Will sein Haus möglichst oft und weit offen halten: Manfred Langner. Foto: Leif-Hendrik Piechowski

Der Gemeinderat hat in zweiter Lesung den Kulturhaushalt der Landeshauptstadt für 2014/2015 verhandelt. Beschlossen wurden Mehrausgaben von 1,4 Millionen Euro – und ein Nein zum Kulturförder-Konzept von Kulturbürgermeisterin Susanne Eisenmann (CDU).  

Der Gemeinderat hat in zweiter Lesung den Kulturhaushalt der Landeshauptstadt für 2014/2015 verhandelt. Beschlossen wurden Mehrausgaben von 1,4 Millionen Euro – und ein Nein zum Kulturförder-Konzept von Kulturbürgermeisterin Susanne Eisenmann (CDU).

Stuttgart - Am Tag danach hat Susanne Eisenmann weder ihre Zuversicht noch ihren Humor verloren. Nein, sagt sie unserer Zeitung, als Niederlage sehe sie die Entscheidung der Stuttgarter Stadträtinnen und Stadträte nicht, die möglichen Mehrausgaben im Kulturbereich nicht für eine bessere Ausstattung der personalintensiven Kultureinrichtungen einzusetzen.

„Man hat sich ein strukturelles Vorgehen nicht zugetraut“, sagt Eisenmann zwar zunächst nicht ohne eigene Schärfe, fügt dann aber sofort an: „Ich bin überzeugt, dass wir nur über eine klare Strukturierung der Förderung zu der von allen angestrebten Berechenbarkeit kommen.“ Entsprechend wird die Kulturbürgermeisterin ihr im Frühjahr vorgelegtes Konzept „in zwei Jahren erneut einbringen“.

Das war geplant: Von 130 institutionell geförderten Kultureinrichtungen sollten 16 Häuser, die je mindestens 30 Beschäftigte haben, von 2014 an 15 Prozent mehr Fördergelder bekommen. Seit Eisenmanns Präsentation wurde diskutiert. Sind die richtigen Institute ausgewählt? Nach welchen Kriterien wurde verfahren? Hat die Bürgermeisterin die Vorschläge all jener beachtet, die unter dem Stichwort „Kultur im Dialog“ möglichst viele Kulturschaffende zu einem Schulterschluss der Kreativen zu bewegen suchte? Durchaus selbstbewusst hatten sich die „Kultur im Dialog“ -Runden in den vergangenen zwei Jahren um eine Bestandsaufnahme sowohl des Kulturangebotes an sich als auch möglicher Neuansätze bemüht.

Eisenmanns Vorschlag sah vor, dass im Doppelhaushalt 2016/2017 die Strukturierung für die kleineren Kultureinrichtungen greifen sollte. Auf diese Weise, so Eisenmann, „sollte 2018 beginnend jeweils der Ausgleich der Inflationsrate möglich gemacht werden“. „Zusätzliches Geld“, so Eisenmann weiter, „sollte es dann nur noch für neue Projekte geben.“

Eisenmann sieht ihr Bemühen um strukturelle Sicherheit durch die Finanzlage der Stadt Stuttgart begründet. „Wir gehen“, so Eisenmann, „mit dem Stadthaushalt in eine strukturelle Unterfinanzierung.“ entsprechend erwartet die Kulturbürgermeisterin „deutliche Konsolidierungsrunden“ – was nichts anderes meint als Sparrunden. Nimmt man Eisenmann beim Wort, wird das Entsetzen von Manfred Langner, Intendant der Stuttgarter Schauspielbühnen (Altes Schauspielhaus und Komödie im Marquardt) verständlich.

Verzicht auf die Theaterpädagogik würde besonders schmerzen

Das Eisenmann-Konzept sah vor, den städtischen Zuschuss für die Schauspielbühnen von jetzt 2,65 Millionen Euro auf knapp 3,1 Millionen Euro zu erhöhen. Tatsächlich hat der Gemeinderat hier nun eine Nullrunde vorgesehen. „Das ist eine Katastrophe für unser Haus“, sagt Manfred Langner am Donnerstag unserer Zeitung. „Wir sind ein großer Betrieb mit allein vier Millionen Euro Personalkosten im Jahr“, so Langner weiter, „das heißt, wir haben selbst bei unserem Einspielergebnis von knapp 50 Prozent eine strukturelle Unterfinanzierung.“

Bereits am Mittwoch hatte Langner in einer ersten Reaktion auf die Gemeinderatsentscheidung angekündigt, um Einsparungen nicht herumzukommen. „Es ist ja völlig klar, dass wir unseren Etat nicht überziehen können“, betont Langner jetzt.

Drei Punkte nennt der Schauspielbühnen-Intendant als erste Einsparschritte: „Wir müssten die theaterpädagogische Arbeit streichen, ebenso das Angebot englischsprachiger Aufführungen – und zudem die Zahl der Aufführungen zurückfahren.“ „Wir werden mehr Schließtage haben“, ergänzt Langner, und man spürt, wie schwer ihm gerade dies fällt. Alternativen aber sieht er nicht. „An Einnahmesteigerungen können wir nicht mehr denken“, sagt Langner mit Blick auf Auslastungszahlen zwischen 80 und 90 Prozent.

Besonders schmerzen würde den Theatermacher der Verzicht auf die Theaterpädagogik. „Wir arbeiten hier mit Förderschulen und Hauptschulen zusammen und haben hervorragende Ergebnisse“, sagt er – „hier Begeisterung zu wecken, ist doch eine Grundaufgabe.“

Theater für möglichst viele unterschiedliche Menschen jeden Alters zu machen, ist das Ziel der Schauspielbühnen. Vorsichtig, aber doch deutlich erkennbar, hat Manfred Langner das Schauspielbühnen-Programm geschärft. Auch dieser künstlerische Weg dürfte bei notwendigen Kürzungen auf dem Spiel stehen. „Wie bekomme ich das Haus voll?“, sagt Langner nur vorsichtig – das sei eine Frage, die „uns ständig begleitet“.

Großer Gewinner der zweiten Lesung des Kulturhaushaltes ist die Rosenau im Stuttgarter Westen. Unweit des Theaters der Altstadt im Westen gelegen, kann sich die Kleinbühne über ein Plus von 125 000 Euro auf jetzt 160.000 Euro freuen, das für das Stadtquartier kaum weniger wichtige Theater der Altstadt im Westen dagegen rutscht von den beantragten 72.000 Euro mehr auf bewilligte 40.000 Euro. Härter trifft es noch das Theaterhaus. Das von der Kulturbürgermeisterin angestrebte Plus von 191.000 Euro ist nun ein bescheidenes Plus von 70 000 Euro geworden. Und die Gelder für Gauthier Dance sind gar eingefroren.