So sah das Mahnmal am Stauffenbergplatz noch am Freitag aus. Foto: jse

„Wer kümmert sich eigentlich um den öffentlichen Raum?“, fragt ein Leser beim Anblick des Mahnmals für die Opfer des Nationalsozialismus in der Stuttgarter City. Seit Wochen gammeln dort Kränze vor sich hin.

Ein Leser aus Leutenbach im Rems-Murr-Kreis traute bei einem Besuch in der Landeshauptstadt diese Woche seinen Augen nicht: „Als ich am Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus am Stauffenbergplatz vorbeikam, musste ich einen Anblick erleben, der mich zornig gemacht hat“, schreibt er und fragt: „ Wer kümmert sich eigentlich um die Pflege des öffentlichen Raumes?“ Seiner Mail an unsere Redaktion fügte er ein Foto bei, das eine Reihe vertrockneter Kränze vor den vier aus Brasilien stammenden schwarzen Steinquadern zeigt. „Für mich ist dies ein Beispiel für Verwahrlosung, die dieser Gedenkstätte in keiner Weise gerecht wird“, fügte der Leser hinzu. Der Anblick bot sich auch noch am Freitag. Die Kränze wurden offensichtlich in Zusammenhang mit einer von Griechen organisierten Demonstration am 21. Mai dort abgelegt. Sie sollen an den Leidensweg der sogenannten Pontosgriechen im Jahr 1919 erinnern, die seit dem Altertum an der Schwarzmeerküste des Osmanischen Reichs lebten. Dieses Gebiet mit der türkischen Stadt Trabzon als Zentrum trug den Namen Pontos. Von dort wurden die Griechen 1919 vertrieben. In der Folge ließen sich viele von ihnen im Norden Griechenlands nieder. Die Zahl der Todesopfer wird in Griechenland auf rund 350 000 beziffert.

Die Stadtverwaltung will die Kränze jetzt entfernen

Seitdem trocknen die Kränze am Mahnmal auf dem Stauffenberg vor sich hin. Das Mahnmal selbst ist auf Anregung des Stadtrats Eugen Eberle am 8. November 1970 eingeweiht worden. Bei der Wahl des Standortes spielte die Nähe zur ehemaligen Gestapozentrale im Hotel Silber eine Rolle. Vorausgegangen war ein Wettbewerb, bei dem sich der Bildhauer Elmar Daucher mit seinem Entwurf durchsetzte. In der Mitte des Mahnmals befindet sich eine Granitplatte mit einem Text des Philosophen Ernst Bloch: „1933-1945 Verfemt Verstossen Gemartert Erschlagen Erhängt Vergast Millionen Opfer Der Nationalsozialistischen Gewaltherrschaft Beschwören Dich: Niemals wieder!“

Die Stadtverwaltung nimmt die Kritik an. Auf Anfrage erklärte ein Sprecher am Freitag: „Wir geben das gerne weiter, damit die verdorrten Kränze in der kommenden Woche zeitnah entfernt oder ausgetauscht werden.“