Fairer Lohn, faire Arbeitsbedingungen - das gilt auch für den Reiseleiter. Foto: SkR

Verantwortungsvolles Reisen ist Trend. Unterkünfte mit fairen Tourismus werden zertifiziert.

Kapstadt - Es ist klein, rund und trägt einen grün-schwarzen Aufdruck: Das Siegel von Fair Trade in Tourism ist unauffällig, aber es markiert große Veränderungen in Südafrika. 2003 wurde Fair Trade in Tourism gegründet. Eine Nichtregierungsorganisation, die ihren Sitz in Johannesburg hat. Über 60 Unterkünfte bekamen bis heute die Plakette. Darunter eine Unterkunft für Rucksackreisende, etliche Gästehäuser und Lodges, ein Golfclub und ein Luxusweingut. Doch was bedeutet Fair Trade für die Reisebranche?

Toni Shina, dunkelhaarig, grüner Lidstrich, sagt: „Wer ein Gästehaus nach den Regeln des fairen Handels betreiben will, muss gewaltige Veränderungen in Gang bringen.“ Die Chefin des The Backpack betreibt Kapstadts einzige zertifizierte Herberge für Rucksacktouristen. Eine lässige Mischung aus Fünf-Sterne-Jugendherberge und stilvollem Gästehaus, mit dem massigen Tafelberg im Rücken. Ihren Mitarbeitern zahlt Shina faire Löhne, sie sorgt für annehmbare Arbeitsbedingungen und moderne Umweltstandards.

Auch das Recht auf Mutterschutz ist vertraglich festgelegt

Keine Selbstverständlichkeiten in diesem Land, das fast 20 Jahre nach der Apartheid noch immer gezeichnet ist von alten Mustern. Primerose, bildhübsch, jung, schwarz, arbeitet am Empfang des The Backpack: „Ich war lange Jahre arbeitslos,“ erzählt sie und streicht eine widerspenstige Locke aus der Stirn. Wie so viele in diesem Land mit einer Arbeitslosenquote von 24 Prozent. Bis Primerose in der Fair-Trade-Herberge ihre Ausbildung, einen Arbeitsvertrag und ihr erstes Gehalt bekam. Auch das Recht auf Mutterschutz ist vertraglich festgelegt. Daneben setzen fair wirtschaftende Betriebe auf Respekt unter den Mitarbeitern und zwischen Gästen und Angestellten.

„Als wir anfingen, die alten Strukturen aufzubrechen, gehörte Apartheid noch zum Alltag,“ sagt Toni Shina. Im Tourismus wurden Schwarze als billige Arbeitskräfte und unter unzumutbaren Arbeitsbedingungen ausgebeutet. Viele Reisende haben Südafrika aus diesem Grund gemieden.

Fair-Trade-Betriebe fördern ihre Leute und ermächtigen sie, nach und nach anspruchsvollere Aufgaben zu übernehmen. „Fairer Tourismus ist gut für das Selbstbewusstsein,“ sagt Michael Lutzeyer vom Grootbos Private Nature Reserve. Es liegt rund 100 Kilometer vor Kapstadt bei Gaansbai. Der Südafrikaner betreibt mit Grootbos zwei von Fair Trade zertifizierte Luxus-Lodges. Lutzeyer, Ende fünfzig, silberfarbener Rauschebart, tief sitzende Bluejeans, setzt auf Bildung und Ausbildung beim Nachwuchs und unterstützt einen Kindergarten, eine Schule im Township und betreibt das Horticulture & Lifeskills College. Hier werden arbeitslose junge Schwarze zu staatlich anerkannten Gärtnern ausgebildet. Dass die Schüler nebenbei lernen, einen Kostenvoranschlag zu erstellen, im Internet zu surfen und Auto zu fahren, gehört auch zum Lehrplan.

Nur ein paar der Unterkünfte tragen das Fair-Trade-Zertifikat

Wer genau hinsieht, stößt hinter allen Mauern von Fair-Trade-zertifizierten Unterkünften auf nachhaltige Ideen. Die Innovationen kommen auch der Umwelt zugute. Weil die Berge von Plastikmüll ein gewaltiges Problem in Südafrika sind, gibt es im The Backpack eine Trinkwasseraufbereitungsanlage. Kein Gast muss länger auf Kunststoffflaschen zurückgreifen. „Das Fair-Trade-Siegel ist eine Garantie“, sagt Ingo Lies, Geschäftsführer von Chamäleon Reisen. Das Berliner Unternehmen veranstaltet pro Jahr rund 120 Südafrika-Gruppenreisen nach Kapstadt, entlang der Garden Route, oder zum Krüger National Park. Nur ein paar der Unterkünfte, mit denen Chamäleon Reisen zusammenarbeitet, tragen das Fair-Trade-Zertifikat. Ingo Lies erklärt: „Mit Partnern, die wir lange kennen, arbeiten wir auch ohne Siegel zusammen. Man muss den Dingen Zeit geben, wenn man in Südafrika etwas anschieben will.“

Der Reiseveranstalter SKR Reisen bietet eine komplett zertifizierte Rundreise entlang der Garden Route an. „Wir trinken Fair-Trade-Kaffee, warum sollte man nicht fair reisen?“, argumentiert Katharina Siebert, Entwicklerin des Fair&Fine-Trips. Ein Jahr verging, bis ihr Team alle Unterkünfte gefunden und die Verträge vor Ort abgewickelt hatte. Katharina Siebert gibt zu: „Viel Aufwand für eine einzelne Reise.“ Aber ein lohnenswerter, wenn man bedenkt, wie der Tourismus wächst. Mit über 2,3 Milliarden US-Dollar trägt die Branche erheblich zum Bruttoinlandsprodukt Südafrikas bei.

Fair-Trade in Südafrika

Anreise
South African Airways fliegt mehrmals pro Woche ab Frankfurt und München über Johannesburg nach Kapstadt, ab ca. 690 Euro.

Einreise
Der Reisepass muss mindestens sechs Monate gültig sein. Ein Visum bekommen deutsche Staatsbürger bei der Einreise.

Veranstalter
Fair-Trade-Unterkünfte wie The Backpack oder die Grootbos Lodges und faire Tourveranstalter vor Ort zum Selberbuchen: http://softlite-co-za.dev2.wadns.net/fttsaapplication_live/index_test.aspx

SKR Reisen bietet mit Fair & Fine komplett zertifizierte Reisen entlang der Garden Route (z. B.: 15.9.12-30.9.12, 6.10.12-21.10.12, 27.10.12-11.11.12), www.skr.de

Chamäleon Reisen besucht mit den Südafrika-Gruppenreisen einzelne zertifizierte Unterkünfte,www.chamaeleon-reisen.de

Allgemeine Informationen
Was die ökologische Vielfalt angeht, hat das Land am Kap der Guten Hoffnung die Nase vorn: Die Biodiversität ist einer der größten Pluspunkte wunderbarer Landschaften wie dem Fynbos. Er beherbergt mehrere Tausend Pflanzenarten und ist neben den Weinbaugebieten und den Nationalparks des Landes ein Magnet für den Tourismus.

Die offizielle Website von South African Tourism bietet Infos zu fairen Reisen und Unterkünften durch das südlichste Land Afrikas, www.dein-suedafrika.de