EU-Kommissionspräsident Juncker: „Das muss aufhören“ Foto: EPA

Bei der Anhörung von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zu Steuer-Vorwürfen in Brüssel wurde deutlich, dass die Steuerbehörden der EU-Staaten nicht nur in Luxemburg mit Großfirmen fragwürdige Steuerdeals machen. Die EU will das Problem nun angehen.

Brüssel - Jean-Claude Juncker weiß, dass er an diesem Donnerstagmorgen nicht auf der Anklagebank sitzt. Dennoch muss sich der Kommissionspräsident rechtfertigen – für „Steuer-Vermeidungsstrategien“, mit denen große Unternehmen zu seiner Zeit als Finanzminister und Premier von Luxemburg Abgaben sparten.

Vor Juncker sitzen Hunderte Abgeordnete des Europäischen Parlamentes, unter anderem die Mitglieder des Sonderausschusses zur Untersuchung derartiger Praktiken in der ganzen EU. Er könnte sich auf Allgemeinplätze beschränken. Aber schon nach wenigen Minuten muss er sich doch verteidigen: „Ich habe in Luxemburg kein System der Steuervermeidung zulasten anderer Staaten erfunden“, sagt er. „Nein, ich  habe mich nicht mit Beratungsfirmen getroffen“, die anschließend Konzernen zu einer Niederlassung im Großherzogtum rieten, um dort ihre Steuerlast auf teilweise ein Prozent zu senken. Ja, er habe mit Bankenvertretern zusammengesessen. „Aber das tut doch wohl der Finanzminister jedes Landes.“

Juncker fühlt sich von den immer schärfer werdenden Nachfragen der Abgeordneten in die Enge getrieben. „Warum bekommen wir nicht alle Unterlagen, die wir brauchen?“, geht ihn ein Parlamentarier an. „Was sagen Sie einem mittelständischen Unternehmer, der brav seine Abgaben zahlt, während grenzüberschreitend tätige Unternehmen sich dem entziehen können?“, fragt der CDU-Europa-Parlamentarier Burkhard Balz. „Wir leben in einem Steuer-Dschungel, das muss aufhören“, räumt der Kommissionspräsident ein. Es sei aber falsch, von einer LuxLeaks-Affäre zu sprechen. „Richtiger wäre EU-Leaks, denn diese Praktiken gab und gibt es in allen Mitgliedstaaten.“

Ermittlungen gegen fast alle EU-Staaten

Es ist Margrethe Vestager, die für Wettbewerbsfragen zuständige EU-Kommissarin, die mit der Distanz der unbeteiligten Aufklärerin die Dinge auf den Punkt bringt: Sie ermittle inzwischen gegen fast alle Mitgliedstaaten wegen Modellen zur Steuervermeidung, sagt die Dänin. „Wir haben den Verdacht, dass nicht alle Betriebe den gleichen Bedingungen unterworfen sind.“

In Brüssel sieht man nun mit Spannung dem kommenden Dienstag entgegen: Dann steht Finanzminister Wolfgang Schäuble dem Parlament Rede und Antwort.