Schüler in Baden-Württemberg sollen mehr Obst essen - doch das Schulobst-Programm des Landes sorgt für Ärger. Der Städtetag äußert massive Zweifel an dem Projekt und will seinen Mitgliedstädten die Teilnahme nicht empfehlen.

Karlsruhe - Schüler in Baden-Württemberg sollen mehr Obst essen - doch das Schulobst-Programm des Landes sorgt für Ärger. Der Städtetag äußert massive Zweifel an dem Projekt und will seinen Mitgliedstädten die Teilnahme nicht empfehlen.

"Der Aufwand steht in keinem vernünftigen Verhältnis zum Nutzen", kritisierte Verbandssprecher Manfred Stehle in Karlsruhe. Das Programm sei "chronisch unterfinanziert" und daher fast wirkungslos. "Es weckt bei den Eltern Erwartungen, die nicht annähernd erfüllt werden können." Die Landesregierung nannte die bisherigen Gespräche zum Programm dagegen "überwiegend positiv".

Der Bundesrat hatte das Programm im vergangenen September nach langem Streit beschlossen. Ziel ist es, dass sich möglichst viele Kinder schon von klein auf an eine gesunde Ernährung gewöhnen. Die Europäische Union stellt 20 Millionen Euro zur Verfügung. Baden- Württemberg erhält davon rund zwei Millionen Euro, muss aber auch dieselbe Summe aus eigener Kraft beisteuern. Das Geld soll nicht aus der Landeskasse kommen, sondern von den Kommunen und von Unternehmen als Sponsoren.

Aus Sicht des Städtetags wäre das Programm erfolgversprechender, wenn sich Bund und Land finanziell beteiligen würden. "Das Land beschließt ein Programm, und die Kommunen sollen es finanzieren - mit dieser Arbeitsteilung sind die Städte nicht einverstanden", betonte Stehle. Die "äußerst prekäre Finanzlage" der Kommunen verschlimmere das Problem.

"Der Städtetag unterstützt grundsätzlich das Ziel, die Gesundheitsvorsorge an den Schulen zu stärken", sagte Stehle. "Wir haben aber erhebliche Zweifel, ob das Schulobst-Programm dazu einen gewichtigen Beitrag leisten kann." Denn dafür fehlten die nötigen Mittel: "Zwei Millionen Euro EU-Fördermittel für etwa eine Million Kinder in den vorschulischen Einrichtungen, Grundschulen und weiterführenden Brennpunktschulen des Landes reichen gerade einmal für drei bis vier Äpfel pro Kind und Jahr. Eine wahrlich bescheidene Vitaminspritze."

Dem widerspricht Friedlinde Gurr-Hirsch, Staatssekretärin im Stuttgarter Ernährungsministerium: "Im Schuljahr 2009/2010 stehen Baden-Württemberg rund zwei Millionen Euro aus Brüssel zur Verfügung, für das Schuljahr 2010/2011 erhöht sich dieser Betrag auf rund 2,5 Millionen Euro", sagte sie auf Anfrage. "Zählt man die Ko-Finanzierung hinzu, kann pro Jahr Obst und Gemüse in einem Gesamtwert von fünf Millionen Euro an die Schüler abgegeben werden." Bei knapp 40 Schulwochen pro Jahr reiche dies aus, um bis zu 450.000 Kindern einmal in der Woche eine Portion Obst oder Gemüse anzubieten.

Gurr-Hirsch wünscht sich mehr Kreativität bei der Finanzierung: "Schulträger, Fördervereine, private Sponsoren, Kirchen, Vereine oder Serviceclubs wie Round Table, Lions oder Rotary könnten eingebunden werden." Für eine Grundschule mit zehn Klassen müssten pro Jahr ungefähr 1500 Euro vor Ort aufgebracht werden. "Bei unterstellten drei Sponsoren sind das 500 Euro pro Sponsor."