In Korntal-Münchingen war tatsächlich ein Wolf unterwegs. Foto: dpa

Der Wolf, der in Korntal-Münchingen entdeckt wurde, ist das erste gesichtete Tier in der Region Stuttgart, wie die Auswertung eines Privatvideos beweist. Bislang scheint der Wolf ungefährlich zu sein.

Korntal-Münchingen - Das Tier, das das Ehepaar M. aus Schwieberdingen im Kreis Ludwigsburg am Samstagabend im Stadtteil Kallenberg von Korntal-Münchingen gefilmt hat, ist ein Wolf. Das bestätigt die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt (FVA) in Freiburg. Damit ist in der Region Stuttgart nachweislich der erste Wolf aufgetaucht. Inzwischen wollen Zeugen auch in Ditzingen und im Stuttgarter Norden einen Wolf gesehen haben.

Die Freiburger Experten prüfen regelmäßig Wolfssichtungen. Jedoch sei Bildmaterial eine „absolute Seltenheit“, hieß es dort. Dank des Videos konnten die Experten das Tier anhand von Merkmalen wie Körperbau, Verhalten oder Gangart als Wolf identifizieren. Sie berieten sich mit Experten aus ganz Deutschland und befragten das Ehepaar M. Zudem war der Wildtierökologe Felix Böcker mit Spürhunden vor Ort, um sich ein Bild von dem Feld in Kallenberg zu machen, auf dem der Wolf minutenlang hin- und hergelaufen ist.

„Ungelenke, tapsige“ Bewegung

Der Wolfsberater Franz-Otto Müller vermutet, dass es sich bei dem Tier um einen „jungen Wanderwolf“ handelt. Dafür sprächen die „ungelenke, tapsige“ Bewegung sowie die Neugier des Tiers. „In der Regel reagiert ein wilder Wolf verhalten. Das Tier im Video erweckt den Eindruck, als wisse es nicht, was es tun soll – auf den Beobachter zugehen oder weglaufen“, sagt Müller. Dieses Verhalten schließe darauf, dass der Wolf Kontakt zu Menschen gehabt hat oder gefüttert wurde. Junge Wölfe, sagt Müller, verlassen im zweiten Lebensjahr ihr Rudel und suchen sich einen Partner, um ein Rudel zu gründen. Bisher kommt der Wolf im Südwesten nur vereinzelt vor.

Die Freiburger Experten untersuchen nun, ob der Wolf für eine gerissene Ziege in Sersheim bei Vaihingen/Enz verantwortlich sein könnte, die am 14. Januar gemeldet wurde. Offen ist, ob es sich bei diesem Wolf um dasselbe Tier handelt, das im Dezember im Nordschwarzwald gesichtet wurde. Klar ist, dass ein Rotwildriss am 13. Dezember bei Forbach im Nordschwarzwald (Landkreis Rastatt) auf das Konto eines Wolfs geht. Die Fachleute der FVA gehen davon aus, dass es sich bei dem Wolf um dasselbe Tier handelt, das im November in Bad Wildbad drei Schafe, Ende November bei Simmersfeld Rotwild und Anfang Dezember bei Bad Rippoldsau-Schapbach Rotwild und vermutlich auch Sikawild gerissen hatte. Auch ein Rehwildriss in Herrenberg-Haslach (Kreis Böblingen) am 4. Dezember ist geklärt. Laut Umweltministerium war es ein Hund.

Wo ist der Wolf jetzt?

Der Wolf von Korntal-Münchingen zeigt laut Umweltministerium „kein ungewöhnliches oder auffälliges Verhalten“. Doch falls ein Wolf sich „tagsüber regelmäßig in menschlichen Siedlungen aufhält oder auffälliges Interesse an Menschen zeigt“, würde das Bundesnaturschutzgesetz geeignete Maßnahmen erlauben – gegebenenfalls bis hin zur Tötung, teilt die Behörde mit. „In einem solchen Fall gäbe es kein Zaudern und kein Zögern“, betont Umweltminister Franz Untersteller.

Wo der Wolf von Korntal-Münchingen sich gerade aufhält, weiß keiner. Wölfe legen laut Experten „enorme Wanderwege“ von bis zu 70 Kilometern pro Nacht zurück.