Kein einfacher Gesprächspartner: Russlands Außenminister Sergej Lawrow (rechts) bei einem Treffen mit seinem deutschen Kollegen Heiko Maas. Foto: dpa

Der Streit über die Russlandpolitik zeigt: Die SPD sucht nach ihrer Identität. Früher war noch klar, was man an der SPD hatte. Heute nicht, meint unser Parlamentskorrespondent Thomas Maron.

Berlin - Es ist bemerkenswert, wenn der Vorstand einer Partei einen Minister aus den eigenen Reihen zum Rapport antreten lässt. Und auch wenn die SPD-Öffentlichkeitsarbeiter derlei Zuspitzungen als überzogen abtun, so war doch die Einbestellung von Außenminister Heiko Maas in das SPD-Führungsgremium ein weiterer Ausweis der großen Nervosität, die in der Partei grassiert. Maas hatte in den ersten Wochen seiner Amtszeit mit einer härteren Gangart gegenüber Russland Unmut vor allem in den östlichen Landesverbänden provoziert. Man möge sich doch an Willy Brandts Ostpolitik erinnern, hieß es.

Nun stimmt es zwar, dass Maas sich im Ton schärfer von Moskau abgrenzte als seine Vorgänger Sigmar Gabriel und Frank-Walter Steinmeier. Dafür gab es aber auch mindestens einen aktuellen Anlass. Etwa die Hacker-Angriffe aus Russland, die wahrlich kein Grund für einen Kuschelkurs lieferten. Auch wollte Maas keineswegs Gesprächskontakte mit Russland kappen. Dennoch war die SPD-Spitze in Aufruhr.

Warum diese Unruhe? Weil die verunsicherte Partei nach Identität sucht. Weil sie kein gemeinsam getragenes Verständnis mehr davon hat, wofür sie steht. Deshalb klammern sich so viele an die Vergangenheit, an Brandts Ostpolitik. Da wusste man, was man an der SPD hatte. Heute weiß man nur, dass sie regiert – ohne es zu wollen.