Am Freitag dürften auch die SSB-Bahnen wieder im Depot stehenbleiben. Foto: Andreas Rosar/Fotoagentur-Stuttgart

Um die Tarifauseinandersetzung im kommunalen Nahverkehr des Landes zu beschleunigen, ruft Verdi für Freitag zu Warnstreiks auf. Bei dieser bundesweit koordinierten Tarifrunde geht es vor allem um eine Entlastung der Fahrdienste.

Während die Deutsche Bahn eine Streikpause einlegt, droht weitere Unruhe im Nahverkehr. Verdi Baden-Württemberg ruft für Freitag zu einem ersten Warnstreik auf. Begründet wird dies mit der mangelnden Bewegung am Verhandlungstisch. Der Kommunale Arbeitgeberverband Baden-Württemberg (KAV) habe in der ersten Runde am Montag kein Angebot für die rund 6500 Beschäftigten vorgelegt.

Auch Stuttgart und Esslingen betroffen

Betroffen von den ganztägigen Arbeitsniederlegungen sind die kommunalen Verkehrsbetriebe in Stuttgart, Esslingen, Karlsruhe, Heilbronn, Freiburg, Baden-Baden und Konstanz – vor allem die Stuttgarter Straßenbahnen (SSB), der Städtische Verkehrsbetrieb Esslingen (SVE) und der Verkehrsverbund HNV in Heilbronn. Verdi erwartet, dass am Freitag in diesen Städten keine Busse und Bahnen der bestreikten Betriebe fahren, wobei in Esslingen viele private Unternehmen ihren Betrieb aufrechterhalten.

Die Warnstreiks finden zeitgleich in fast allen Bundesländern (ohne Bayern) statt, wo derzeit regionale Tarifverhandlungen für insgesamt mehr als 130 Unternehmen mit 90 000 Beschäftigten laufen. Zuvor hatte Verdi auf eine konzertierte Aktion gezielt hingearbeitet. Betroffen sind somit die Nahverkehre in 81 Städten und 42 Landkreisen. Verdi-Vize Christine Behle bedauerte, dass mit den Aktionen auch die Fahrgäste getroffen würden. Jedoch würden die Warnstreiks so frühzeitig angekündigt, damit die Kunden sich darauf einstellen könnten. Seit Anfang Januar besteht keine Friedenspflicht mehr. Mutmaßlich sind in diesem Konflikt somit noch größere Warnstreikwellen zu erwarten.

Im Zentrum stehen die Arbeitszeit und eine Nahverkehrszulage

Überall stehen sogenannte Entlastungsthemen im Zentrum: Auch Jan Bleckert, Verdi-Verhandlungsführer im Südwesten, dringt auf eine deutliche Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Der Personalmangel führe zu ständigen Ausfällen und Verspätungen, was die Fahrerinnen und Fahrer massiv belaste, argumentiert er. Die Gewerkschaft legt nun den Fokus auf unbezahlte Arbeitszeiten und fordert etwa eine volle Anrechnung bei Verspätungen sowie von unbezahlten Wegezeiten im Betrieb – zudem eine Nahverkehrszulage, „die den täglichen Stress am Steuer und die Verantwortung für die Fahrgäste widerspiegelt“. Ausgerechnet der Fahrdienst habe keine Schichtzulage, obwohl die Beschäftigten zu beschwerlichen Zeiten den Dienst beginnen oder beenden.

Die zweite Verhandlungsrunde findet am 5./6. Februar im SSB-Waldaupark in Stuttgart statt, das dritte Treffen am 5./6. März. Der Arbeitgeberverband rechnet nicht mit einer baldigen Einigung. Einerseits sei die Verdi-Wunschliste in vielen Punkten noch sehr unkonkret, sagt KAV-Hauptgeschäftsführerin Sylvana Donath. Andererseits übersteige das Ausmaß der bekannten Forderungen „jeden finanzierbaren Rahmen der kommunalen Nahverkehrsunternehmen“.

KAV: Monatsgehalt beträgt schon mindestens 3744 Euro

Nicht verhandelt wird bei dieser sogenannten Manteltarifrunde über höhere Monatsgehälter. Darüber war schon im vorigen Frühjahr im öffentlichen Dienst gestritten worden – vereinbart wurden Zuwächse von bis zu 17 Prozent. Das Fahrpersonal profitiere vom Tarifabschluss mit einem Plus von mindestens 340 Euro im Monat vom 1. März 2024 an, so der KAV. Angesichts von Kürzungen in anderen Branchen „wäre ein weiterer deutlicher Nachschlag kaum vermittelbar“.

Ohnehin sei der Fahrdienstberuf immer attraktiver geworden. Nach einer zwölfjährigen Berufszugehörigkeit betrage das Monatsgehalt von März an 3744 Euro. Hinzu kämen Zuschläge für Überstunden, Nacht- oder Sonntagsarbeit und Sonderzahlungen. Damit sei man konkurrenzfähig, heißt es.

Engere Zusammenarbeit mit Fridays for Future

Verdi verstärkt zudem seine Kooperation mit Fridays for Future. Unter dem Motto „Wir fahren zusammen“ soll verdeutlicht werden, dass es ohne ausreichende Fahrer keine Verkehrswende und keinen ausreichenden Klimaschutz gibt. KAV-Vertreterin Donath hält dagegen: Die von Verdi geforderte Verkürzung der Arbeitszeit könne die Verkehrswende gefährden, denn angesichts des allgemeinen Fachkräftemangels stehe der Verkehrsbranche kein Reservepersonal bereit.