Zwei Männer sollen einen am Boden liegenden Mann in Gerlingen brutal verprügelt haben. Foto: dpa

Weil sie einen am Boden liegenden Mann krankenhausreif getreten haben sollen, sind zwei Männer zu mehrjährigen Freiheitsstrafen verurteilt worden. Die Hintergründe des Streits blieben unklar.

Gerlingen - Es hätte ein beschaulicher Sommerabend werden können: In einem Restaurant in der Gerlinger Innenstadt treffen sich Menschen zum Essen, Trinken, zum geselligen Beisammensein. Mit der Ruhe ist es jäh vorbei, als ein Mann einen anderen attackiert, ein Tisch umkippt, Geschirr zerschellt. Am Ende wird ein dritter Mann bis zur Bewusstlosigkeit getreten und überlebt nur knapp. Drei Männer, die an diesem Vorfall im Juli 2015 beteiligt waren, wurden am Mittwoch wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung vom Ludwigsburger Amtsgericht zu Haftstrafen verurteilt.

Der Auslöser des Vorfalls war wohl eine Fehde zwischen mehreren kosovarischen Familien, die schon länger schwelte. Die näheren Hintergründe des Streits aber bleiben vor Gericht ebenso unklar wie der genaue Tathergang. Sicher scheint nur: als ein heute 41-jähriger Ditzinger bei Salat und Bier in besagtem Restaurant sitzt, wird er überraschend von einem 33-Jährigen aus Gerlingen und – nach Ansicht des Gerichts – einem Unbekannten attackiert. Der 41-Jährige und der 33-Jährige kennen sich wohl; einige Monate zuvor waren sie schon einmal in Streit geraten. Auch hier läuft ein Verfahren, Details erfährt man nicht – nur, dass die Nase des 33-Jährigen anschließend gebrochen gewesen sein soll.

„Ich habe Panik bekommen“

Die Angreifer schlagen den 41-Jährigen, werfen einen Tisch nach ihm, zerreißen sein T-Shirt. Dann fliehen sie. So zumindest schildert es die Staatsanwältin; der 33-jährige Angreifer behauptet, allein gewesen zu sein. Nach der Attacke scheint die Situation entschärft zu sein. Dann aber fährt der Onkel eines Angreifers vor. Als das Opfer ihn sieht, zögert es nicht: „Ich habe zugeschlagen, weil ich dachte, der zieht ein Messer.“ Er habe „Panik bekommen“, sagt der 41-Jährige – und „vielleicht überreagiert“. Denn in der Folge, das gibt der Angeklagte von vornherein zu, hat er den Mann mehrfach getreten. Er tritt auch dann noch, als der heute 49-Jährige längst bewusstlos am Boden liegt.

Zeugen schildern vor Gericht martialische Szenen. „Er hat Anlauf genommen und den Kopf getreten wie einen Fußball“, sagt eine Frau, die erste Hilfe geleistet hat. Sie berichtet von Blut, dass bei „jedem Atemzug aus dem Mund spritzte“. Die Tritte brechen dem 49-Jährigen unter anderem das Jochbein und die Kieferhöhle, zweimal muss er operiert werden, noch heute ist er in Rehabilitation. Jeden Tag, sagt er, nehme er Schmerzmittel.

Ob der 41-Jährige, das ursprüngliche Opfer, den Mann alleine malträtiert hat, ob er dabei von seinem 37 Jahre alten ebenfalls anwesenden Schwager unterstützt wurde, oder ob dieser sogar alleine Gewalt anwendete, blieb bis zuletzt unklar. Zeugen haben mal den einen, mal den anderen als Täter benannt. Das Gericht sah sie am Ende beide als schuldig an, auch wenn der 37-Jährige beteuerte, unschuldig zu sein.

Der geständige 41-Jährige wurde vom Ludwigsburger Amtsgericht zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt, sein Schwager erhielt zwei Jahre und sieben Monate – ohne Bewährung. Beide sind vorbestraft, unter anderem wegen Körperverletzung, Nötigung und Beleidigung. Der dritte Angeklagte, der 33 Jahre alte erste Täter an jenem Abend, erhielt zehn Monate Haft auf Bewährung. Die Verteidiger hatten für ihre Mandanten allesamt Freispruch gefordert, weil diese in Wahrheit Opfer seien und in Notwehr gehandelt hätten – oder, im Fall des 37-Jährigen, nichts Unrechtes getan hätten.

Weder die Angeklagten noch der Geschädigte sprachen über die Gründe des Streits. Der 37-Jährige zumindest gab an, sich bedroht gefühlt zu haben – weshalb er immer eine Teleskopstange mit sich geführt habe. Es ging wohl auch um Geldforderungen – um sich „Ruhe zu erkaufen“.