Das Knaller-Cover aus den 80er Jahren: Zonen-Gaby und ihre „Banane“. Foto: http://www.titanic-magazin.de

Martin Sonneborn und seine Kollegen von der Titanic Boygroup sorgen im Scala für Lacher – aber auch für einige Gähner.

Ludwigsburg - Dafür, dass sie die Orte, an denen sie auftreten, eigentlich immer nur „Dings“ nennen, haben sich die drei Satiriker der Titanic Boygroup ziemlich gut über die Barockstadt und ihre Umgebung informiert. Sie wissen, dass „Ludwigsburg am Arsch von Stuttgart“ liegt. Von sich selbst behaupten sie, so beliebt wie Assad, Vogelgrippe und Werner Spec zu sein und außerdem so hässlich wie Stuttgart-Nord. Das Publikum lacht.

Von Zonen-Gaby bis FDP-Schönling

Vor 14 Jahren waren die drei ehemaligen Chefredakteure des Satiremagazins Titanic, Martin Sonneborn, Thomas Gsella und Oliver Maria Schmitt, schon einmal im Scala. „Wer war damals schon dabei“, fragt Schmitt. Keiner meldet sich. Ihr Glück. Denn ihr Programm „Comeback – Rückkehr der Satire-Zombies“ bietet zunächst wenig Neues. Wie damals erinnern sie an die erfolgreichsten Cover des inzwischen 38 Jahre alten Magazins – zum Beispiel an ein Titelbild von 1989: Zonen-Gaby hält eine geschälte Gurke in der Hand. Die Aufschrift lautet: „Meine erste Banane.“ Oder das Frontblatt von 1992 mit dem Altkanzler und dessen durch Bildbearbeitung verursachten ziemlich dämlichen Gesichtsausdruck mit verdrehten Augen. Es trägt die Aufschrift: „Die Wiedervereinigung war ungültig: Helmut Kohl war gedopt.“ Im Eiltempo geht es von Titelblatt zu Titelblatt so schnell in die Gegenwart, dass der Zuschauer über den aktuellen Lacher vergisst, worüber er sich vor einer halben Minute noch amüsiert hat. Schließlich taucht der FDP-Schönling Lindner auf, der Opfer seiner eigenen Online-Kampagne geworden sei. Die Gesichtserkennung habe eindeutig ergeben. „Er ist ein Wichser.“

Die Müdigkeit gewinnt gegen die Aufmerksamkeit

Das Bilderfeuerwerk ist abgebrannt. Das aktuelle Titelblatt der Ausgabe vom Oktober 2017 ist gezeigt. Zum Durchatmen gibt es Auszüge aus den Klassikern der Zeitschrift wie dem Ressort „Briefe an die Leser“. Gsella nimmt Sexualtherapeutin Giesela von Hinten aufs Korn, Sonneborn untersucht die Auswahl von Inländer- und Ausländerjagdscheinen in Potsdam. Es wird absurd, obszön – und höchst amüsant. Texte über Texte prasseln auf die Zuschauer ein. Einen roten Faden gibt es nicht, jeder Satiriker darf abwechselnd etwas beitragen. Schmitt verdutzt die Zuhörer mit einer breiten Sammlung an Vorurteilen über Österreicher, Engländer und die Flippers. Das Lachen bleibt so manches Mal im Hals stecken. Nach fast zwei Stunden Berieselung siegt beim einen oder anderen Zuhörer dann aber doch die Müdigkeit gegen die Aufmerksamkeit. Die Augen fallen zu, der Kopf sinkt nach hinten an die Lehne des gemütlichen roten Kinosessels. Die langen Texte, die Schmitt vorliest, wirken in den Zeiten der Kurznachrichten in die Jahre gekommen. Immerhin besteht die ganze Gruppe nicht gerade aus jungen Hüpfern. Schon seit mehr als 20 Jahren touren die Satiriker – mit kurzer Unterbrechung – durch Deutschland und erzählen von einem Magazin, das in der Zwischenzeit auch seine Glanzzeiten hinter sich gebracht hat. Die knackige, bildlastige Satire des Online-Magazins „Der Postillon“ hat dem Blatt in der örtlichen Wahrnehmung – vor allem über soziale Medien – inzwischen den Rang abgelaufen.

Politiker veräppeln sich selbst

Dennoch weiß Entertainment-Profi Sonneborn die Zuschauer mit spitzfindigem Lausbubencharme und seinen Evergreens aus der ZDF-heute-Show wach zu rütteln. Sein gekonnt harmloses Auftreten verschafft ihm zum Beispiel Zugang zu einem Interview mit einem Pressesprecher der Deutschen Bank. Das Besondere: Fragen und Antworten hat ihm die Bank selbst zugeschickt. Sonneborn ist zu sehen, wie er dem Pressesprecher hilft, vor dem getürkten Interview seine Antworten nochmal auswendig zu lernen. Ein Film, für den er – bisher erfolglos – verklagt wurde. Tief in die Satirekiste brauchte er für seine TV-Beiträge nicht greifen, die Protagonisten aus den Reihen der FDP oder NPD veräppelten sich eigenständig. Ein Grund für ihn, selbst in die Politik zu gehen und die Welt zu retten. Mit der Gründung von „Die Partei“ startete Titanic mit Sonneborn an der Spitze die besondere Satire-Offensive im Jahr 2004. Quasi von innen heraus.

„Merkel ist dick“

Über die Scala-Leinwand fliegt ein Sturm origineller Wahlplakate und treibt Freudentränen in die Augen. Die Aufschrift eines Plakats „Merkel ist doof“ stamme aus dem Jahr 2013. Noch heute überprüfe die Saatsanwaltschaft, ob das Plakat zulässig sei. „Merkel ist dick“, sei jedoch erlaubt, weil nachweisbar, so Sonneborn. Mit dem zynischen Licht, das er in Zeiten der Politikverdrossenheit auf die Machenschaften von Parteien wirft, hat er es immerhin in das Europaparlament geschafft. Auch dort muss er nicht lange nach Vorlagen suchen. Für heute soll es aber genug sein. Schmitt – ein gebürtiger Heilbronner – wünscht „Gut’s Nächtle“.