntgeworden waren. Wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur unter Unternehmen und Verbänden ergab, wird Dienst und Schnaps im Südwesten längst nicht immer strikt getrennt.

Der Inspekteur musste sich wegen Vorwürfen sexueller Nötigung einer Kommissarin vor Gericht verantworten, er wurde vor kurzem freigesprochen. Im Landespolizeipräsidium werden nach der Affäre auch bei Anlässen wie Geburtstagen oder Beförderungen keine alkoholhaltigen Getränke gereicht. Die „freiwillige Selbstverpflichtung“, wie das Innenministerium erklärte, habe keinen Einfluss auf die übrigen Abteilungen. Zur Handhabe im Staatsministerium hatte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) Ende Februar gesagt, bei einer Beförderung werde schon mal ein Glas Sekt getrunken. Man werde das nicht ändern, man sei schließlich kein „freudloses Haus“. Eine einheitliche Linie auf Ministerialebene ist nicht in Sicht.

Das sagt die Landesstelle für Suchtfragen dazu

Alkohol am Arbeitsplatz sei absolut inakzeptabel, egal, ob auf dem Bau oder im Büro, sagte Christa Niemeier von der Landesstelle für Suchtfragen der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. „Man muss sich eher fragen, warum das nicht selbstverständlich ist.“ Feste seien nur außerhalb des Betriebs mit Ausnahmeregeln denkbar. „Jeder Betrieb, der eine funktionierende betriebliche Gesundheitsförderung und ein betriebliches Gesundheitsmanagement etabliert hat, wird zu dem Ergebnis gekommen sein, dass Alkohol im Betrieb nichts zu suchen hat“, sagte Niemeier.

Auskünfte, ob es eine Betriebsvereinbarung zum Alkoholkonsum gibt, geben nicht alle Unternehmen. Mercedes-Benz, SAP und Würth möchten sich nicht offiziell dazu äußern. Von Bosch in Stuttgart heißt es, verantwortlich für Gesundheit seien Mitarbeiter und das Unternehmen gemeinsam. „Die Arbeitsordnung der Robert-Bosch GmbH regelt, dass hochprozentiger Alkohol während der Arbeitszeit verboten ist“, sagte eine Unternehmenssprecherin. Komplettverbote gebe es an einigen Bosch-Standorten.

Verbände fordern klare Regeln

„Bei Kaufland sind der Konsum und das Arbeiten unter Einfluss von Alkohol generell untersagt“, sagte eine Unternehmenssprecherin in Neckarsulm bei Heilbronn. „Das schließt zum Beispiel auch den Sekt am Geburtstag mit ein.“ Ausnahmen seien Feiern außerhalb der Arbeitszeit, wie Sommerfeste oder Weihnachtsfeiern.

Verbände betonen, dass klar kommunizierte Regeln wichtig seien - konkrete Empfehlungen wollen sie aber nicht immer geben. „Klar ist, dass Arbeitgeber ein ausgelassenes Trinkgelage nicht dulden sollten“, sagte ein Sprecher des Verbands Unternehmer Baden-Württemberg (UBW). Man unterstütze Betriebe dabei, einen verantwortungsvollen Umgang mit Alkohol zu fördern oder Alkoholkonsum ganz zu unterbinden.

Gemeindetag Baden-Württemberg hat eine klare Meinung

Der UBW-Sprecher wies darauf hin, dass ein Arbeitgeber nicht verpflichtet sei, Alkoholverbote auszusprechen, sofern das nicht arbeitsschutzrechtliche Vorgaben verlangten. Pflicht ist das etwa beim Bedienen von Maschinen oder Fahrzeugen. Neben der Fürsorgepflicht gelte für Unternehmen, Sicherheit und Produktivität der Belegschaft zu gewährleisten, betonte der Sprecher.

Eine deutliche Ansage wertet auch der Gemeindetag Baden-Württemberg als sinnvoll bei Alkohol-Suchtprävention im kommunalen Dienst. „Es geht einerseits darum, klare Regeln zu haben“, sagte ein Sprecher. „Dies kann ein Alkoholverbot sein, es können aber auch Vorgaben sein, aus denen klar ist, dass Alkohol nur bei bestimmten und geeigneten Anlässen zugelassen ist.“

Eine Möglichkeit bietet laut Gemeindetag ein absolutes Alkohol- oder Suchtmittelverbot bei der Arbeit, das den Empfehlungen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung folgt und abgestimmt mit dem Personalrat erlassen wird. Der Gemeindetag zeigte sich überzeugt, dass die Kommunen im Land dazu einen verantwortlichen Umgang gefunden hätten. „Klar ist, dass Alkohol während der Dienstausübung fehl am Platz ist“, sagte der Sprecher.