Vom Ritchie, Schlagzeuger der Toten Hosen, haut bei der inklusiven Backnanger Band The Cool Chickpeas auf die Felle. Foto: Eva Herschmann

Vom Ritchie, der Schlagzeuger der Düsseldorfer Kult-Punkband Die Toten Hosen, ist für einen Workshop mit der inklusiven Band The Cool Chickpeas nach Backnang gekommen. Danach haben sie gemeinsam einen fulminanten Auftritt auf der Rocketse in Jux hingelegt.

Bei The Cool Chickpeas ist am Wochenende der Punk abgegangen. Im wahren Wortsinn. Denn am Schlagzeug der inklusiven Band aus Backnang saß Vom Ritchie, der seit 1998 bei der Düsseldorfer Punk-Kultband Die Toten Hosen auf die Felle haut. Der Profi-Musiker war für einen Workshop und für einen gemeinsamen Auftritt am Pfingstsonntag auf der Rocketse in Jux mit den elf Musikerinnen und Musikern von The Cool Chickpeas gekommen, von denen sieben mit Handicaps durchs Leben gehen.

Wummernde Bässe, dumpfe Schläge, Chorgesang und dazu jede Menge „good Vibrations“. Vom ersten Ton an stimmte die Chemie unter allen Beteiligten. Berührungsängste gab es auf keiner Seite. Die Kichererbsen aus Backnang machten ihrem Namen alle Ehre, und der Stargast grinste breit hinter dem Drumset hervor. Vom Ritchie hatte sichtlich Spaß mit dem lustigen Haufen.

The Cool Chickpeas hat sich aus einer Schulband gegründet

The Cool Chickpeas haben sich vor zehn Jahren aus der Schulband der Bodelschwingh-Schule in Murrhardt gegründet. Seitdem der SWR3 im November 2022 einen Beitrag über die Band ausgestrahlt hat, häufen sich die Konzertanfragen. „Wir spielen im Schnitt pro Monat einen Gig“, sagte Birgit Kneiser, Sie war früher Lehrerin an der Bodelschwingh-Schule und managt jetzt ihre ehemaligen Schülerinnen und Schüler. „Ich nenne mich selbst die Mutti, denn ich bin auch für Pizza zuständig.“ Unterstützt wird sie vom musikalischen Leiter Uli Riedinger, dem technischen Leiter Minz Meyer und der Lehramtsstudentin Ann-Sophie Schaal.

Es gibt rund um die Band einiges zu organisieren. Etwa das jährliche Kochevent „Einhorn meets The Cool Chickpeas“, bei dem die Band mit dem Team des Restaurants Einhorn in Oppenweiler, Gästen aus Gesellschaft und Politik ein Drei-Gänge-Menü serviert. Oder die „MU5IKMAILE“, eine Veranstaltung im City-Parkhaus Windmüller, die im vergangenen Mai zum dritten Mal aufgelegt wurde.

Im November standen die Kichererbsen dann für „Rock meets Classic“ gemeinsam mit dem Pianisten Viktor Soos und der Opernsängerin Elisa Wehrle auf der Bühne des Backnanger Bürgerhauses. „Wir haben nur Songs der Toten Hosen gespielt und hätten uns da schon gewünscht, dass jemand von der Band dabei ist“, sagte Birgit Kneiser, die Vorsitzende des Vereins Via Backnang ist, der Inklusion in verschiedensten Bereichen ermöglichen will. „Und die Chickpeas sind unser Leuchtturmprojekt.“

Vom Ritchie und die Musiker harmonierten schon beim Einspielen im „Wilhelm“, wie die Band ihren Proberaum in einem Firmengebäude in der Wilhelmstraße 35, dem sogenannten Kälble-Areal, nennt, den sie seit eineinhalb Jahren gemietet hat. Der gebürtige Brite, der seit dem Brexit auch einen deutschen Pass besitzt – was er in Lederhosen gefeiert hat –, hat sich als bunter Vogel in dem kunterbunten Haufen sofort willkommen und wohlgefühlt. „Ich wünschte mir, so etwas würde es auch in Düsseldorf geben“, sagte der Drummer mit einem Lächeln.

