Eine Hälfte dieses Gebäudes in der Dorotheenstraße soll ein Denkort werden. Foto: Kraufmann

Aus der ehemaligen Gestapozentrale Hotel Silber soll ein Denkort werden, an dem die Ausgrenzung und die Verfolgung von Menschen thematisiert werden – doch dieser Prozess bleibt schwierig. Die SPD und die Fraktion SÖS/Linke wollen jetzt verhindern, dass der Denkort eine Totgeburt wird.

Stuttgart - Die jahrelange Debatte um den geplanten Denkort Hotel Silber spitzt sich noch einmal zu. Die Kernfrage: Sollen Sonder- und Wechselausstellungen dort verboten sein? Nein, meinen die SPD und die SÖS/Linke im Rathaus. Sie widersprechen mit einem Antrag dem Kurs, den OB Fritz Kuhn (Grüne) Ende August ausgerufen hat.

Aus Sicht der Stadt „wäre es kontraproduktiv für das künftige Stadtmuseum im Wilhelmspalais und finanziell unverantwortlich“, im Hotel Silber eine räumliche, technische und personelle Infrastruktur für Wechselausstellungen vorzuhalten, hatte Kuhn damals der CDU geantwortet. Das Stadtmuseum müsse unbedingt für Wechselausstellungen eingerichtet sein.

Vor dieser Antwort hatte es ein Gespräch zwischen Landesregierung und Stadtverwaltung gegeben. Dabei wurde ausgeschlossen, dass zur Eröffnung des Denkorts Hotel Silber 2016 oder 2017 Räume im zweiten Obergeschoss genutzt werden. Das soll die Betriebskosten senken, weicht aber vom Konzept ab, das diverse Initiativen und das Haus der Geschichte erarbeiteten.

„Gibt es keine Wechselausstellungen, dann wird der Denkort bald tot sein“, warnt SPD-Fraktionschefin Roswitha Blind jetzt. Gäbe es nur eine Dauerausstellung, „dann würde man da einmal hingehen – und damit hätte es sich“. Im Hotel Silber solle nicht nur die Zeit reflektiert werden, in der dort Hitlers Geheime Staatspolizei (Gestapo) Verbrechen an der Menschlichkeit in ganz Württemberg organisierte und in die Tat umsetzte. „Der Denkort soll ja auch die Gegenwart beleuchten – darauf muss man immer wieder mit neuen Ausstellungen antworten.“ Im Antrag heißt es: „Wir wollen keine Halbherzigkeit in der Behandlung des Themas NS-Geschichte sowie der pädagogischen Arbeit gegen Rechtsradikalismus.“ Das bedeute auch, dass es mehr Nutzfläche für den Denkort geben soll.

Neuer Antrag (noch) nicht mehrheitsfähig

Auf Sonderausstellungen pocht auch Thomas Schnabel, Chef des Hauses der Geschichte. Andernfalls wüsste er nicht, was er auf zwei der drei Halbetagen, die das Land und die Stadtverwaltung ihm zugestanden haben, zeigen sollte. Falls er auch das zweite Obergeschoss in der Gebäudehälfte bekäme, die für den Denkort vorgesehen ist, könnte man die Themen rund ums Hotel Silber besser präsentieren – „aber wir werden auch so etwas Interessantes zeigen“.

Mehrheitsfähig ist der neue Antrag im Gemeinderat (noch) nicht. Kuhns Etatvorschlag sei nicht zu unterschätzen, vielmehr ein Durchbruch bei dem Thema, meint Andreas Winter (Grüne). Er will die Inhalte diskutieren und sicherstellen, dass „ein lebendiges Haus gegen Integration und Ausgrenzung“ entsteht. CDU-Fraktionsvize Jürgen Sauer sagt, seine Kollegen seien noch nicht festgelegt. Er selbst stimme dem OB zu. Das Stadtmuseum koste viele Millionen Euro und dürfe keine Konkurrenz bekommen. Entschieden wird in den Etatberatungen. Dort liegt Kuhns Vorschlag vor: Die Stadt soll 2014 und 2015 wie das Land je 750.000 Euro pro Jahr für die Ausstattung zahlen. Ab 2016 soll die Stadt – wie das Land – je 250.000 Euro für den Betrieb geben. Um die Mietkosten wird noch gestritten.