Die Mineralölkonzerne schlagen schon jetzt Kapital aus der Sorge vor Engpässen beim Stopp des russischen Öls, warnt der Verband der Tankstellenbetreiber.
Verbraucher fragen sich, welche Folgen das Einfuhrverbot für russisches Öl hat, das die EU beschließen will. Die EU-Kommission schlägt vor, dass nach einer Auslaufphase von sechs Monaten ein Einfuhrverbot für Rohöl aus Russland gelten soll und bis Ende des Jahres dann auch keine Ölprodukte mehr eingeführt werden dürfen.
Nur für die Slowakei und Ungarn, die beide in hohem Maße von russischen Ölimporten abhängig sind, sollen Ausnahmegenehmigungen gelten.
Politik rechnet mit Preissprüngen
Obwohl das Embargo erst in einigen Monaten greift, bereitet Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) die Verbraucher bereits auf „Preissprünge“ vor. Grund sei, dass russisches Öl durch teurere Alternativen ersetzt werden müsse. Christian Küchen vom Mineralölwirtschaftsverband En2x sagt: „Es ist unwahrscheinlich, dass die umfassenden Änderungen bei Lieferanten und Logistikketten, die wir zu leisten haben, nicht Auswirkungen auf die Preise haben.“ Niemand könne prognostizieren, was Öl und Sprit den Endverbraucher in sechs Monaten kosten werde. Die Branche sei aber optimistisch, dass in der Zeit bis zum Inkrafttreten des Einfuhrverbots Lösungen gefunden werden, damit Engpässe an der Tankstelle und im Heizölhandel vermieden werden.
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Die Bedeutung von russischem Öl für die deutsche Volkswirtschaft hat sich seit Kriegsbeginn bereits drastisch verringert. Vor Kriegsbeginn deckte Deutschland seinen Bedarf an Rohöl zu 35 Prozent aus russischen Quellen. Rund ein Drittel davon ging nach Westdeutschland, ein Drittel kam per Pipeline in der Total-Raffinerie in Leuna an und wurde dort verarbeitet, und ein weiteres Drittel kam ebenfalls per Pipeline aus dem Osten im brandenburgischen Schwedt an.
Leuna und die westdeutschen Verbraucher sind bereits von russischem Öl abgekoppelt worden und haben andere Lieferanten gefunden. Schwedt ist noch offen. Problematisch ist hier, dass der russische Staatskonzern Rozneft Miteigentümer der Raffinerie ist. Es wird daran gearbeitet, eine Anlieferung des Öls per Pipeline über den Rostocker Hafen sicherzustellen. Unklar ist aber bislang noch, ob der Eigentümer der Raffinerie einverstanden ist, dass er das Rohöl künftig nicht in Russland bezieht.
„Ausbeuterische Preispolitik“
Herbert Rabl vom Tankstellenverband, der Organisation kleiner und mittelständischer Pächter, widerspricht Habeck. Die Preise an den Zapfsäulen müssten nicht zwangsläufig steigen. Rabl wirft Habeck und Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) „Angstmacherei“ vor. Die Minister würden schon jetzt dazu beitragen, dass die Mineralölkonzerne ihre „ausbeuterische Preispolitik“ fortsetzen und die Gewinne auf Kosten von Autofahrern in die Höhe treiben könnten.
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Rabl weist darauf hin, dass die jetzigen Kraftstoffpreise an den Tankstellen, die von den Mineralölkonzernen gemacht werden, nicht mit den Einkaufspreisen von Rohöl zu rechtfertigen sind. Nachdem der Rohölpreis je Barrel Anfang März, also wenige Tage nach Kriegsbeginn, auf Werte von bis zu 130 US- Dollar gestiegen ist, liegt er derzeit bei 108 US Dollar (etwa 103 Euro). Rabl sagt im Hinblick auf Spritpreise an der Zapfsäule von rund um die Zwei-Euro-Marke für Super: „20 bis 30 Cent je Liter davon kassieren die Mineralölkonzerne derzeit als Angstprämie.“
Alexander Vorbau von Uniti, dem Verband der mittelständischen Mineralölunternehmen, hat aktuell keine Hinweise auf verstärkte Hamsterkäufe der Verbraucher beim Heizöl: „Die Geschäfte laufen unauffällig. Es gibt also vom Verbraucher keine Impulse, die auf Preissteigerungen hindeuten.“ Nach Spitzen beim Ölpreis für Endverbraucher im März, als 200 Euro je 100 Liter gezahlt werden mussten, liege man jetzt wieder bei rund 140 Euro.