Es beginnt mit einem Anruf – angeblich aus dem Stuttgarter Rathaus. Foto: imago images Fotostand/K. Schmitt

Mit einer vorgetäuschten Nummer geben sich Telefonbetrüger als Vertreter der Stadt Stuttgart aus. Und jetzt haben sie ihre Taktik auch noch verändert.

Stuttgart - Der 76-Jährige aus Bad Cannstatt ist zutiefst erschrocken, als er den Anruf entgegennimmt. Am anderen Ende meldet sich ein Anwalt, der im Auftrag der Stadt anruft, weil der Cannstatter eine Rechnung nicht bezahlt hat. Und die solle er nun begleichen. Seit Tagen nutzen Telefonbetrüger die Nummer des Städtischen Vollzugsdienstes, um bei Opfern Geld abzukassieren. Die Stadt hat vor dieser Betrugsmasche zwar schon gewarnt, die Täter haben jedoch ihre Taktik offenbar schon wieder umgestellt. Statt einer Bandansage ist jetzt ein Anrufer direkt am anderen Ende der Leitung – und erhöht so den Druck.

Die Nummer in der Anzeige ist manipuliert

Die Rufnummer auf dem Display ist tatsächlich eine städtische: Die Nummer 07 11 /216 - 919 00 ist der Funkleitzentrale des Städtischen Vollzugsdienstes im Ordnungsamt zugeordnet. Und doch ist sie nicht echt – sondern mit Computerhilfe digital manipuliert. Tatsächlich sitzt der Anrufer nicht im Rathaus, sondern in einem entfernte Callcenter, zumeist im Ausland.

Seit 12. Januar läuft diese Masche mit der städtischen Nummer bereits – und trotz einer Warnmeldung der Pressestelle des Rathauses hat sich wenig daran geändert. „Bis Ende Januar haben wir von 1540 Betrugsanrufen im Namen des Vollzugsdienstes erfahren“, sagt Stadtsprecher Martin Thronberens, „und die Betroffenen kommen aus dem ganzen Bundesgebiet.“ Dabei sei nicht bekannt, ob und wie viele Schadensfälle tatsächlich eingetreten seien.

Doppelte Besetzung in der Leitstelle

Die Funkleitstelle des Vollzugsdienstes ist inzwischen doppelt besetzt, um die besorgten Anrufe zu bearbeiten. „Viele Angerufene ahnen, dass es keine seriösen Anrufe sind, fragen sicherheitshalber bei der Stadt an und bekommen die entsprechende Auskunft“, sagt Thronberens. Derzeit würden technische Lösungen geprüft, um die Welle einzudämmen.

Doch wie sieht es mit den Ermittlungen aus? „Viele wissen nicht, dass sie an ihrem Wohnort Anzeige bei der Polizei erstatten sollten“, sagt der Stadtsprecher. Denn das sei eindeutig eine Straftat. „Beim Betrugsdezernat der Kripo ist bisher lediglich ein Fall angezeigt worden“, sagt der Stuttgarter Polizeisprecher Sven Burkhardt. Betroffene sollten vor allem eines tun: das Gespräch beenden. So hat es auch der 76-Jährige gemacht. Als der Anwalt behauptete, dass er Gebühren für ein Gewinnspiel schuldig sei, schaltete der Cannstatter. Gewinnspiel? Er legte auf.