Anfangs nahmen viele Stuttgarter Geflüchtete aus der Ukraine am Hauptbahnhof in Empfang. Jetzt sind es keine 20 mehr. Für viele ist die Belastung zu groß. Foto: Lichtgut/Piechowski

Ukraine-Demo Stuttgart und HelpUnion hat Helfende zur Konferenz ins Wizemann-Areal geladen, um zu berichten, was geschah und was geschehen muss.

„Der Tag, an dem alles anders wurde.“ So bezeichnen viele den 24. Februar 2022, als Russland die Ukraine angriff. Auch ein Jahr nach der Invasion dauert der Krieg an. Auch die Hilfe für die Ukraine, die zahlreiche Freiwillige organisierten und noch organisieren. Um vorzustellen, was bisher alles geschehen ist und was noch passieren sollte, lud die ukrainische Community ins Impact Hub ein. Einige Vertreterinnen und Vertreter von Vereinen, Institutionen sowie Einzelpersonen kamen: Ukrainerinnen, die schon lange in Deutschland leben, Geflüchtete, die nun selbst helfen, Deutsche, die sich engagieren. Michael Joukov, Grünenpolitiker im Landtag, betonte, wie wichtig Kommunikation und Austausch sei, um den falschen russischen Narrativen etwas entgegen zu setzen. Daher mache man seit einem Jahr Kundgebungen, so Denis Zipa, von Ukraine-Demo Stuttgart, der mit dem Verein HelpUnion die Konferenz konzipierte.

Deutlich weniger Teilnehmer bei Demos

Mehr als 30 Demonstrationen gab es bisher, über die national wie international berichtet wurde, Kooperationen mit den rechtsstaatlichen Parteien und der Initiative Pulse of Europe. Die Teilnehmerzahl der Demos habe geschwankt, so Zipa. Von zunächst 5000 sank sie sukzessive auf mehrere Hunderte, um im Februar wieder auf über 1000 zu steigen. Man mache weiter. „Bis die Ukraine gewinnt!“ Auch Pavel Leonidov von „Wolja“ alias „Freiheit“ betonte, wie dringend man Helferinnen und Helfer brauche fürs Dolmetschen oder Freizeitangebote.

Empfingen und erstversorgten anfangs mehrere 100 am Bahnhof Geflüchtete, sind nun keine 20 mehr dabei. „Die psychische Belastung ist groß.“ Zudem würden in Stuttgart keine Aufenthaltstitel erteilt – wie in anderen Städten. Nach erfolgreichem Krisenmanagement für Geflüchtete mit Hilfstransporten in die Ukraine und viel Unterstützung von Firmen und Freunden kam auch bei Liuba Smolska Erschöpfung. „Ich musste mich auf ein Thema fokussieren.“ So wurde aus „Help Ukraine Stuttgart“ nun „Sustain Ukraine e.V.“ Zweck? „Eine regenerative Energieinfrastruktur im vom Krieg gebeutelten Land fördern und aufbauen, bei Stromengpässen Geräte bereitstellen“, so Gründungsmitglied Fabian Oliver Flohr.

Viele denken schon an den Wiederaufbau

Auch SOS Ukraine-Gründer Yevhenii Lesnyk, der seit Kriegsbeginn einmal pro Woche Transporter mit Hilfsgütern jeglicher Art losschickt – bisher 230 Tonnen –, denkt an den Wiederaufbau. „Wir brauchen alles, liefern auch Baumaterialien und Geräte.“ Beim Ausbildungscampus Stuttgart – im Jahr 2016 am Runden Tisch „Flüchtlinge und Ausbildung“ der Bürgerstiftung Stuttgart entstanden – will man bürokratiearm junge Geflüchtete und andere junge Menschen in Ausbildung bringen. Unternehmen, bürgerschaftlich Engagierte, Behörden, Institutionen und Organisationen kooperierten an einem modernen Lernort, so Campusleiterin Marcela Ulloa.

Einen Ort für Schwangere schufen Afina Albrecht und die Psychologin Elena Grassler: Das Netzwerk DIM unterstützen ehrenamtliche Geburtshelferinnen, Psychologinnen, Lehrerinnen – teils selbst geflüchtet. „DIM bedeutet zu Hause – ein geschützter Raum für Beratung, 1:1-Gespräche, Austausch“, sagt Grassler. Schon im Jahr 2016 gegründet wurde das Ukrainische Atelier für Kultur und Sport (UAKS). „Nach der Krim-Annexion wollten wir öffentlich machen: Die Ukraine hat eine eigene Geschichte mit eigener Sprache und eigener Kultur“, so Ilona Gerlach, im UAKS-Vorstand.

Seit Kriegsbeginn sorgte auch UAKS für Hilfslieferungen, versorgte geflüchtete Kinder in Stuttgart mit Schul-Tablets, Geflüchtete mit Sim-Karten. Es gab ein Benefizkonzert im Theaterhaus mit geflüchteten und Stuttgarter Kunstschaffenden, im Stadtpalais die Schau „SMS aus Mariupol“. Zum Portfolio gehört das Deutsch-Ukrainische Magazin „Gelblau“ und Kunstunterricht, etwa für geflüchtete Kinder. Die Nachfrage sei groß, so Kunstlehrerin Evgenia Nosova. Ihr Wunsch: „ Räume finden, die wir regelmäßig nutzen können.“