Ein Koffer voll Bargeld – woher es kommt, fragt kaum ein Händler in Deutschland Foto: Fotolia/Joachim Lechner

Von Gesetzes wegen ist etwa der Juwelier verpflichtet, die Behörden einzuschalten, wenn ein Kunde mit Geld aus dubiosen Quellen zahlt. Doch taugt diese Regel auch zur Abwehr von Mafiageld?

Berlin - In Italien darf der Kunde maximal 999 Euro in bar auf den Tisch eines Händlers legen, in Griechenland sind es höchstens 1500 Euro. Auch in Frankreich, Tschechien und der Slowakei gibt es Höchstgrenzen für Bargeldzahlungen. Nicht so in Deutschland.

Hierzulande kann jeder sein neues Auto in bar bezahlen, selbst beim Immobilienerwerb kann der Käufer die Tausender auf den Tisch blättern. Auch der Juwelier nimmt Bargeld an, der Notar macht es und die Spielbank. Dies nutzen offensichtlich Täter aus dem Bereich der organisierten Kriminalität, um Geld aus schmutzigen Geschäften, aus dem Drogen- und Waffenhandel, der Prostitution und Schutzgelderpressung systematisch zu waschen und so in den Wirtschaftskreislauf einzubringen. Experten gehen davon aus, dass auf diese Weise hierzulande jährlich rund 50 Milliarden Euro im Jahr in Umlauf gebracht werden.

Banken werden strenger kontrolliert

Zwar gibt es seit 1993 ein Gesetz, das die Überwachung der Geldwäsche gewährleisten soll. Wer am Bankschalter höhere Summen einzahlen will, muss sich ausweisen. Dass die Banken ihre Aufsichtspflicht erfüllen, kontrolliert die staatliche Bankenaufsicht Bafin. Doch daneben gibt es viele Branchen der Privatwirtschaft mit hohem Bargeldverkehr. Versicherungs- und Immobilienmakler etwa, Notare, Spielbanken, Geschäfte, die mit Kunst, Möbeln, Pelzen oder teurer Elektronik handeln. Für deren Überwachung sind die Länder zuständig. Hierzulande sind es die Geschäftsleute, die laut Geldwäschegesetz dazu verpflichtet sind, Alarm zu schlagen, wenn dreckiges Geld im Spiel ist. Der Juwelier muss etwa die Identität vom Käufer des teuren Ringes prüfen. Der Makler muss von Gesetzes wegen klären, ob der Käufer der Wohnung eine politisch exponierte Persönlichkeit eines anderen Staates ist. Der Gebrauchtwagenhändler muss überprüfen, ob der Käufer des Porsche nur ein Strohmann ist und das Geschäft stellvertretend für einen anderen abwickelt.

Doch wer macht das schon? Verpfeift der Pelzhändler wirklich seinen besten Kunden? Schlägt ein Reiseveranstalter Alarm, wenn er einem dubiosen Menschen gerade eine Luxuskreuzfahrt rund um die Welt verkauft hat? Kann man es überhaupt erwarten, dass Geschäftsleute so fundamental gegen ihre eigenen wirtschaftlichen Interessen handeln?

Wirrwarr an Zuständigkeiten

Da liegt es eigentlich auf der Hand, dass der Staat die Einhaltung des Geldwäsche-Gesetzes mit Nachdruck überwacht. Das Gegenteil ist der Fall: Das belegen die Daten, die das Bundesfinanzministerium auf Initiative des Grünen-Abgeordneten Gerhard Schick in den Ländern erhoben hat. Es gibt ein völliges Wirrwarr an Zuständigkeiten, mal müssen Länderministerien die Einhaltung des Gesetzes überwachen wie etwa in Mecklenburg-Vorpommern, wo die Kompetenzen gleich auf drei Ministerien verteilt sind. Mal sind die Regierungspräsidien gefragt wie etwa in Baden-Württemberg. Die Personalausstattung der Behörden ist jämmerlich. In Bremen gibt es die Personalkraft von 0,3 Vollzeitstellen zur Geldwäsche-Überwachung. Im Südwesten sind es acht Stellen, Bayern ist mit Rheinland-Pfalz Spitzenreiter mit elf Stellen. Rheinland-Pfalz ist immerhin in der Lage, alle anfälligen Branchen einigermaßen gleichmäßig zu kontrollieren. In Bayern etwa werden nur Händler hochwertiger Güter und Automobile vor Ort kontrolliert. Juweliere, Immobilienhändler und Versicherungsmakler wurden zwischen 2011 und Anfang 2014 gar nicht in der Sache von den Behörden aufgesucht.

Auch wenn es um Beanstandungen, Ordnungs- und Bußgeldverfahren geht, sieht es dürftig aus: Berlin etwa hat zwischen 2011 und Anfang 2014 exakt fünf Bußgelder verhängt – und das, obwohl Berlin allein 2254 Immobilienhändler, 1393 Versicherungsbetriebe und 7474 Güterhändler hat.

Am deutlichsten allerdings zeigt die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen, dass die Überwachung des Geldwäschegesetzes ihr nicht sonderlich wichtig ist: NRW hat im Rahmen der Abfrage keinerlei Daten ans Bundesfinanzministerium geliefert.