Im Mineralbad Berg fühlen sich die Stammkunden seit vielen Jahren wohl, das Bad muss jetzt aber saniert werden – und soll danach noch mehr Besucher anziehen. Foto: Leif Piechowski

Die Suche nach einem neuen Chef für Stuttgarts Bäderbetriebe hat begonnen. Der Erste Bürgermeister Michael Föll erwartet sich einen neuen Impuls an der Spitze. Der Nachfolger von Anke Senne bekommt diverse Baustellen. Von September 2016 an ist zum Beispiel das Mineralbad Berg dicht.

Stuttgart - Bäderchefin Anke Senne will weg. Nach gut neun Jahren hat sie gekündigt. Jetzt unterhielt man sich im Bäderausschuss der Stadt nicht-öffentlich über die Suche nach einem Nachfolger. Wenige Minuten zuvor hatte sich Senne in öffentlicher Sitzung verabschiedet. Sie habe gern hier gearbeitet, sagte sie. Sie habe sich im Betrieb um Mitarbeitergespräche und Austausch bemüht, „die ich selbst so leider nicht hatte“.

Da war es neun Tage her, dass Finanzbürgermeister Michael Föll (CDU) Stadträten über den Aufhebungsvertrag mit Senne berichtet hatte. Jeder weiß: Föll hatte ihr keinen weiteren Fünf-Jahres-Vertrag geben wollen. Dass dann aber Senne das Heft des Handelns an sich riss, habe Föll überrascht, sagt man im Rathaus. In Kürze wird die Stelle ausgeschrieben. Zusätzlich betraut die Stadt einen Personalberater mit der Suche.

Stuttgart spürt Aufrüstungen im Umland

Er halte einen neuen Impuls an der Spitze des städtischen Eigenbetriebs für nötig, hat Föll gesagt. Fragt man nach, dann hat man aber den Eindruck, dass es so gewaltig nicht ist, was er sich erwartet. Es ist keine Revolution, sondern eine Profilierung der Angebote in den Mineralbädern Cannstatt und Leuze, also bei den Flaggschiffen. Dort gebe es „spürbare“ Folgen der Veränderungen im Umland, sagt Föll. Dabei hat er weniger Spaßbäder wie das Fildorado in Bonlanden oder das Fellbacher F3 im Blick, sondern Bäder wie die Mineraltherme Böblingen und das Merkelsche Bad in Esslingen.

Wie sollte Stuttgart seine Flaggschiffe positionieren?, fragt Föll. Wie müssen die Angebote in den Bädern aussehen, damit diese langfristig interessant sind? Und: Bedarf es baulicher Maßnahmen? Klärungsbedarf bestehe auch bei drei Hallenbädern, die weniger mit Vereins- und Schulsport belegt sind, stärker von der Öffentlichkeit: Heslach, Sonnenberg und das Leo-Vetter-Bad. Da sei zu wägen, meint Föll, wie man sie mit anderen Freizeitaktivitäten wie Fitness, Gesundheit und Bewegung verknüpft. Bei den Freibädern dagegen bestehe „kein breiter Handlungsbedarf“.

Das Defizit lässt den Kämmerer ziemlich kalt

Ein neues Bäderkonzept hält Föll nicht für nötig. Man habe eines. Man wolle möglichst stadtweit den Schul- und Vereinssport sicherstellen, da und dort der Öffentlichkeit mehr Angebote machen. Große Kapazitätsreserven gebe es nicht. Daher kommt für Föll eine Badschließung nicht in Frage. Ausnahmen: das Stadtbad Cannstatt und im Winter auch die Traglufthalle im Inselbad Untertürkheim. Beide sind sanierungsbedürftig. Föll und der Bäderausschuss wollen sie durch das neue Sporthallenbad im Neckarpark ersetzen. Dieses könnte 2019 fertig werden und 27 Millionen Euro kosten.

Sogar das jährliche Defizit der Bäderbetriebe – 13 Millionen Euro im Jahr 2014, vermutlich 10,7 Millionen in 2015 – lässt den Kämmerer Föll kalt. Was den Kostendeckungsgrad angehe, sei Stuttgart im Städtevergleich „mit den Hallen- und Freibädern überdurchschnittlich“ unterwegs, mit den Mineralbädern deutlich überdurchschnittlich“. Das Jahresergebnis betrachtet er aber nur als vage Leitplanke. Je mehr man sich um die Pflege der Bädersubstanz bemühe, desto schlechter sei das Jahresergebnis. Aber je weniger man saniere, desto schlechter sei die Substanz – und desto höher die Gefahr, dass Besucher abwandern.

Von September an wird in Berg generalsaniert

Der nächste Brocken kommt schon. Von September 2016 an wird das Mineralbad Berg, wenn der Gemeinderat am 18. Dezember final zustimmt, für 30 Millionen Euro „behutsam generalsaniert“. Wie sich das Denkmal dabei verändern wird, ist auch für die Stadtwerber spannend. Wenn am Ende der besondere Charme noch besser herausgearbeitet wäre, „würde uns das freuen“, sagt Andrea Gehrlach, Prokuristin der Stuttgart-Marketing GmbH. Mit den Mineralbädern der Region wirbt man im nationalen Umfeld. Aber selbst national habe man bisher einen schweren Stand. Das Mineralbad Cannstatt sei sehr schön, aber mit Bädern wie der Caracalla-Therme in Baden-Baden nicht vergleichbar. Daher ruhen die Hoffnungen auf Berg. Schon deshalb erscheint die Frage müßig, ob die Stadt die teure Sanierung nicht doch absagen sollte.

Föll will es nicht. Das ist klar. Was er will, zum Beispiel vom neuen Bäderchef, ist schwerer zu sagen. Vielleicht nur etwas mehr Beflissenheit, Agilität und Kreativität. Kapitale Fehler lassen sich Senne nämlich schwer vorhalten. Vielleicht habe es etwas zu viel Vor-sich-hin-Verwalten gegeben, meint SPD-Stadtrat Hans Pfeifer. Wo es sonst noch krankte? „Zwischen ihm und ihr hat es wohl nicht gepasst“, vermutet er. Da scheint es nur folgerichtig, dass Föll Sennes Zeugnis nicht unterschreiben darf. Das übernimmt OB Fritz Kuhn (Grüne).