Räten in Steinheim ist es wichtig, die großflächigen PV-Anlagen auf den Feldern in Einklang mit der Natur zu bringen. Foto: Archiv (imago images/Arnulf Hettrich)

Der Steinheimer Gemeinderat ebnet den Weg für einen fast acht Hektar großen Solarpark. Auch in Asperg gibt es Bemühungen, eine Freiflächen-PV-Anlage zu bauen.

Es wäre eine der ersten, wenn nicht sogar die allererste Freiflächen-Photovoltaikanlage im Kreis Ludwigsburg. Auf einem 7,7 Hektar großen Acker an der Kreisstraße zwischen Steinheim und dem Stadtteil Höpfigheim möchte der Landwirt Fritz Thumm künftig nicht mehr Mais und Weizen anbauen, sondern Sonnenstrom ernten. Den Weg dafür hat ihm der Gemeinderat nun geebnet. Das Gremium beschloss, als Grundlage für das Projekt einen Bebauungsplan für das Gebiet aufstellen zu lassen. Über den Solarpark könnten rund 2500 Haushalte mit grünem Strom versorgt werden.

Rat warnt vor einem Schnellschuss

Angesichts dieser verlockenden Perspektive und um die Energiewende voranzutreiben, stand die Runde im Prinzip komplett dahinter, die Technik auf dem Gelände zuzulassen. Kontrovers diskutiert wurde allerdings, ob man nach dem Vorbild der Stadt Bad Mergentheim parallel dazu gleich einen Kriterienkatalog für PV-Anlagen erstellen lassen sollte, der im vorliegenden Fall und für alle vielleicht noch folgenden Projekte maßgebliche Standards gesetzt hätte. Dafür machten sich insbesondere die CDU und Teile der Freien Wähler stark. Volker Schiele (CDU) ging es vor allem darum, die Bestückung des Felds mittels Kollektoren mit dem Natur- und Artenschutz in Einklang zu bringen. Unter dem einhegenden Zaun müssten beispielsweise kleinere Tiere wie Hasen, Igel und Co. weiterhin durchschlüpfen können. „Wir sollten nicht mit einem Schnellschuss beginnen, sondern Kriterien aufstellen und es richtig machen. Dann kann es etwas Wegweisendes werden“, pflichtete Roland Heck (Freien Wähler) bei.

In Bad Mergentheim ist unter anderem geregelt, dass unter der aufgeständerten Solaranlage Tiere durchwandern können müssen. Düngemittel sind zudem tabu. Die Steinheimer Verwaltungsriege versicherte jedoch, dass solche Dinge auch über den Bebauungsplan geregelt werden könnten, man sich somit mit einem Kriterienkatalog nur unnötig Arbeit aufhalse. Davon abgesehen sei Steinheim dichter besiedelt als Bad Mergentheim, mit einer Flut weiterer Anträge sei also eher nicht zu rechnen. Im Gegenteil: Man habe mit den 7,7 Hektar auf die Gemarkung heruntergebrochen das Soll schon überfüllt, wenn man zum Maßstab nehme, dass 0,2 der Fläche in der Region für die Freiflächen-PV reserviert werden soll, sagte Bürgermeister Thomas Winterhalter. Dieser Argumentation folgte der Großteil des Gremiums, sodass auf einen allgemeinen Kriterienkatalog verzichtet wird.

Feld soll ökologisch sogar aufgewertet werden

Darüber, den Naturschutz und die PV-Anlage miteinander in Einklang zu bringen, hat sich auch Fritz Thumm selbst schon Gedanken gemacht. „Ökologisch wird das Feld sogar aufgewertet“, beteuert der Steinheimer Landwirt und Eigentümer des Grundstücks, auf dem die Kollektoren platziert werden sollen. Aktuell werde teils Weizen, teils Mais auf dem Acker angebaut. Künftig sollen dort Gras und andere Wiesenpflanzen wachsen, der Boden auch nicht mehr gedüngt werden. Der Mais wandere zudem in eine Biogasanlage, werde also ohnehin auch bislang nicht dem Lebensmittelkreislauf zugeführt. „Weiteren Vorschlägen für einen ökologischen Mehrwert stehen wir aufgeschlossen gegenüber“, versichert Thumm. Der Landwirt möchte die Anlage im Verbund mit seinem Neffen Stefan und Bruder Dieter sowie über Kapitaleinlagen weiterer Familienmitglieder bauen lassen und betreiben. Der Neffe werde das Ganze managen, der Bruder sich um die technischen Details kümmern.