Auch musikalisch passte Vom Ritchie zur Band. Es war fast so, als habe er schon immer dazugehört. Tatsächlich war Vom Ritchie auch nicht zum ersten Mal in Backnang. „Im Juze, nur ein paar Meter die Wilhelmstraße runter, bin ich vor fast 35 Jahren mit der Band Brotherland aufgetreten“, sagte der 56-Jährige. Und, dass er liebend gerne dort noch einmal spielen würde. Das könnte sogar klappen. „Im Juze gibt es eine Konzertreihe, die heißt ,Rock’n’Roll inklusiv`“, sagte Birgit Kneiser mit einem Augenzwinkern.

Der gemeinsame Auftritt macht Lust auf mehr

Der gemeinsame Auftritt im Rahmen der Rocketse in Jux, bei der die Kichererbsen aus Backnang gern gesehene Gäste sind, hat jedenfalls allen Beteiligten Lust auf mehr gemacht. „Es war spektakulär, das Publikum war absolut geflasht“, sagte Birgit Kneiser. Schon zum fünften Mal ist die inklusive Band mittlerweile bei dem musikalischen Straßenfest rund ums Juxer Rathaus dabeigewesen. „Wir fühlen uns in Jux willkommen, die laden uns immer ganz selbstverständlich ein, und wir hatten jetzt die Gelegenheit, uns dafür zu bedanken, in dem wir ein paar Stars mitgebracht haben“, sagte Birgit Kneiser.

Den Coup mit Vom Ritchie hat Schlagzeugerin Claudia Lippmann vom Rundfunk-Tanzorchester Ehrenfeld eingefädelt. Die Düsseldorferin war Anfang des Jahres für einen Drums- und Percussion-Workshop in Backnang, hatte von der Geschichte mit dem Konzert voller Hosen-Lieder erfahren und ihre Beziehungen spielen lassen. Und Claudia Lippmann stand ebenso wie Elisa Wehrle und Vom Ritchie mit den Chickpeas am Pfingstsonntag in Jux auf der Bühne.

„Unter den Wolken“, „Wannsee“, „Altes Fieber“ und als Zugabe auch noch „Tage wie diese“ und „Hier kommt Alex“ spielte Vom Ritchie mit der Band – und nicht nur die Fans waren begeistert vom nahbaren Künstler, der auch bereitwillig Drumsticks, T-Shirts und Handyhüllen signierte. „Vom Ritchie ist völlig unkompliziert, sehr liebenswürdig, herzlich, wertschätzend jedem gegenüber, und lustig ist er auch“, sagte Birgit Kneiser, in deren Haus in Auenwald am Sonntag die Aftershow stieg – mit einem ausgelassen auf einem Stuhl tanzenden Vom Ritchie.

Vom Ritchie ist jetzt Partner

Vielleicht werde der Tote-Hosen-Schlagzeuger, wie schon Claudia Lippmann und Elisa Wehrle, jetzt auch Partner von The Cool Chickpeas. „An diesem Inklusionsprogramm von Musikern für Musiker beteiligen sich unter anderem auch Fools Garden, die Spider Murphy Gang und Udo Lindenberg“, sagte Birgit Kneiser. Eine solche Partnerschaft sei allerdings nicht mit großen Verpflichtungen verbunden. Sie bedeute eigentlich nur, dass man sich zweimal im Jahr austausche. „Aber zu uns kommen sie alle gerne wieder. Denn: einmal Chickpeas, immer Chickpeas.“

Am Pfingstmontag ging der Workshop mit Vom Ritchie im Wilhelm weiter. Später kamen die Eltern der Bandmitglieder dazu und in den Genuss eines kleinen Konzerts. „Vom Ritchie hat mit getrommelt, auch bei ‚Wahnsinn’ von Wolfgang Petry, und das hat voll gepasst. Das ganze Pfingstwochenende war einfach Wahnsinn“, sagte Kneiser.