Ein Feld von Farben: Der Schlossplatz in Stuttgart. Foto: Lichtgut

Zum Jahreswechsel haben sich Tausende in der Stuttgarter Innenstadt versammelt – nach guter, alter Tradition. Ein Stimmungsbericht vom Schlossplatz in Stuttgart.

Stuttgart - Bereits eine Stunde vor Mitternacht wird am Schlossplatz deutlich, was den Beobachter zum Jahreswechsel erwartet: Viele Besucher lassen frühzeitig ihre mitgebrachten Feuerwerks-Raketen steigen und sorgen mit Böllern für lautstarke akustische Begleitung, wenn am Firmament die Raketen explodieren und die Zuschauer mit einem Feuerregen in allen nur erdenklichen Farben erfreuen.

Bis Mitternacht steigert sich die Zahl der Feuerwerkskörper kontinuierlich, bis dann rund um Mitternacht der ganze Himmel über der Landeshauptstadt leuchtet – und die Kracher am Boden dazu für den bekannten Sound sorgen – zeitweise übertönt von Krachern, die so laut sind, dass es in den Ohren schmerzt und die Menschen rund um das Areal erschreckt zucken.

Gemischte Gefühle zum Thema Sicherheit an Silvester

Teile des Areals sind von der Polizei hell erleuchtet. Die hat auch den Schlosshof in dieser Nacht zum Parkplatz umfunktioniert. Und um den Menschen deutlich zu machen, dass die Ordnungshüter vor Ort sind, stehen rings um den Platz – wie übrigens auch an vielen anderen Orten der Stadt - Polizeifahrzeuge, deren Blaulicht eingeschaltet ist. Es wird klar: Sicherheit geht vor. Unsicher fühlen sich denn auch wenige Besucher. „Ich komme seit Jahren hierher, und es ist mir noch nie etwas passiert“, meint eine 27-Jährige, die mit ihrem Freund im schicken Outfit durch die Stadt zieht und den ersten Tag des Jahres 2018 in einem Club begrüßen möchte.

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Eine ältere Dame, für die Silvester am Schlossplatz „eine gute Tradition ist“, hat ebenfalls wenig Sorgen, das etwas passiert. Ihr Begleiter indes mutmaßt, dass „halt doch mal was vorkommen kann, wenn so viele Leute mit Feuerwerkskörpern hantieren“ und manche ihre Böller „ohne Hirn“ vor die Füße werfen. Grundsätzlich fühle er sich aber sicher, meint der Senior, der seinen Namen nicht verraten will, auch wegen der „vielen anwesenden Polizisten“.

Nur eine junge Frau hat die Geschehnisse von Köln in der Neujahrsnacht von 2015 auf 2016 in Erinnerung und „ist seither in großen Menschenmassen sehr vorsichtig“. Die Frage, ob sie in Stuttgart an diesem Silvesterabend eine unschöne Erfahrung gemacht hat, verneint sie. „Aber wenn so viele Menschen beisammen sind, dann fühle ich mich immer etwas unwohl“, verrät sie. Daher sei sie auch nicht alleine, sondern mit Freunden aus Göppingen in die Stadt gekommen, um zu feiern.

Smartphones und Tablets gehören dazu

Zum Jahreswechsel hört man vielfach Neujahrswünsche in den unterschiedlichsten Sprachen, hier wie da werden Küsschen verteilt, es wird gelacht, die Leute umarmen sich und man hört, wie Flaschen beim Anstoßen aufeinanderstoßen. Das Zuprosten passiert hier – von einigen wenigen Genießern, die mit Gläsern ausgestattet sind – selten mit echten Gläsern. Hier sind es eher Plastikbecher, Tetra-Paks oder Plastik- und Glasflaschen, die zum Wohl erhoben werden: Mal mit einem „Prost“, mit einem „Sante“ oder wie bei dem 23-jährigen Jason mit einem lauten „Cheers“.

Der Australier ist nicht mehr ganz nüchtern und hat auch gleich eine Entschuldigung parat, warum er schon „einige Biere“ intus hat. Schließlich hat er schon zum zehn Stunden früheren Jahreswechsel Down Under zu feiern begonnen. Versuche, zum deutschen Jahreswechsel mit der Heimat Kontakt aufzunehmen, scheitern. „Die sind vermutlich am Strand“, sagt Jason und erinnert daran, dass in Australien gerade Sommer ist.

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Von Winter, der um diese Jahreszeit üblicherweise mit Minustemperaturen vorherrschen sollte, ist im Zentrum der Landeshauptstadt in dieser Nacht ebenfalls wenig zu spüren. 9 Grad Celsius zeigt das Thermometer zum Jahreswechsel. Gefühlt liegt die Temperatur die die Menschen spüren vielfach sogar höher. So lässt es sich gut aushalten.

Das wichtigste Utensil zum Silvesterfeiern am Schlossplatz ist – so scheint es – eh das Tablet oder Mobiltelefon mit eingebauter Kamera, mit dem einerseits das Feuerwerk oder das Fröhliche Beisammensein mit alten und neuen Freunden festgehalten wird. Außerdem sieht man die Menschen oft Telefonieren oder Chatten. Man kann sich dabei nur wundern, wie die Datennetze in dieser Nacht den riesigen Datenstrom bewältigen. Einer, der freudig telefoniert ist Mahmut. Er hat seine Eltern in Syrien erreicht und glaubt nach dem kurzen aber freundlichen Telefonat: „Das wird ein gutes Jahr 2018.“