Der Schlossplatz von oben – ein Quadratmeter Königstraße kostet 29 000 Euro. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

2550 Euro pro Quadratmeter Boden im Wohnungsbau, 29 000 Euro für einen Quadratmeter an der Königstraß0e – das sind die neuen Rekordmarken bei den Bodenrichtwerten in Stuttgart.

Stuttgart - Wer bauen will, braucht Boden. Aber der ist in Stuttgart so teuer wie nie zuvor. Der Gutachterausschuss der Stadt hat am Dienstag seinen aktuellen Bericht vorgestellt. Die Bodenrichtwerte – also die Durchschnittswerte für das Bauland in den einzelnen Quartieren der Stadt – wurden für den Wohnungsbau um bis zu 35 Prozent angehoben.

Bei seiner letzten Pressekonferenz als Vorsitzender des Ausschusses zeichnete Karlheinz Jäger ein bemerkenswertes Bild des Stuttgarter Immobilienmarkts. „Wir verzeichnen ungebrochen hohe Preissteigerungen“, sagte Jäger. Die Preissteigerungen bei allen Typen von Wohnimmobilien liegen den Gutachtern zufolge im zweistelligen Prozentbereich.

Eine der Grundlagen dieser Entwicklung sind die Bodenpreise. Und in diesem Bereich hat es die Einschätzung der städtischen Immobilienexperten in sich. Die Gutachter haben die Bodenrichtwerte für den individuellen Wohnungsbau im Stuttgarter Norden um 35 Prozent angehoben, in der Stadtmitte gab es einen Aufschlag um 30 Prozent, im Westen, im Stuttgarter Süden und im Osten wurden die Bodenrichtwerte um jeweils 25 Prozent angehoben. „Das ist eine deutliche Fortschreibung“, sagt Jäger.

Die Bodenrichtwerte bieten eine Orientierung beim Verkauf von Bauland in den jeweiligen Quartieren der Stadt – der Preis einzelner Grundstücke kann von diesen Richtwerte allerdings abweichen. In konkreten Zahlen ausgedrückt liegt der Bodenrichtwert an der Schottstraße – also an der nördlichen Halbhöhe – inzwischen bei 2550 Euro pro Quadratmeter. Bis zum Vorjahr lag der Wert noch bei 1890 Euro.

29 000 Euro für einen Quadratmeter Königstraße

Beim Bodenrichtwert unterscheiden die Gutachter zwischen dem individuellen Wohnungsbau, also Gebäuden von Privatleuten mit maximal zwei Geschossen, und Bauträgergrundstücken, bei denen mehr als zwei Stockwerke errichtet werden können. In dieser Kategorie wurden die Bodenrichtwerte über die gesamte Stadt um 15 Prozent nach oben gesetzt.

Die Richtwerte werden jedes Jahr zum Jahresende fortgeschrieben. Sie basieren auf den Kaufpreisen unbebauter Grundstücke sowie auf den Preisen von Grundstücken, auf denen die vorhandenen Gebäude abgerissen und die Fläche neu bebaut werden soll. An Orten, an denen wenig verkauft oder neu gebaut wird, wie etwa an der Königstraße, fließen die Erfahrungswerte der Gutachter in die Analyse mit ein.

Die Gutachter schreiben auch die Richtwerte für Gewerbe- und Büroflächen fort. Der Wert wurde stadtweit um 10 Prozent angehoben, im Synergiepark in Vaihingen, wo die Allianz und Daimler große Büroprojekte planen, wurden die Richtwerte um 15 Prozent angehoben. Der teuerste Grund und Boden der Stadt befindet sich nach wie vor an der Königstraße. Dort liegt der Bodenrichtwert inzwischen bei 29 000 Euro pro Quadratmeter – im Jahr zuvor waren es noch 22 000 Euro.

Aus den hohen Grundstückspreisen ergeben sich extreme Preise etwa bei Eigentumswohnungen. Wie berichtet wurde im ersten Quartal dieses Jahres mit 15 580 Euro bereits ein neuer Rekordwert für Eigentumswohnungen in Stuttgart registriert. „Es gibt ein immer geringeres Angebot auf dem Wohnungsmarkt“ kommentierte Jäger die Entwicklung. Zusammen mit der stets wachsenden Nachfrage nach Wohnraum prognostiziert Jäger für die Zukunft weitere Preissteigerungen.

Innenentwicklung schlägt auf die Preise durch

Bei seiner letzten Pressekonferenz als Chef der Immobilienexperten äußerte sich Jäger auch politisch. „Es ist erfreulich, dass der Gemeinderat bei den Baugebieten Langenäcker-Wiesert (Stuttgart Stammheim) und Schafhaus (Mühlhausen) vorangeht“, sagte er. Trotzdem gelte der Vorrang der Innenentwicklung vor der Außenentwicklung weiter, so Jäger. Damit wird der Verzicht auf große neue Baugebiete in Stuttgart beschrieben. „Das wirkt sich auf die Preise aus“, so Jäger. Und: „Das schlägt am Ende auch auf die Mieten durch.“

Auch bei der Prognose der Einwohnerentwicklung sieht Jäger die Position der Stadt offenbar kritisch. Im aktuellen Wohnungsmarktbericht erklärt die Verwaltung, dass in naher Zukunft wieder mit einem Rückgang der Einwohnerzahl zu rechnen sei. Jäger: „Das sehe ich skeptisch“, so Jäger. „Ich halte weiteren Zuwachs für wahrscheinlicher.“ Allein in den vergangenen sieben Jahren habe Stuttgart 47 000 Einwohner hinzugewonnen. „Das ist mehr als die Einwohnerzahl von Fellbach“, so Jäger.

Seit Beginn der Aufzeichnungen wurde im Jahr 2016 der zweithöchste Umsatz erzielt – rund 3,4 Milliarden Euro wurden im vergangenen Jahr in Grundstücke investiert. Der Spitzenwert von 3,7 Milliarden aus dem Jahr 2015 wurde nicht ganz erreicht. Dieser Wert ist vor allem vor dem Hintergrund stetig sinkender Vertragszahlen beachtlich. 5741 Verträge zu Grundstückskäufen wurden abgeschlossen, 2011 lag diese Zahl beispielsweise bei 6806.