Trotz Kostenbremsen kann Telefonieren im Urlaub teuer werden Foto: Fotolia

Trotz strenger Roaming-Regeln kann die Nutzung des Handys im Ausland teuer werden.

Stuttgart - Sie wollte nur kurz wissen, wie es dem Freund zu Hause geht. Vielleicht drei Minuten hat Charlotte Leims (Name geändert) deshalb mit ihrem Handy aus Marokko nach Deutschland telefoniert. Vergessen wird sie den Anruf so schnell nicht wieder.

Der Ärger beginnt schon einen Tag nach der Rückkehr aus dem Urlaub mit einem weiteren Anruf. Dieses Mal meldet sich Leims Mobilfunkanbieter Talkline und machte sie auf eine ungewöhnlich hohe Rechnung aufmerksam, die in den nächsten Tagen eintrudeln werde. Der Grund: ein angeblich sechs Stunden dauerndes Gespräch von Marokko ins deutsche Festnetz. Kosten: 757,40 Euro.

„Zuerst denkt man natürlich an ein Missverständnis, das sich schnell aufklären wird“, sagt Charlotte Leims. Statt die Rechnung zu bezahlen, legt sie schriftlich Widerspruch beim Mobilfunkanbieter ein mit einer ausführlichen Begründung. Sie benennt darin Zeugen dafür, dass sie ihr Handy nach dem Gespräch mit dem Freund den ganzen Abend nicht mehr benutzt hat. Außerdem fordert sie ein technisches Prüfprotokoll, das die Verbindung nachweisen kann.

„Je mehr belegbare Gründe angeführt werden können, warum die Rechnung so nicht stimmen kann, umso besser stehen die Chancen“, sagt Karin Thomas-Martin, Telekommunikations-Expertin bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Neben der Benennung von Zeugen könnte dies auch ein weiterer Anruf sein, den man selbst oder der Gesprächspartner zum Zeitpunkt der angeblich andauernden Verbindung geführt hat. „Richtig schwierig wird es jedoch, wenn die Rechnung aufgrund von mobilen Datenverbindungen im Ausland in die Höhe geschnellt ist“, sagt die Verbraucherschützerin. Selbst wenn das Smartphone nachts selbstständig Updates durchführt, ist der Nutzer für die Kosten verantwortlich.

Einige Wochen später kommt das Prüfprotokoll. Darin wird über mehrere Seiten aufgelistet, dass zum Zeitpunkt des Sechs-Stunden-Gesprächs keine technische Störung vorlag, die Verbindung richtig abgespeichert und über die SIM-Karten-Nummer eindeutig Charlotte Leims zugeordnet worden sei. Folglich sei der komplette Rechnungsbetrag zu bezahlen. Auch eine Nachfrage unserer Zeitung bringt kein anderes Ergebnis.

„Das Problem mit den Prüfprotokollen ist, dass es keinerlei rechtliche Regelung gibt, wie diese auszusehen haben“, sagt Karin Thomas-Martin. Entsprechend unterschiedlich sei auch deren Beweiskraft. „Es gab schon einige Urteile, bei denen das Protokoll den Richter nicht überzeugt hat.“ Dafür aber müssten die Verbraucher bis vor Gericht gehen – was viele wegen der hohen Kosten im Fall einer Niederlage meiden.

Charlotte Leims wendet sich zunächst an die Schlichtungsstelle der Bundesnetzagentur. „Darauf hat sich Talkline aber nicht eingelassen.“ In diesem Fall ist eine Schlichtung nicht möglich, es bleibt nur noch der Gang zu einem Anwalt. Dieser schreibt erneut an Talkline und bietet einen Vergleich über 250 Euro an. Doch auch darauf lässt sich Talkline nicht ein.

„Das Hauptproblem ist, dass wir nicht nachweisen können, dass Frau Leims das Gespräch wirklich ordnungsgemäß beendet hat“, sagt der Anwalt. Damit die Verbindung über sechs Stunden hätte bestehen bleiben können, hätte allerdings auch der Gesprächspartner nicht richtig auflegen dürfen. Sehr unwahrscheinlich, findet Charlotte Leims. Dennoch zieht sie auf Anraten ihres Anwaltes nicht vor Gericht, sondern zahlt die Rechnung über 757,40 Euro. Plus ein Anwaltshonorar von 126 Euro.

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