„Symbol für Pioniergeist“: der 217 Meter hohe Stuttgarter Fernsehturm könnte Welterbe werden. Foto: IMAGO/Arnulf Hettrich

Freude in Stuttgart: Der Fernsehturm steht ab sofort auf der Vorschlagsliste für das Unesco-Welterbe. Damit ist der erste Schritt in einem mehrjährigen Verfahren getan.

Der Stuttgarter Fernsehturm hat es ins nationale Vorauswahlverfahren für das Unesco-Welterbe-Liste geschafft. Die baden-württembergische Bauministerin Nicole Razavi (CDU) teilte am Montag mit, der Fernsehturm werde auf die deutsche Vorschlagsliste für das Unesco-Welterbe aufgenommen: „Wir freuen uns sehr, dass unser Vorschlag die Fachjury überzeugt hat. Dies ist ein erster wichtiger Schritt für den Stuttgarter Fernsehturm auf seinem Weg zum Unesco-Welterbe.“

Kai Gniffke, Intendant des Südwestrundfunks, dem der von Fritz Leonhardt entworfene und 1956 fertiggestellte 217 Meter hohe Fernsehturm gehört, sagte: „Dass der Fernsehturm des Unesco-Welterbe werden könnte, macht uns sehr stolz.“ Als bahnbrechendes Bauwerk sei er ein Symbol für Pioniergeist und Prototyp für Fernsehtürme in aller Welt. Zudem verkörpere er einen bedeutenden Abschnitt in der deutschen Rundfunkgeschichte. Kniffke bezeichnete den Fernsehturm als eine beeindruckende Landmarke, die aus Stuttgart nicht mehr wegzudenken sei.

Freude auch in den Landtagsfraktionen von Grünen und FDP sowie bei Stuttgarts Oberbürgermeister Frank Nopper. Wie schon bei früheren Gelegenheiten bezeichnete er den Fernsehturm „als Stolz der Schwaben“ und „Vorbild für alle Fernsehtürme der Welt“. Die Aufnahme in die Vorschlagsliste für die Unesco-Welterbeliste sei deshalb mehr als berechtigt. Francisco Hoyo, Sprecher am Fernsehturm, sprach von einer guten Nachricht. Die Freude bei den Fahrstuhlführern, Technikern und anderen Beschäftigten sei groß. Sollte der Fernsehturm tatsächlich Welterbe werden, werde sich dies sicher positiv auf die Besucherzahlen auswirken. Diese schwanken je nach Jahreszeit. In der vergangenen Woche fuhren 2000 Besucher auf den Turm.

Die Chancen für eine Berücksichtigung bewertet Hoyo als gut, weil der Fernsehturm als technisches Denkmal immer wichtiger werde. Der Stuttgarter Brückenbauer und Statiker Fritz Leonhardt hatte die Idee zu der Beton-Stahlkonstruktion gehabt. Statt, wie geplant, die Rundfunkantennen auf Eisenmasten zu stellen, schlug er einen Turm vor, der auch touristisch und gastronomisch genutzt werden konnte. „Die Baukosten von 4,2 Millionen Mark amortisierten sich bereits nach fünf Jahren durch die Eintrittsgelder“, ist auf der Fernsehturm-Homepage vermerkt.

Der zweite Vorschlag aus dem Land: die frühkeltische Heuneburg

Neben dem Stuttgarter Fernsehturm kam nach Angaben des Bauministeriums noch ein zweiter Vorschlag aus Baden-Württemberg im nationalen Vorauswahlverfahren für das UNESCO-Welterbe zum Zug: das frühkeltische Machtzentrum Heuneburg bei Herbertingen im Kreis Sigmaringen. Baden-Württemberg konnte insgesamt zwei Nominierungsvorschläge in das von der Kulturministerkonferenz gesteuerte nationale Vorauswahlverfahren einbringen. Ein wichtiger Punkt bei der Auswahl war, dass die Stätten thematische Lücken in der Welterbeliste füllen können. Dies trifft laut Bauministerium sowohl auf den Stuttgarter Fernsehturm als technisches Denkmal der Nachkriegszeit als auch auf die frühkeltischen Fürstensitze zu.

Bis zur Entscheidung der Unesco wird es den Angaben zufolge noch einige Jahre dauern. Nominierungen müssten mindestens ein Jahr in der nationalen Vorschlagsliste eingetragen sein, bevor sie als Welterbeanträge eingereicht werden können. Dem schließt sich ein mehrjähriges Unesco-Verfahren an.

Bisher sieben Welterbestätten im Südwesten

Baden-Württemberg hat bisher sieben Welterbestätten: die Höhlen und Eiszeitkunst der Schwäbischen Alb, Fundstellen am Bodensee und in Oberschwaben als Teil der prähistorischen Pfahlbauten, der Obergermanisch-Raetische Limes, die Klosteranlage Maulbronn, die Klosterinsel Reichenau, zwei Häuser von Le Corbusier in der der Stuttgarter Weißenhofsiedlung als Teil des architektonischen Werks von Le Corbusier und die Kurstadt Baden-Baden als Teil der bedeutenden Kurstädte Europas.