Schüler und Studenten fahren im VVS besonders günstig. Das soll auch Auszubildenden ermöglicht werden Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Im Verkehrs- und Tarifverbund Stuttgart können Schüler und Studenten besonders günstig im gesamten Netz unterwegs sein. Für Auszubildende dagegen gibt es bisher kein spezielles Angebot. Das soll sich ändern.

Stuttgart - Der Verkehrs- und Tarifverbund Stuttgart (VVS) will voraussichtlich von 2017 an erstmals auch für Auszubildende und Berufsschüler eine rabattierte Monatskarte anbieten. Der Preis für das Abo-Ticket, das für das gesamte Netz in der Region Stuttgart gelten soll, würde zwischen 44,80 und 69,73 Euro liegen.

Auszubildende fahren laut einer VVS-Untersuchung im Schnitt 2,6 Zonen weit, Schüler nur 1,6. Das Drei-Zonen-Ticket, das der Durchschnitts-Azubi bräuchte, kostet aktuell 76,70 Euro, das netzweit gültige Studi-Ticket nur 40,38 Euro. Mit jeder zusätzlichen Zone öffnet sich die Schere weiter.

„Wir stehen noch ganz am Anfang der Überlegungen und haben zunächst eine Umfrage unter Auszubildenden gemacht“, sagt Horst Stammler, Co-Geschäftsführer des VVS. 1000 wurden befragt. „Wir sehen einen Bedarf für das Azubi-Ticket und glauben auch, dass wir den Markt noch nicht ganz ausschöpfen“, so Stammler weiter. Unbestritten sei außerdem eine „Gerechtigkeitslücke“.

Die sehen auch die SPD im Stuttgarter Gemeinderat und die Jugendräte so. „Es wäre gerecht, wenn die mehr als 100 000 Azubis, Praktikanten oder die, die ein freiwilliges soziales Jahr machen, ein ähnlich günstiges Monatsticket bekommen wie Studenten oder Schüler“, wirbt Fraktionschef Martin Körner für die Idee. Außerdem, findet Körner, „brauchen wir in Stuttgart dringend mehr Azubis, und ein günstiges Ticket trägt ein bisschen dazu bei, die duale Ausbildung attraktiver zu machen“. Im Verwaltungsausschuss des Gemeinderates gab es dazu wohlwollende Worte von CDU und Grünen.

Der Stuttgarter Jugendrat sieht die Auszubildenden vom VVS bisher benachteiligt und drängt auf eine rasche Entscheidung. Azubis müssten für eine Zeitkarte den bis zu dreifachen Preis des Scool- oder Studi-Tickets zahlen.

Um das Azubi-Ticket auf die Schiene zu bringen, muss zuvor heftig gerechnet werden, schließlich ist der Verbund keine Wohltätigkeitsorganisation. Das Studi-Ticket gibt es genauso wie das Scool-Abo nur deshalb zum Kampfpreis, weil Zuschüsse fließen beziehungsweise alle Studenten einen Solidarbeitrag über die Studierendenwerke entrichten. „Ein solcher Beitrag steht uns beim Azubi-Ticket leider nicht zur Verfügung“, bedauert Stammler.

Bisher setzt der VVS im Jahr 380 000 Monatstickets für Schüler, Auszubildende und Studenten ab. Das bringt einen Umsatz von 26,5 Millionen Euro. Mit dem Azubi-Ticket könnte der Umsatz sinken, bei den Verkehrsbetrieben käme weniger Geld an.

„Im Tarifworkshop war das Azubi-Ticket das Top-Thema, auch bei allen Landkreisen“, sagt Stammler. Der VVS will nun errechnen, wie viel Auszubildende er bei einem attraktiven Preis zusätzlich in Busse und Bahnen holen könnte und wie viele, die jetzt schon ein paar Monatskarten kaufen, für ein Jahresticket zu gewinnen wären. Könnte die öffentliche Hand doch sponsern? Oder müssten Umsatzrückgänge durch Preiserhöhungen bei den anderen Fahrkartenarten aufgefangen werden? Auch solche Fragen stellen sich laut Stammler.

„Ein Azubi-Ticket ist aus Sicht der Handwerkskammer wünschenswert. Entscheidend ist, dass Auszubildende eine Gleichbehandlung gegenüber Schülern und Studenten erfahren. Sie sind nicht zwangsläufig finanziell besser ausgestattet als Studenten“, sagt Alexandra Peschke von der Handwerkskammer Region Stuttgart. Auch bei der Industrie- und Handelskammer Region Stuttgart hofft man auf eine „gute Lösung“. Eine freiwillige Unternehmensbeteiligung wie beim Jobticket könne man sich vorstellen, sagt eine Sprecherin, aber bitte mit so wenig Bürokratie wie möglich.

Beim Jobticket können Betriebe für das Ticket zuzahlen. Der VVS verbilligt es dann zusätzlich. „Schon heute zahlen Ausbildungsbetriebe ihrem Nachwuchs freiwillig etwas dazu“, weiß Stammler. Für das Azubi-Ticket wurde bei einer Umfrage die Zahlungsbereitschaft abgefragt. „Wir haben eine Preisspanne angegeben“, sagt Stammler. Das Ticket müsse zwischen 44,80 und 69,73 Euro kosten.

Die Obergrenze sei als realer Preis zu hoch, „aber für 44,80 Euro werden wir es nicht machen können“, hält sich der Geschäftsführer bedeckt. So schnell, wie es sich der Jugendrat wünscht, wird das Azubi-Ticket im VVS also doch nicht geboren werden. Weil 2016 die elektronische Fahrkarte eingeführt wird, „haben uns die Unternehmen gebeten, in diesem Jahr nicht auch noch eine Strukturänderung vorzunehmen“, sagt Stammler.