Mit Wassertanks gegen die Trockenheit Foto: Jan Reich

Der Rekordsommer macht nicht nur normalen Menschen im Alltag zu schaffen. Die Hitze und die Trockenheit setzt vor allem auch den Landwirten zu. Die Getreide-, Obst- und Weinerzeuger fürchten erhebliche Ertragseinbußen – und sehnen den Regen herbei.

Stuttgart - Es ist ein grüner Anhänger, der an diesem Donnerstagmorgen voll beladen mit vier großen, weißen Kunststoffbehältern am Wegesrand in den Fellbacher Weinbergen steht. Aus den Tanks fließt Wasser durch einen Verbindungsschlauch zu der Bewässerungsanlage. Dank eines speziellen, druckkompensierenden Tropfsystems erhalten die Rebstöcke hier oben am Weinberg genauso viel Wasser wie die weiter unten, das kühle Nass tropft an allen Löchern im Schlauch ziemlich gleichmäßig auf den sonst sehr trockenen Boden.

„Viele Weinberge befinden sich im Trockenstress“

Der Anblick der 1000-Liter-Wassertanks ist in diesen Tagen in den schmalen Straßen zwischen den Weinbergen in Stuttgart und näherer Umgebung keine Seltenheit mehr. Bereits seit Anfang Juli müssen die Stuttgarter Weingärtner in diesem Jahr regelmäßig ihre Rebstöcke bewässern. Der Grund dafür sind die heißen, trockenen Tage in den vergangenen Monaten. „So extrem wie in diesem Jahr war es noch nie“, sagt Rainer Bubeck, „viele Weinberge befinden sich im Trockenstress. Wir hoffen, dass es am Freitag und am Wochenende endlich mal regnet.“ Der 48-Jährige aus Stuttgart-Rotenberg ist einer von rund 25 hauptberuflichen Wengertern im Collegium Wirtemberg, die unter der lang anhaltenden Hitze- und Trockenperiode leiden. Er erinnert sich noch gut an den bisherigen Rekordsommer 2003: Damals habe man erst im August anfangen müssen, Wasser in die Weinberge zu fahren.

Eine fest installierte Bewässerungsanlage mit dem speziellen Tropfsystem, an die man die Tanks nur kurz anschließen muss und die danach eigenständig arbeitet, sei „bisher die Ausnahme“, sagt Bubeck. Selbst die Vollzeit-Wengerter haben längst nicht an all ihren Weinbergen solch eine Vorrichtung. Und nicht wenige derer, die eine Parzelle so nebenbei in ihrer Freizeit bewirtschaften, gießen Stock für Stock in Handarbeit mit einem handelsüblichen Gartenschlauch, um die Pflanzen am Leben zu erhalten. Das kostet Zeit – und Geld. „Wenn man von Hand bewässert, ist der Wasserverbrauch wesentlich höher, als wenn man das effiziente Tropfsystem nutzt“, sagt Bubeck. Aber anders geht es nicht. Wengerter, die ihre Pflanzen zu selten oder gar nicht bewässern, riskieren, dass sie sterben.

Trinkwasser wird zum Bewässern verwendet

Das Wasser beziehen die Weingärtner aus einer Leitung oder einem Hydranten. Für einen Kubikmeter aus der Trinkwasserleitung müssen sie den normalen Preis von 2,39 Euro bezahlen. Zwar werden zumindest den großen Betrieben die Abwassergebühren erlassen. Dennoch zeichne sich bereits jetzt ab, dass der finanzielle Aufwand in diesem Jahr „deutlich höher“ sei als zuletzt, sagt Bubeck.

Doch selbst die Trauben an Reben, die regelmäßig bewässert werden, bleiben aller Voraussicht kleiner als in den vergangenen Jahren. Dafür sei deren Qualität dank der vielen Sonnentage höher als zuletzt. Finanzielle Einbußen müssen wohl selbst die Erzeuger der Edeltropfen hinnehmen. „Wir rechnen mit einem Ertragsausfall von mindestens 20 Prozent“, sagt Bubeck.

Mindererträge von bis zu 25 Prozent

Noch schlimmer könnte es gar die Landwirte in Stuttgart und Region treffen, die Getreide, Mais, Gemüse und Obst anbauen. „Wir erwarten in diesem Jahr deutliche Mindererträge – bis zu 25 Prozent“, sagt der Vorsitzende des Bauernverbands Stuttgart, Klaus Brodbeck, „wir hoffen einfach, dass es bald regnet. Die Pflanzen dürsten danach.“ Trotz Bewässerung. Denn zahlreiche Betriebe in Stuttgart waren auf eine solche Dürrezeit nicht eingestellt. Auf den Feldern fehle oft ein Wasseranschluss. Und der Aufwand mit dem Gießwagen sei enorm, sagt Brodbeck. Man habe sich umstellen müssen. „Ein Großteil unserer Arbeit besteht derzeit aus der Bewässerung der Pflanzen.“

Und dennoch ist das Ergebnis nicht immer erfreulich: Die Menge und die Qualität der Erzeugnisse seien häufig geringer als sonst. „Den Kosten- und Zeitaufwand an den Kunden weiterzugeben geht in der Landwirtschaft ohnehin schlecht“, sagt der Bauer aus Stuttgart-Möhringen, „und wenn das Gemüse zum Beispiel dann noch etwas verkümmert ist, ist doch niemand bereit, dafür auch noch mehr zu zahlen.“

Tierbetrieben droht Futterknappheit

Betriebe, die Tiere halten, erwischt es in diesem Sommer womöglich am härtesten. Beim Grasland fallen aufgrund der anhaltenden Trockenheit in manchen Gebieten in der Region der zweite und der dritte Schnitt weg. Das Futter für Tiere könnte dadurch im kommenden Winter knapp werden.