Fritz Thumm geht davon aus, einen hohen einstelligen Millionenbetrag investieren zu müssen. „Wir sind mit der Syna im Gespräch. Sie kann sich vorstellen, den Strom komplett abzunehmen. Fix ist aber noch nichts, wir befinden uns in einem frühen Stadium, haben ja auch noch keine Baugenehmigung“, sagt der 63-Jährige.

Investoren und Eigentümer am Verhandeln

Immerhin wurde schon das Bebauungsplanverfahren angestoßen, womit man einen Schritt weiter als in Asperg ist. Gleichwohl verhandeln dort schon seit geraumer Zeit Investoren wegen Grundstücken für Freiflächen-PV-Anlagen. Konkret gehe es um ein rund zwei Hektar großes Areal an der Autobahn oberhalb der Lichtenbergstraße, vor allem aber um zwei nicht weit entfernt davon liegende Flächen Richtung Tammerfeld links und rechts der Autobahn, die fünf beziehungsweise sechs Hektar umfassen, erklärt Bürgermeister Christian Eiberger. „Zwei Unternehmen haben hier Interesse angemeldet, müssen nun mit den Eigentümern der Grundstücke zu einer sinnvollen Lösung kommen“, sagt er. „Unser Ziel ist, dass größere PV-Anlagen entstehen, an denen sich nach Möglichkeit auch die Bürger zu einem gewissen Prozentsatz beteiligen können“, erklärt der Rathauschef. „Sehr charmant wäre auch, wenn damit auch unser Freibad und unser Gewerbegebiet Heckenwiesen, sofern da Interesse besteht, mit Strom versorgt werden könnten“, ergänzt er.

Kein Platz für Windräder

Eiberger hält zwar auch viel von Windkraft. Angesichts der recht kleinen Gemarkung und der dichten Bebauung müsse man in Anbetracht der Abstandsregeln aber voll auf PV-Anlagen setzen. 23,6 Hektar hat man dafür insgesamt beim Verband Region Stuttgart als Potenzialfläche angemeldet. Wobei bislang nur für die drei Areale an der Autobahn Nachfragen eingegangen seien.

Wie Naturschützer zu Freiflächen-PV-Anlagen stehen

Beruhigung
Der BUND Baden-Württemberg sieht kein Problem im Nebeneinander von Landwirtschaft und Freiflächen-Photovoltaik, „wenn in der Landwirtschaft eine Verschiebung von Futtermitteln und Energiepflanzen hin zu Ackerfrüchten stattfindet, die direkt dem Menschen zugutekommen“. Zugleich müsse der Trend zu fleischloser Kost anhalten. Bei aufgeständerten Anlagen könne sogar eine Ertragssteigerung erzielt werden, während zugleich weniger Spritzmittel eingesetzt würden. Unter PV-Modulen entstehe ein Lebensraum, „der weitestgehend aus der Nutzung genommen wird und in dem sich die Natur beruhigen kann“.

Aufwertung
Der Eingriff in die Natur müsse beim Bau der Anlagen auf ein Minimum reduziert und komplett auf der Fläche kompensiert werden. „Durch eine sachkundige ökologische Planung, Gestaltung und Pflege der Flächen kann häufig eine ökologische Aufwertung erreicht werden“, hebt der BUND hervor. Bei der Planung müssten aber ökologische Aspekte und die technische Ausgestaltung von Anfang an gleichrangig berücksichtigt werden.