2013 hat das Land weniger Geld verbaut als zur Verfügung stand. Foto: dpa

Mit einem Neubau beginnen oder lieber erst alte Projekte abbezahlen? Darum dreht sich im Grund der Streit zwischen Regierung und Opposition um Straßenbaumittel des Bundes. Berlin leistet der CDU dabei Schützenhilfe.

Mit einem Neubau beginnen oder lieber erst alte Projekte abbezahlen? Darum dreht sich im Grund der Streit zwischen Regierung und Opposition um Straßenbaumittel des Bundes. Berlin leistet der CDU dabei Schützenhilfe.

Stuttgart/Berlin - Die CDU sieht sich durch neue Zahlen des Bundesverkehrsministeriums in ihrem Vorwurf bestätigt, dass sich die Landesregierung Geld für den Fernstraßenbau durch die Lappen gehen lässt. 51 Millionen Euro hätte Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) im vergangenen Jahr verbauen können, lautet der neue Vorwurf der CDU-Bundestagsabgeordneten Thomas Strobl und Steffen Bilger. Doch Hermann habe das Geld nicht investiert, sondern entweder für andere Dinge verwendet oder erst gar nicht abgerufen.

Sie stützen sich dabei auf Zahlen der Staatssekretärin im Bundesverkehrsministerium, Dorothee Bär (CSU), über die Investitionen Baden-Württembergs im Fernstraßenbau. 701 Millionen Euro standen demnach für 2013 zur Verfügung, doch die Ausgaben des Landes betrugen lediglich 675 Millionen. Das seien „rund 26 Millionen Euro unter den Soll-Ansätzen“, heißt es in einem Schreiben Bärs an Bilger, das unserer Zeitung vorliegt.

„Durch zwei Tricks konnte Hermann dieses Desaster aber verschleiern“, sagt Bilger und macht folgende Rechnung auf: Auf sechs der 26 Millionen habe das Land tatsächlich verzichtet, 20 Millionen habe man zwar abgerufen, aber eben nicht für den Straßenbau, sondern für andere Dinge wie etwa Streusalz. Bilger: „Noch nicht einmal für den Straßenerhalt konnte das Landesverkehrsministerium das Geld unterbringen, dabei klagt Winfried Hermann doch immer über zu wenig Mittel.“

Doch das ist noch nicht alles. Von dem Geld, das tatsächlich abgerufen wurde, seien weitere 25 Millionen Euro für eine vorgezogene Tilgung der B 31 bei Freiburg-Ost verwendet worden, argumentiert die CDU. Dabei müsste diese Tilgung eigentlich erst 2014 bis 2017 geleistet werden. So ergibt sich für Strobl und Bilger also eine Summe von 51 Millionen Euro, die im Land an Straßenbauinvestitionen fehlten.

Dass Hermann als Verkehrsminister versagt, sehen sie auch dadurch belegt, dass Baden-Württemberg 2013 erstmals auf Geld aus Berlin verzichtete, das andere Länder im Straßenbautopf liegen ließen. Diese sogenannten Swing-Mittel kamen – wie berichtet – den Ländern Bayern (140 Millionen), Niedersachsen (80 Millionen), Hessen (47 Millionen), Rheinland-Pfalz (40 Millionen) und Sachsen (38 Millionen) zugute. Baden-Württemberg jedoch ging leer aus. Hermanns Begründung: Die Vorgängerregierung habe es mit der Stellenkürzung in den Regierungspräsidien übertrieben, deshalb könne man keine baureifen Planungen liefern. „Hochnotpeinlich“ nannte dies aber selbst der SPD-Verkehrspolitiker Hans- Martin Haller. „Baden-Württemberg hätte davon sicherlich seinen Anteil von mindestens 60 Millionen haben können“, glaubt Strobl. In der Gesamtrechnung habe sich Grün-Rot also mehr als hundert Millionen Euro durch die Lappen gehen lassen.

Dies lässt Hermann allerdings nicht so stehen. Dass man in Freiburg 25 Millionen Euro zur Tilgung vorzog, sei zwar richtig, sagt sein Sprecher Edgar Neumann, doch diese Maßnahme sei sinnvoll: „Wir müssen damit rechnen, dass wir in den nächsten Jahren deutlich weniger Geld für Investitionen erhalten.“ Diese Ansage habe der Bund gemacht. Wenn man den Kredit nun früher ablöse, stehe in den kommenden Jahren mehr Geld für Investitionen zur Verfügung. Neumann: „Das hätten wir auch gern beim Engelbergtunnel so gemacht, aber der Bund hat es nicht zugelassen.“

Viele Neubauprojekte aber, von denen die CDU behauptet, dass man sie bei gutem Willen beginnen könne, seien vom Bund gar nicht genehmigt. Die Ortsumfahrung von Winden zum Beispiel habe keine Freigabe. Andere Projekte wiederum wolle man bewusst nicht anfangen, da sie nicht durchfinanziert seien. Neumann: „Früher hat man einfach mal begonnen und dann eine Baustelle hinterlassen, das machen wir heute nicht mehr so.“ Die CDU andererseits argumentiert, ohne solch angefangene Projekte könne man nicht flexibel auf Berliner Geldströme reagieren – etwa die Swing-Mittel. Ein Kernpunkt des Streits liegt also in dieser unterschiedlichen Art, Straßenbaupolitik zu machen.