Ernst Ludwig Kirchner, die rote Kokotte Foto: Staatsgalerie Stuttgart VG Bild-Kunst, Bonn 2018

Ernst Ludwig Kirchner zählt zu den wichtigsten Künstlern des 20. Jahrhunderts. Mit einem „Ortstermin“ ermöglichen die „Stuttgarter Nachrichten“ Blicke hinter die Kulissen der Kirchner-Schau in der Staatsgalerie.

Stuttgart - Mit gleich zwei Sonderausstellungen würdigt die Staatsgalerie Stuttgart aktuell die Bildwelt von Ernst Ludwig Kirchner (1880– 1938): „Ernst Ludwig Kirchner. Die unbekannte Sammlung“ im Stirlingbau und „Ernst Ludwig Kirchner und die Künstlergemeinschaft ,Brücke‘“ im Graphikkabinett des Steib-Baus. Exklusiv für Leserinnen und Leser unserer Zeitung bieten wir am Freitag, 20. Juli, Führungen durch die Ausstellungen. Voraus geht ein einführendes Gespräch mit den Ausstellungskuratorinnen Corinna Höper und Nathalie Frensch.

Der Kirchner-Schatz

Beide Ausstellungen stützen sich auf eigene Sammlungsbestände. „Wir hüten einen wunderbaren Schatz in der Staatsgalerie“, sagt Corinna Höper dazu – „mit 82 Zeichnungen sowie 84 Druckgrafiken und elf Illustrierten Büchern. Ergänzt durch fünf Gemälde und drei Skulpturen lässt sich das Werk Kirchners in seiner ganzen Tiefe und Vielfalt bei uns erleben.“

Und so sieht man von Kirchners frühen Arbeiten in den 1910er Jahren, auch zusammen mit seinen Künstlerkollegen der „Brücke“ (vor allem Erich Heckel, Karl Schmidt-Rottluff, Fritz Bleyl, Max Pechstein), bis hin zu seinem Spätwerk in den 1930er Jahren. „Und dort“, sagt Höper, „erfindet sich Kirchner als Künstler noch einmal neu.“

Der besondere Moment

Gibt es für Corinna Höper einen besonderen Moment in der Schau „Die unbekannte Sammlung“? „Eindrucksvoll“, sagt sie, „ist für mich besonders eine seiner späten Radierungen, auf der er sich mit seiner langjährigen Lebensgefährtin Erna Schilling darstellt – in einer Gebirgslandschaft, den Davoser Bergen, die seine Heimat in den letzten Lebensjahrzehnten war, auf dem Gipfel ausruhend und ins Tal blickend. Es erscheint wie das Resümee eines Künstlerlebens mit Blick auf den jähen Tod 1938.“

Die unbekannte Samlung?

Immer wichtiger wird für Museen die Frage, wann und wie die Werke der eigenen Sammlung ins Haus gekommen sind. Seit 2013 gibt es in der Staatsgalerie hierzu eine eigene Personalstelle. In den Blick geriet hier früh eine „Sammlung Dr. Gervais“. Corinna Höper hat die Lösung: „Bei 143 Zeichnungen und Druckgrafiken aus unserem Bestand konnte der bisher rätselhafte Herkunftsnachweis ‚Sammlung Dr. Gervais, Zürich/Lyon‘ geklärt werden. Unsere Kollegin Sandra-Kristin Diefenthaler fand heraus, dass Christian Laely, der letzte Schüler von Ernst Ludwig Kirchner, diesen Sammler erfand, um die Werke aus dem Nachlass trotz Vermögenssperre nach Deutschland verkaufen zu können.“

Ein Ergebnis, das „überraschend“ ist, sagt Corinna Höper, aber „auch beruhigend, weil der Verdacht auf Raubkunst damit ausgeräumt ist“. Eine wichtige Information für andere deutsche Museen, die Werke von Kirchner bewahren.

Netzwerk „Brücke“

Im Graphikkabinett gilt der Ausstellungsblick dem Zusammenschluss der jungen Architekturstudenten Fritz Bleyl, Erich Heckel, Ernst Ludwig Kirchner und Karl Schmidt-Rottluff zur „Künstlergemeinschaft Brücke“. „Zusammen mit Emil Nolde, Max Pechstein und Otto Mueller, die später über kurz oder lang dazukommen“, sagt Nathalie Frensch, „suchen die Maler neue künstlerische Wege, weg vom verkrustet empfundenen Akademismus.“ Der Ansatz wirkt in unserem Netzwerk-Zeitalter hoch aktuell: „Die Maler“, sagt Frensch, „bilden ein Künstlerkollektiv, das sich gegenseitig anregt und inspiriert.“ Wesentlicher Impulsgeber: Ernst Ludwig Kirchner – „eine außergewöhnliche Künstlerpersönlichkeit“, wie Höper und Frensch sagen. „Selbstbewusst bis hin zum Narzissmus und unglaublich produktiv.“ Das Fazit der beiden Kunstwissenschaftlerinnen der Staatsgalerie? „In unseren beiden Ausstellungen erleben die Besucherinnen und Besucher einen Künstler, der die Moderne am Anfang des 20. Jahrhunderts wie kaum ein anderer prägte.“

So können Sie dabei sein

Mit zwei Sonderausstellungen würdigt die Staatsgalerie Stuttgart aktuell die Bildwelt von Ernst Ludwig Kirchner. Alle Schaffensperioden und wichtigen Themen wie Großstadt und Tanz, Landschaften auf Fehmarn sowie die Alpen sind zu erleben. Was aber hat es mit der „Sammlung Dr. Gervais“ auf sich, aus der die 1967 in die Staatsgalerie gekommenen Kirchner-Arbeiten stammen sollen? Die Lösung präsentiert die Staatsgalerie in der Schau „Ernst Ludwig Kirchner. Die unbekannte Sammlung“.

Was fasziniert uns bis heute an der Bildwelt Ernst Ludwig Kirchners? Und wie gehen die Forschungsarbeiten weiter? Diese und andere Fragen zu „Ernst Ludwig Kirchner. Die unbekannte Sammlung “ beantworten die Ausstellungskuratorinnen Corinna Höper und Nathalie Frensch am Freitag, 20. Juli, beim „Ortstermin“ unserer Zeitung. Beginn im Vortragssaal der Staatsgalerie (Stirlingbau) ist um 16 Uhr. Im Anschluss geben Führungen exklusive Einblicke in die Ausstellung. Der Eintritt kostet inklusive Führung 10 Euro. Bitte beachten Sie: Dieser „Ortstermin“ ist ein besonderes Angebot der Stuttgarter Nachrichten und der Staatsgalerie Stuttgart. Staatsgalerie-interne Ermäßigungen haben entsprechend keine Gültigkeit. 120 Personen können bei diesem besonderen Ereignis dabei sein.

Ihre Anmeldung nehmen wir gerne entgegen. Melden Sie sich bitte mit Ihrem Namen und Ihrer E-Mail-Adresse unter www.stn.de/ortstermin an. Informationen zum Datenschutz finden Sie unter www.stn.de/datenschutz.