Hier fahren die Linien 6 und 14 noch oberirdisch über den Schlossplatz. Foto: SS/B, Archiv (2)

48 Jahre lang rumpelte sie durch Stuttgart und wird heute mit ihren roten Schnappsitzen und gelben Knöpfen von vielen vermisst: Unser Stuttgart-Album erinnert an die gute alte Strampe mit vier Achsen.

Ach, wie viele Stuttgarterinnen und Stuttgart doch den gelben Knopf vermissen, dessen Patina im Laufe der Jahrzehnte immer bräunlicher geworden ist! Darüber stand Weiß auf Grau: „Aussteigen bitte Knopf drücken.“

Der legendäre Knopf gehörte zum gelben Gelenktriebwagen 4, kurz GT 4, der im Jahr 1959 zum ersten Mal durch Stuttgart gerumpelt ist und bis zum Jahr 2007 für die SSB im Einsatz war. Kürzlich ging es in unserem Stuttgart-Album um die Fahrten der Strampe bis 1987 auf der Neuen Weinsteige, was für zahlreiche Reaktionen gesorgt hat. Die schönen Erinnerungen an die Zeiten mit der Strampe kamen auf!

„Beim Aufstehen schnappte der Sitz an die Wand“

In den Endhaltestellen gab es noch Schleifen zum Umdrehen. Viele haben noch das Geräusch in den Ohren, wenn die Türen aufgingen. Manch eine erinnert sich an die „roten Plastiksitze, auf denen man im Sommer kleben blieb“. Auf der Facebook-Seite des Geschichtsprojekts Stuttgart-Album erinnert sich ein Kommentator und gesteht: „En de Mitsechzger habet mir dia Lichtschranke mit em Bebberle zuabeppt. Ond des am Schlossplatz mit em 5er oder 6er. Hend dia Schaffner emmr gfluacht!“

Die Strampe weckt Kindheitserinnerungen. „Das freihändige Stehen auf dem beweglichen Mittelteil fand ich immer aufregend“, lässt Carmen Lindner auf unserer Facebook-Seite wissen. Es gab dort einen Klappsitz, der zum Experimentieren einlud. Jugend forscht. Wolfgang Müller beschreibt, was damals los war: „Beim Aufstehen schnappte der Sitz an die Wand – und es tat dabei einen Wahnsinnsschlag. Auf kleine Kinder musste man aufpassen, damit die nicht vom Sitz hochgerissen wurden.“

Strambe oder Strampe? Wie schreibt man sie richtig? Eigentlich müsste es ein b sein, weil die Abkürzung für Straßenbahn und Trambahn steht. Durchgesetzt hat sich jedoch die „Strampe“ mit p – auch in den Publikationen der Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB), die noch das Wort Straßenbahnen im Namen führt, obwohl längst nur noch Stadtbahnen viel ruhiger fahren.

Speziell für Stuttgart ist der GT 4 Ende der 1950er Jahre entwickelt worden – mit vier Achsen, was die Zahl 4 nach den Buchstaben G und T erklärt. Zwischen 1959 und 1965 verließen 350 Bahnen die legendäre Maschinenfabrik Esslingen. Die erste Fahrt war am 10. August 1959, die letzte als Fünfzehner am 8. Dezember 2007.

Mit der Pferdebahn im Jahr 1868 hat alles angefangen

Die Konkurrenz kam 1985: Ihre Jungfernfahrt feierte die Stadtbahn, deren Schienen breiter sind, von Vaihingen über Möhringen nach Plieningen. Die Umstellung dauerte lang, weshalb die SSB weiterhin einen robusten Bestand an Meterspurwagen brauchte, ohne bereits neue Fahrzeuge kaufen zu müssen. Andernfalls wäre der GT 4 viel früher ausgemustert worden.

Die Geschichte der SSB geht auf das Jahr 1868 zurück. Mit der Pferdebahn hat alles angefangen. Die SSB entstand durch die Fusion von zwei Pferdebahn-Gesellschaften. Bereits 1895 hat man die Rösser ausgespannt und die erste elektrische Strecke von Berg zum Charlottenplatz eröffnet.

Mitunter war die Strampe etwas bockig

Hier noch die Strampe-Daten fürs Straßenbahn-Quartett: Der GT 4, der heute im Museum steht und bis heute noch in Rumänien fährt, ist 19 Meter lang und 2,20 Meter breit, wiegt 19 Tonnen und hat 48 Sitzplätze. Seine Höchstgeschwindigkeit beträgt 60 Stundenkilometer.

Mitunter war die Strampe etwas bockig – bei starkem Schneefall kam sie kaum die Hänge hoch. Oft gab es Probleme mit den Weichen. Die Stadtbahn ist nicht nur schneller, sondern auch zum Einsteigen bequemer. Aber es rumpelt halt nicht mehr so – dafür rumpelt es in den Erinnerungen umso schöner. Denn die Liebe zur Strampe hält ewig.

Diskutieren Sie mit unter: www.facebook.com/Album.Stuttgart. Weitere Texte aus unserem Geschichtsprojekt finden Sie unter www.stuttgart-album.de