In der Pflege fehlen Fachkräfte. Mit Aktionen wie dem internationalen Tag der Pflege soll gegengesteuert werden. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Die Pflegeheimplätze sind knapp. Vor allem für Menschen mit höherer Pflegestufe muss man lange herumtelefonieren, um sie unterzubringen. Ist das schon eine Art Triage?

Auch in Baden-Württemberg kommt es vor, dass Pflegeheime Menschen mit geringer Pflegebedürftigkeit gegenüber schwierigen Fällen bei der Aufnahme bevorzugen. Das räumte ein Sprecher des Stuttgarter Sozialministeriums gegenüber unserer Zeitung ein. Eine Differenzierung nach Pflegebedürftigkeit sei zwar nicht zulässig, jedoch stünden Heime und ambulante Dienste vor einem Dilemma: „Höhere Pflegegrade brauchen mehr Personal. Steht dies nicht zur Verfügung, nimmt ein Heim nur Personen mit solchem Pflegebedarf auf, für deren Versorgung das Personal reicht.“ Deshalb bemühe sich das Land darum, den Personalmangel zu beheben.

Das Ministerium reagierte damit auch auf einen Bericht des ARD-Magazins Report Mainz, wonach in Deutschland bereits eine regelrechte „Pflege-Triage“ üblich sei. Schwere Pflegefälle fielen „immer häufiger durchs Raster“, zitierte der Sender einen schriftlichen Hilferuf von Pflegeberaterinnen aus Rheinland-Pfalz. In Baden-Württemberg ist die Situation ähnlich, wie eine Umfrage unserer Zeitung ergab. So hätten viele Kliniken im Rahmen ihres Entlassmanagements immer mehr Probleme, eine Anschlussversorgung – ambulant oder stationär – zu organisieren, sagte ein Sprecher des Pflegestützpunkts im Kreis Rastatt. Der generelle Mangel gelte für alle Pflegestufen, treffe Menschen mit höherem Pflegebedarf aber „noch heftiger“. Selbst wenn Platz vorhanden sei, fehle es am Personal. Die Einrichtungen und die ambulanten Dienste träfen „sicher eine Auswahl, wer aufgenommen wird, allerdings wird dies so offen selten kommuniziert“.

Wer einen Platz will, muss telefonieren

Auch im Zollernalbkreis, in Stuttgart, Böblingen, Konstanz, Waldshut und Baden-Baden berichteten die Verantwortlichen von einer angespannten Lage. Viele Heime führten wegen der hohen Nachfrage auch keine Wartelisten mehr. „Wir testen jetzt digitale Angebote“, sagte Tanja Fröhlich vom Pflegestützpunkt Baden-Baden. Allerdings bringe dies nichts, wenn es gar keine Plätze gebe. „Es bleibt beim Telefonieren, was für alle Seiten frustrierend ist.“ Einen Pflegeplatz zu erhalten, sei mittlerweile wie ein „Sechser im Lotto“. Allerdings gibt es auch Ausnahmen. Die Pflegestützpunkte in Heilbronn, Ulm, Calw und im Neckar-Odenwald-Kreis berichteten von einer ausreichenden Versorgung im stationären wie ambulanten Bereich.

Eine Sprecherin der Evangelischen Heimstiftung in Stuttgart, mit 91 Pflegeheimen einer der größten Träger im Land, wies das Bild von der „Triage“ zurück. Die Schwierigkeiten seien nicht wegzudiskutieren. „Aber wir lehnen niemanden ab, weil er zu pflegebedürftig ist“. Das Wort „Triage“ sei „überzogen“, sagte eine Sprecherin der Pflegestützpunkte im Land. Die Triage ist eigentlich ein Begriff aus der Notfallmedizin. Dabei geht es um die Frage, wer etwa am Unfallort zuerst behandelt wird, wenn nicht genügend Ressourcen vorhanden sind.