Der Stuttgarter SWR-Intendant Peter Boudgoust. Foto: dpa

Wie können jüngere Leute wieder mehr für die öffentlich-rechtlichen Sender begeistert werden? Die Idee heißt Jugendkanal. Doch das Projekt kostet jährlich 45 Millionen Euro.

Wie können jüngere Leute wieder mehr für die öffentlich-rechtlichen Sender begeistert werden? Die Idee heißt Jugendkanal. Doch das Projekt kostet jährlich 45 Millionen Euro.

Stuttgart - Der Druck auf die Ministerpräsidenten wächst, ARD und ZDF einen neuen, gemeinsamen Jugendkanal zu ermöglichen. Nach Informationen der Stuttgarter Nachrichten will der Rundfunkrat des Südwestrundfunks (SWR) an diesem Freitag bei seiner Sitzung in Stuttgart eine Resolution verabschieden, in der die baldige Einrichtung eines solchen Programms gefordert wird. Der Sender soll eine Mischung aus Fernsehen, Radio und Internet sein und den Öffentlich-Rechtlichen helfen, den Schwund beim jüngeren Publikum zu stoppen.

„Wir sprechen uns mit Nachdruck dafür aus, ein solches multimediales Jugendangebot zu etablieren“, heißt es in dem Entwurf für die Resolution, die den Stuttgarter Nachrichten vorliegt. Die Einrichtung eines Jugendkanals war Ende September von den Ministerpräsidenten bei ihrer Konferenz in Heidelberg überraschend vertagt worden – vor allem auch aus finanziellen Gründen. Nach bisherigen Planungen soll ein Jugendkanal, der sich an die Gruppe der 14- bis 29-Jährigen richtet, jährlich 45 Millionen Euro kosten.

Der Anstoß für das neue Programm war vor Jahren vom Stuttgarter SWR-Intendanten Peter Boudgoust gekommen. Er gilt seither innerhalb der ARD als Vorkämpfer des Projekts, war aber immer wieder an den Strukturen gescheitert. Erst als sich abzeichnete, dass ARD und ZDF gemeinsam einen solchen Sender – neben dem Kinderkanal – betreiben würden und im Gegenzug mehrere Digitalkanäle der öffentlich-rechtlichen Sender wie Eins Festival, EinsPlus und ZDF Kultur eingestellt oder fusioniert werden, kam Bewegung in das Thema.

Keine Beitragserhöhung geplant

Die Tatsache, dass die Länderchefs unter Führung von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) dann aber in Heidelberg das grüne Licht verweigerten, sorgte intern für Unverständnis und hat nun eine neue Charmeoffensive der Sender bei der Politik ausgelöst. „Wir haben den Ländern zugesagt, die finanzielle Obergrenze von 45 Millionen Euro einzuhalten und keine Beitragserhöhung zu beantragen“, versichert der ARD-Vorsitzende Lutz Marmor, Intendant des NDR. Der monatliche Rundfunkbeitrag beträgt derzeit 17,98 Euro.

Die Aufsichtsgremien des NDR und des MDR haben sich inzwischen offiziell für den Jugendkanal ausgesprochen, nun folgt mit dem SWR der zweitgrößte ARD-Sender. „Die Gesellschaft kann insgesamt von einem wertvollen Jugendangebot profitieren“, heißt es in der Resolution zu den bisherigen Programmbemühungen um junge Zuschauer. Die Angebote würden gerade den Menschen „in ihrer Lebenswelt positive Rollenmuster vermitteln und Orientierung geben“. Das gelte insbesondere auch für Menschen mit Migrationshintergrund.

Beim SWR hofft man, die Politik nach Jahresbeginn endgültig vom Jugendkanal überzeugen zu können. „Wir stehen voll hinter dem Projekt und arbeiten daran, die Fragen der Ministerpräsidenten zu klären“, sagt Intendant Boudgoust mit Blick auf das Konzept und die Finanzierung. Die ARD soll zwei Drittel der jährlichen Kosten tragen, das ZDF ein Drittel.

Wo der Sender angesiedelt wird, ist noch offen

Die Rückendeckung der Aufsichtsgremien hat Boudgoust. Volker Stich, Chef des Landesrundfunkrats, sagt: „Dieses Programm ist nötig. Jetzt sind die Ministerpräsidenten am Zug und sollten grünes Licht geben.“ Landtags-Vizepräsident Wolfgang Drexler (SPD), auch Mitglied im SWR-Aufsichtsgremium, sieht es ähnlich. Für die Zukunft sei es „ein wichtiger Schritt, die jüngeren Leute auf diesem Weg an das Fernsehen heranzuführen“. Der Intendant hofft, dass die Ministerpräsidenten bei ihrer nächsten Konferenz im März „das Startsignal“ geben, so Boudgoust: „Ich halte es weiterhin für enorm wichtig und begreife es auch als Teil unseres öffentlich-rechtlichen Auftrags, dass wir dieses nichtkommerzielle, am Gemeinwohl orientierte Angebot für die junge Zielgruppe auf den Weg bringen.“

Der Rundfunkrat des SWR jedenfalls drängt in seiner Resolution auf eine endgültige Entscheidung im Frühjahr. „Länger darf aus unserer Sicht nicht mehr gewartet wer den, weil ansonsten die Gefahr besteht, dass sich ein multimediales öffentlich-rechtliches Jugendangebot am Markt nicht mehr etablieren lässt.“ Wo der Sender angesiedelt wird, ist noch offen. In der ARD heißt es, der SWR habe gute Karten. Der Grund: Erstens sei „hier schon viel Vorarbeit geleistet worden“, zweitens liege der Sender als Zwei-Länder-Anstalt ja auch in Rheinland-Pfalz. Und dort hat bekanntlich in Mainz das ZDF seinen Sitz.