Der AfD-Bundestagsabgeordnete Thomas Seitz wehrt sich in Stuttgart gegen die beantragte Aberkennung seines Beamtenstatus’. Sein Amt als Staatsanwalt ruht derzeit. Foto: dpa

„Quotenneger, Gesinnungsjustiz, Migrassoren“ – das sind Begriffe, die der AfD-Bundestagsabgeordnete Thomas Seitz im Internet verwendet. Deshalb soll ihm der Beamtenstatus abererkannt werden.

Stuttgart - Ist der frühere Freiburger Staatsanwalt Thomas Seitz ein rechter Hetzer, der aus dem Berufsbeamtentum entfernt werden muss? Das baden-württembergische Justizministerium sagt, selbstverständlich mit anderer Wortwahl, eindeutig ja. Der für die AfD im Bundestag sitzende Seitz aus dem badischen Lahr sieht sich dagegen erstens missverstanden und zweitens „persönlich“ in seiner Ehre angegriffen. Deshalb muss das sogenannte Richterdienstgericht in Stuttgart über den Antrag des Ministeriums entscheiden.

Es geht um die Zeit, als der 50-jährige Seitz noch aktiver Staatsanwalt in Freiburg war. 2015 habe er auf seine Facebookseite und auf seine Website ausländerfeindliche Posts gestellt. Zu diesen Texten habe er ein Bild gestellt, das ihn mit Robe über dem Arm, mit weißer Krawatte und Gesetzestext unter dem Arm zeigt – also in Amtstracht. Das Ministerium wirft ihm daher vor, er habe damals sein Amt als Staatsanwalt in unzulässiger Weise mit seinen politischen Äußerungen verquickt. Als Staatsanwalt habe er sich wiederholt rassistisch geäußert. Diese Aktivitäten seien „nicht mehr tragbar und nicht mehr zumutbar“, sagt ein Vertreter des Ministeriums. Es gehe bei der Disziplinarklage explizit nicht um Seitz’ politische Arbeit, sondern um seinen Status als Staatsanwalt und somit Berufsbeamter.

Derzeit ruht sein Amt als Staatsanwalt

Das Justizministerium ist die oberste Disziplinarbehörde und wirft Seitz Verstöße gegen die Pflicht zur politischen Mäßigung, zur Neutralität und Unparteilichkeit und zur Verfassungstreue vor. Das Ministerium ist deshalb mit dem Fall befasst, weil alle strikteren Maßnahmen eine Klage der obersten Dienstbehörde erfordern und nur vom Richterdienstgericht entschieden werden können. Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis ist die denkbar härteste Maßnahme aus dem Landesdisziplinargesetz – und sie wird sehr selten angewandt. Voraussetzung ist, dass ein Beamter „durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit in die pflichtgemäße Ausführung endgültig verloren hat“.

Da Thomas Seitz 2017 in den Bundestag gewählt wurde, ruhen für die Dauer der Legislatur die wesentlichen Rechte und Pflichten aus dem Beamtenverhältnis – allerdings gilt das nicht für das laufende Disziplinarverfahren.

Thomas Seitz fühlt sich missverstanden. Er stelle keineswegs alle Migranten unter Generalverdacht, sondern nur eine kleine Minderheit. Er greife zwar den Islam an, nicht aber die Muslime. Und sein Vorwurf, die Bundesregierung mache in Bezug auf Geflüchtete eine Politik, die den Staat gefährde, zeige nur seine Sorge . „Mir geht es um den Schutz unserer freiheitlichen, demokratischen Grundordnung“, so der badische AfD-Mann.

Die meisten Zitate, die ihm rassistisch oder verfassungsfeindlich ausgelegt werden, seien aus dem Kontext gerissen und das Foto sei „unverfänglich“, so Seitz.

Die Liste der Vorwürfe gegen den 50-Jährigen, sprich das, was Seitz veröffentlicht hat, als er noch aktiver Staatsanwalt war, lässt sich fortsetzen. Er postete ein Bild, auf dem der Koran in einer Toilettenschüssel liegt, er bezeichnet Geflüchtete als „Invasoren“ und „Migrassoren“, er setzt den Begriff „Quotenneger“ in Bezug zum ehemaligen US-Präsidenten Barak Obama.

Seitz fühlt sich missverstanden

Für all das hat Seitz eine relativierende Erklärung parat. Ob er und sein Anwalt, der schon die Klage des Ministeriums für unzulässig hält, beim Gericht durchdringen, ist ungewiss. Ute Baisch, Vorsitzende Richterin des Richterdienstgerichts, weiß um die Komplexität dieses außergewöhnlichen Verfahrens. Baisch spricht von unsachlichen, beleidigenden Posts mit „äußerst aggressivem Grundton“ und bescheinigt Seitz eine „höchst bedenkliche Wortwahl“.

Für eine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis gibt es unter Politikern keinerlei aktuellen Beispiele. Einen Verweis des Dresdner Landgerichts erhielt der Fraktionskollege von Thomas Seitz, der sächsische Richter und AfD-Bundestagsabgeordnete Jens Maier. Maier habe gegen seine Pflicht verstoßen, „sich außerhalb des Amtes bei politischer Betätigung so zu verhalten, dass das Vertrauen in seine Unabhängigkeit nicht gefährdet wird.“

Maier hatte damals von der „Herstellung von Mischvölkern“ gewarnt und den Abschied vom „deutschen Schuldkult“ gefordert. Ausländer bezeichnete er in einem Facebookeintrag als „Gesinde“. Strafrechtliche Ermittlungen wegen Volksverhetzung wurden damals eingestellt.

Im Fall Seitz wird das Stuttgarter Gericht seine Entscheidung erst in den kommenden Wochen verkünden.