Aufbauarbeiten auf dem Schorndorfer Marktplatz Foto: STZN

90 Tonnen Sand auf dem Marktplatz: Während viele Bürger sich auf den Sommerurlaub freuen, holen Schorndorf und Winnenden den Strand in die Stadt. Das soll für Belebung in der City sorgen.

Die Rems fließt in Schorndorf mitten durch die Stadt. Doch von Urlaubsflair mit Meeresrauschen kann in der 40 000-Einwohner-Kommune nicht die Rede sein. Das soll sich ändern in den nächsten Wochen: Mit einem gut 150 Quadratmeter großen Sandhaufen auf dem Oberen Marktplatz will die Daimlerstadt während der Sommerferien versuchen, ihren Bürgern und Besuchern ein wenig Strandatmosphäre zu bieten. 90 Tonnen Sand werden vor der schmucken Fachwerkfassade der Schorndorfer Altstadt aufgeschüttet, rund um den Marktbrunnen entsteht eine Freizeitfläche mit Liegestühlen, Sitzsäcken und einer von der Viu Skybar betriebenen Beachbar.

Erklärtes Ziel der immerhin vom 27. Juli bis zum 10. September laufenden Sommeraktion ist es, mitten im Herzen der Stadt einen neuen Anziehungspunkt zu schaffen. Denn die Stadt und das Citymarketing haben den Schorndorfer Marktplatz seit geraumer Zeit als Problemzone ausgemacht. Finden auf der Fläche vor dem Rathaus nicht gerade publikumsträchtige Veranstaltungen statt, verirrt sich kaum ein Bürger auf das kahle Geviert, gerade im Sommer ist der Marktplatz meist verwaist – und nach Beobachtung von Oberbürgermeister Bernd Hornikel nicht nur langweilig, sondern auch zu heiß.

Bis 22 Uhr wird gebuddelt, gebaggert und gebabbelt

Deshalb wird beim Stadtstrand am Marktbrunnen auch ein großes Sonnensegel für ein wenig Schatten sorgen. Das Spielplatz-Team des Bauhofs hat eine Pergola aufgebaut, gut 100 Sitzgelegenheiten soll es für die Liebhaber von feinem Sand zwischen den Zehen und im Hosenaufschlag geben. Geöffnet ist der Stadtstrand am Montag, Dienstag und Mittwoch von 11 bis 20 Uhr, am Donnerstag, Freitag und Samstag kann auf dem oberen Marktplatz bis 22 Uhr gebabbelt, gebaggert und gebuddelt werden. Bei Regen oder Gewitter ist die Beachbar geschlossen – und auch der Stadtstrand kein Treffpunkt.

Doch an schlechtes Wetter denkt in Schorndorf niemand, wenn es um die gewünschte Belebung der Innenstadt geht. „Mit dem Sandstrand wollen wir Menschen in die Stadt holen“, sagt der Rathauschef über den Mehrwert der Sommeraktion – und verweist auf die immer wichtiger werdende Aufgabe, mit mehr Aufenthaltsqualität auch für mehr Attraktivität einer Innenstadt zu sorgen. Der Hintergrund ist, dass sich unter Stadtmarketing-Fachleuten die Erkenntnis durchgesetzt hat, dass der Einzelhandel als Zugpferd für eine City nicht mehr reicht. Wer Flanierpublikum anziehen will, muss die Menschen nicht nur zum Einkauf, sondern auch in ihrer Freizeit anlocken.

Schorndorf lässt sich den Stadtstrand fast 50 000 Euro kosten

„Der Stadtstrand ist sechs Wochen lang ein Grund, in die Innenstadt zu kommen“, sagen Julia Geiger und Lars Scheel vom in Schorndorf unter dem Kürzel TuC laufenden Eigenbetrieb für Tourismus und Citymanagement. Die Belebungsoffensive lässt sich die Rathaustochter fast 50 000 Euro kosten. Allerdings kommen 60 Prozent des Gelds aus einem Fördertopf des Landes, mit dem das Wirtschaftsministerium dem Einzelhandel nach der Coronapandemie unter die Arme greifen will. Eröffnet wird der Schorndorfer Sandkasten am Donnerstag um 18 Uhr unter dem Motto „Summer in the City meets Stadtstrand“. Die sommerliche Musikreihe soll die Urlaubsatmosphäre ebenso ergänzen wie vier geplante Salsa-Abende oder die Gastspiele verschiedener Weinerzeuger von Christoph Kern bis zu den Fellbacher Weingärtnern. Außerdem gibt es Sonderauftritte wie den von Sandkünstler Volker Jokiel am kommenden Samstag oder die „Schools Out Party“ am Freitag, bei dem die Schulband „Fanta Bier“ des Burggymnasiums den Sandkasten rockt. Auch Italo-Hits, der Bau einer Sandmurmelbahn oder ein Gastbesuch des Stuttgarter Porschemuseums mit Rennbus und einem Speedster mit aufmontiertem Surfbrett finden sich im Rahmenprogramm.

Der Autoverkehr wird in Winnenden ganz bewusst ausgesperrt

In Winnenden geht der dort so titulierte Statt-Strand einen Tag später an den Start. Der Aufbau am Viehmarkt ist in vollem Gange, bis Freitag soll eine Fläche von 25 mal fünf Metern mit feinstem Sand aufgefüllt werden. Im Stadtmarketingverein gehe man schon seit einiger Zeit mit dem Wunsch schwanger, etwas zu tun, um die Aufenthaltsqualität in der Innenstadt zu verbessern, sagt der Geschäftsführer des Vereins Attraktives Winnenden, Timm Hettich. Nachdem man sich im vergangenen Jahr gegen die Teilnahme an einem Bundesförderprogramm entschieden hatte, sollen nun unter eigener Regie sogenannte Pop-up-Attraktionen getestet werden. Bei der Suche nach einem geeigneten Standort wurde man in dem rund 20 Stellplätze umfassenden Parkplatz am Viehmarkt fündig. Zwei Monate lang – ganz bewusst ist die Ferienzeit ausgewählt worden – wird der Autoverkehr aus dem Areal ausgesperrt. Zum Verweilen sollen insbesondere auch Kinder durch Spiel- und Klettergeräte, Jugendliche durch eine Slackline eingeladen werden. Umrahmt wird der Statt-Strand mit Sitzgelegenheiten und mobilen, natürlichen Schattenspendern. Die Kosten für die Stadt halten sich in Grenzen, denn die Aktion wird mit Mitteln des Verkehrsministeriums unterstützt.

Das Ziel sei, neue Gestaltungsmuster zu testen und wertvolle Erfahrungen für spätere Projekte zusammenzutragen, sagt Timm Hettich, denn parallel will man ergründen, wie die Aktion bei den Bürgern ankommt. Die Pflege der Sandfläche sollen Mitarbeiter des Bauhofs übernehmen. Das Spielgerät soll nach den zwei Monaten auf dem Viehmarktplatz an anderer Stelle weiter genutzt werden, und auch der Sand werde von der anliefernden Firma wieder abgeholt und anderweitig wiederverwertet. „Denn das war uns bei der Konzeption ebenfalls sehr wichtig gewesen“, betont Timm Hettich.