Im Jubiläumsjahr ist das Tierheim Esslingen nicht auf den Hund gekommen – doch es platzt laut Leiter Horst Theilinger aus allen Nähten. Dennoch werden 70 Jahre Tierschutzverein und 60 Jahre Tierheim mit einer großen Benefiz-Gala gefeiert.
Die Einrichtung möchte heimatlosen Tieren ein vorübergehendes Zuhause geben. Doch es hat lange gedauert, bis das Tierheim Esslingen selbst eine Heimat gefunden hatte. Die Standortfrage trieb die Gründerväter und -mütter in den Anfangszeiten um, bis auf der Neckarinsel gebaut werden konnte. Dank dieser Lösung kann nun ein Doppeljubiläum begangen werden: 70 Jahre Tierschutzverein Esslingen und Umgebung sowie 60 Jahre Tierheim Esslingen. Diese runden Geburtstage werden am Freitag, 24. November, mit einer Benefiz-Gala gefeiert. Karten können online bestellt oder an verschiedenen Vorverkaufsstellen gekauft werden.
In der 2003 erschienenen Jubiläumsschrift zum 40-jährigen Bestehen des Tierheims Esslingen ist er mit einem grünen Vogel auf der Schulter und einem schmallippigen Lächeln abgebildet. Heute hat Leiter Horst Theilinger gut lachen: Nach 30 Jahren im Dienst des Tierheims auf der Neckarinsel kann ihn nichts mehr so leicht aus der Ruhe bringen. Gründe für eine gewisse Nervosität würde es aber schon geben. Das Tierheim, sagt er, ist rappelvoll. 200 Schützlinge sind aktuell dort untergebracht: 80 Katzen, 30 Hunde sowie Kaninchen, Igel, Vögel und andere Kleintiere tummeln sich in den Räumlichkeiten. Eine Katzenschutzverordnung, meint der Tierheim-Chef, würde dringend benötigt. Durch eine solche Regelung müsste jeder Besitzer einer frei laufenden Katze für deren Kastration sorgen. Es sei die Entscheidung jeder einzelnen Kommune, ob sie eine solche Verordnung auf ihrem Gebiet einführe, und in Städten und Gemeinden im Kreis Esslingen sei das teilweise noch nicht geschehen. Die unkontrollierte Vermehrung von Katzen aber würde das Tierheim vor große, auch räumliche Probleme stellen.
Trinkwasser, Erbe und Hangrutsche
Unproblematisch waren auch die Anfangszeiten nicht. Neun Tierfreunde hatten am 3. August 1953 den Tierschutzverein Esslingen und Umgebung ins Leben gerufen, und schon drei Jahre später wurde der Bau eines Tierheims als dringend notwendig erachtet. Es dauerte aber, bis die 200 000 Mark dafür zusammengekommen waren – und auch die Standortfrage bereitete Kopfzerbrechen. Ein dafür ins Auge gefasstes Grundstück im Stadtteil Weil wurde wegen einer nahe gelegenen Trinkwasserversorgung aufgegeben, und auch ein Gelände auf dem „Oberen Eisberg“ konnte nicht genutzt werden. Bei einem Bau hätte die Gefahr eines Erdrutsches bestanden. Ein von einer Spenderin testamentarisch vermachtes Haus stand ebenfalls nicht mehr zur Verfügung. Die Erben fochten die Nachlassregelung in einem langwierigen Rechtsstreit an – und bekamen Recht.
Trotz dieser negativen Erfahrungen tragen Erbschaften noch immer zur Finanzierung des laufenden Betriebs bei, weiß David Koch, der Vorsitzende des Tierschutzvereins Esslingen und Umgebung. Etwa 1,2 Millionen Euro würden jährlich für den Unterhalt des Tierheims gebraucht. Den Löwenanteil der Summe machten Tierarztkosten und die Bezahlung der 23 Mitarbeitenden aus. Abgedeckt würden die Ausgaben über Mitgliedsbeiträge, Spenden, Zuschüsse von Städten und Gemeinden für die Versorgung von Fundtieren oder eben Erbschaften.
Dauergäste und Wesenstests
Sechs Dauergäste betreuen Horst Theilinger und sein Team. Diese Hunde, meint der Leiter, könnten aufgrund von Alter, Krankheit oder Wesensmerkmalen nicht vermittelt werden. Manche Tiere fallen auch beim Wesenstest durch. Bestimmte Rassen wie Staffordshire, Pitbulls oder Bullterrier müssten sich nach der Aufnahme ins Tierheim auf Herz, Nieren und Charakter prüfen lassen. Das Veterinäramt und die Hundestaffel Nürtingen würden sich die Tiere anschauen und sie bestimmten Tests unterziehen. Die Hunde würden etwa von einem Jogger passiert, von Menschen umrundet oder mit einem Kinderwagen überholt. In diesen Situationen dürften sie keine Aggressivität zeigen – dann gelte der Wesenstest als bestanden, und die Hunde könnten vermittelt werden.
Trotz gut gefüllter Räumlichkeiten möchten Horst Theilinger und sein Team kein Tier leichtfertig an ein neues Herrchen oder Frauchen abgeben. Zuerst werde mit Interessenten ein Gespräch über deren Lebensumstände geführt, dann folgten ein Probe-Gassi-Gehen mit einem Hund oder ein Probetag mit dem Tier. Ein Vorbesuch steht ebenfalls auf dem Programm. Dabei werde geschaut, ob die Gegebenheiten vor Ort, das Haus oder die Wohnung, für das aufzunehmende Tier geeignet seien. Allerdings, so Horst Theilinger, sei es nicht einfach, neue Herrchen oder Frauchen zu finden. Die Inflation und gestiegene Gebührentarife der Tierärzte würden auch bei Tierfreunden zu Buche schlagen, und die zunehmenden Energiekosten machten etwa die Haltung von Wärme benötigenden Reptilien teurer. Geldmangel sei auch oft ein Grund für die Abgabe eines Tieres im Tierheim. Als Motive würden aber auch Trennung, Umzug, Allergien oder Überforderung angegeben. So haben er und sein Team viel zu tun. Doch auch diese Aussichten können ihn nicht aus der Ruhe bringen. Nach 30 Dienstjahren kann er mit Krisensituationen umgehen.
Der Doppelgeburtstag des Tierheims Esslingen
Gala
Bei der Benefizgala am Freitag, 24. November, mit Einlass um 17.30 Uhr und Programmbeginn um 19 Uhr treten das Comedy-Duo Die Kächeles, die Gauthier Dance Juniors, der Zauberer Nikolai Striebel, die Bühnentänzerin Jaana Scandariato sowie der Kabarettist OIli auf. Moderiert wird der Abend in der Festhalle Denkendorf von Tatjana Geßler. Ein Abendessen wird angeboten.
Tickets
Karten für die Benefiz-Gala gibt es unter www.tierschutzverein-esslingen.de oder bei der TIB-Geschäftsstelle in der Grabbrunnenstraße 10, im Tierheim Esslingen im Nymphaeaweg 6, in der Buchhandlung Provinzbuch in der Küferstraße 9 sowie bei Schreib und Buch in der Sulzgrieser Straße 93/2. Tickets an der Abendkasse können laut Veranstalter nicht garantiert werden.