S-21-Gegner scheitern auch mit ihrem zweiten Versuch, einen Bürgerentscheid auf den Weg zu bringen.

Stuttgart - "Lügenpack", "Schuster weg", "Pfui" - im Stuttgarter Gemeinderat ging es am Donnerstag zu wie im Fußballstadion. Auf der voll besetzten Zuhörer-Tribüne machten Stuttgart-21-Gegner ihrem Ärger mit Trillerpfeifen und Zwischenrufen Luft. Besonders richtete sich ihr Unmut gegen die SPD-Fraktion.

Die hatte bereits am Mittwoch im Verwaltungsausschuss erklärt, sie werde dem Antrag der Verwaltung gegen das Bürgerbegehren "wahrscheinlich zustimmen". Am Donnerstag bestätigte die Fraktion diese Meinung, CDU, FDP, Freie Wähler und ein Republikaner stimmten ebenfalls gegen das Begehren. 39 der 60 Stadträte halten das Verfahren für rechtswidrig.

Somit scheiterten die Gegner auch mit ihrem zweiten Versuch, einen Bürgerentscheid auf den Weg zu bringen. Bereits im Dezember 2007 hatte die die Stadt ein Bürgerbegehren als unzulässig abgelehnt, woraufhin die Initiatoren Klage beim Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben. Das Gericht wies die Klage jedoch ab: Die Stadt habe sich bereits im Jahr 2001 vertraglich verbindlich an das Projekt gebunden.

OB Schuster: "Geschlossene Verträge können nicht für nichtig erklärt werden."

Diesen März gaben die Gegner erneut 35.600 Unterschriften im Rathaus ab. "Dieses zweite Begehren krankt an denselben Mängeln wie das erste", sagte Ordnungsbürgermeister Martin Schairer im Verwaltungsausschuss. OB Wolfgang Schuster warf den Initiatoren Irreführung der Bürger vor. Sie hätten bei der Unterschriftensammlung genau gewusst, dass ein Bürgerentscheid in diesem Fall rechtlich unmöglich sei: "Geschlossene Verträge können nicht für nichtig erklärt werden." Er halte es nach wie vor für richtig, dass die Stadt Stuttgart sich finanziell am Bahnprojekt beteilige.

Das sehen die Fraktionen der Grünen und der SÖS/Linken anders. "Das Bürgerbegehren ist keine Täuschung der Bürger. Mit seiner Hilfe können wir prüfen, ob die Verträge mit der Bahn rechtens sind", entgegnete Jochen Stopper (Grüne). Wären sie verfassungswidrig, so säße Stuttgart in einigen Jahren auf einer Milliarden Euro teuren Bauruine. "Dieses Projekt muss den Bürgern zur Entscheidung vorgelegt werden", forderte Stopper.

Alexander Kotz (CDU) zweifelte den Ansatz der Grünen an: "Es geht den Bürgern darum, das Projekt S21 zu verhindern, nicht darum, die Verfassung zu schützen." Anstatt Horrorszenarien an die Wand zu malen, sollten die Gegner ehrlich und demokratisch bleiben. Die Freien Wähler appellierten an die Gegner, den Schlichterspruch endlich anzuerkennen.

Stocker: Vertrag mit Bahn könne gekündigt werden

Gangolf Stocker (SÖS/Linke) rügte die SPD für ihre Entscheidung, ebenfalls gegen das Begehren gestimmt zu haben: "Man kann nicht für eine Volksabstimmung im Land sein und Bürgern einen Bürgerentscheid verwehren."

Der Vertrag mit der Bahn könne entgegen der Meinung der Verwaltung gekündigt werden. Schließlich sei das Vertrauensverhältnis zur Bahn als Geschäftsgrundlage für die Verträge zerstört. "Entweder sie machen den Weg für das Begehren frei und erfahren, was die Bürger von Stuttgart 21 halten, oder die Gerichte werden sich mit der Verfassungsmäßigkeit der Verträge beschäftigen müssen", sagte Stocker.