Die mobile Schleifwerkstatt von Romeo Weiß ist in einem Kastenwagen montiert. Foto: Gaby Weiß

In sechster Generation ist Romeo Weiß als fahrender Handwerker mit seinem mobilen Schleifservice in ganz Deutschland unterwegs. Von Freitag an macht er eine Woche Station in Plochingen.

Wer hat sich nicht schon über eine stumpfe Schere geärgert, die keinen Faden mehr abschneidet? Schneidwerkzeuge wieder zu schärfen ist Beruf und Leidenschaft von Romeo Weiß. In der sechsten Generation, seit 37 Jahren, ist der heute 50-Jährige als fahrender Scherenschleifer in ganz Deutschland unterwegs. Die siebte Generation, seine Söhne Sergio und Maurice, ist schon ins Geschäft eingestiegen, und der siebenjährige Enkel möchte später auch Scherenschleifer werden. Vom 21. Oktober an macht die mobile Schleifwerkstatt der Familie Weiß auf dem Plochinger Burgplatz beim alten Hallenbad Station.

Tiefere Schnittwunden müssen genäht werden

Man muss sein Handwerk verstehen, will man Schneidwaren aller Art wieder zu neuer Schärfe verhelfen: Die maßgenaue Arbeit an der Schleifmaschine erfordert Know-how, Materialkenntnis, eine ruhige Hand und Fingerspitzengefühl. Die stumpf gewordenen Klingen werden der Länge nach über die Schleifscheibe bewegt. Da wird geglättet und geschärft, immer wieder überprüft und abschließend poliert. Beim Schärfetest muss die frisch geschliffene Schneide mühelos durch ein Blatt Papier gleiten. Übrigens greift auch ein Profi wie Romeo Weiß, der tagein, tagaus mit rasiermesserscharfen Klingen umgeht, mal daneben und schneidet sich: „Das ist Berufsrisiko. Vor allem beim Wiedereinbauen der Messer in Rasenmäher passiert das, und dann muss die Wunde genäht werden“, zeigt er die Narben an seinen Fingern.

Romeo Weiß hat seine mobile Werkstatt mit Schleif-, Lamellen- und Polierscheiben und einem Notstromaggregat in einem Kastenwagen untergebracht. Seine Vorfahren waren noch mit Pferd und Planwagen unterwegs, sein Vater war in einem Wohnwagen auf Achse: Hinten wurde gearbeitet, vorne wurde gelebt. „Wir waren wie die Kelly-Family immer auf Tour“, erzählt Romeo Weiß, der sich mit Frau und Söhnen in der Nähe des jeweiligen Standplatzes in einer Ferienwohnung einmietet. Weil auch die Kinder von beruflich Reisenden im Wandergewerbe schulpflichtig sind, wurden Sergio, Maurice und ihre Schwester früher an jedem neuen Standplatz in der dortigen Schule angemeldet. Der Unterrichtsbesuch wurde durch Stempel im Schultagebuch dokumentiert.

Die Familie ist praktisch das ganze Jahr über auf Achse

Der Anlernberuf des Scheren- und Messerschleifers, der mittlerweile zu den aussterbenden Tätigkeiten zählt, ging aus dem Handwerk des Waffenschmieds hervor. Romeo Weiß hat mit 13 Jahren die Schule verlassen, um von seinem Vater zu lernen und ihn zu unterstützen. „Reich wird man dabei nicht, aber die Arbeit macht mir große Freude, und ich habe Spaß am Gespräch mit der Kundschaft“, erzählt er. In Süddeutschland galt der Begriff „Scherenschleifer“ lange als Schimpfwort für einen nicht vertrauenswürdigen Taugenichts. „Das hat sich geändert, die Leute schätzen unsere Arbeit. Aber wir sind fahrendes Volk“, sagt Romeo Weiß nicht ohne Stolz. Das ganze Jahr über ist er – von Hamburg bis Bayern, von Berlin bis Freiburg – mit seinem mobilen Schleifservice auf Tour. Sesshaft ist die Familie nur etwa sechs Wochen im Jahr: „Im Dezember sind wir daheim in Neustadt an der Weinstraße. Aber meistens geht es nach Dreikönig schon wieder auf Achse“, sagt er. Und weil ein fahrender Handwerker schlechterdings nicht Mitglied in einer Fußballmannschaft, einem Chor oder einem anderen Verein sein kann, hat er sein Hobby an seinen Beruf angepasst: „Ich repariere und restauriere abends alte Uhren, das ist für mich Entspannung.“

Ob die Steakmesser eines Restaurants, das Profi-Küchenmesser aus Damaszenerstahl, Friseurscheren, Stoffscheren fürs Schneiderhandwerk, Nagelscheren und -zangen oder gar ein Samurai-Schwert – alles hat Romeo Weiß schon auf seiner Schleifmaschine bearbeitet. Aber auch Garten- und Heckenscheren, Häcksler- und Rasenmähermesser, Sägeketten, die Kreuzmesser aus dem Fleischwolf, professionelle Metzger-Kuttermesser oder die Klingen aus Aufschnitt- oder Brotschneidemaschinen bringen ihm seine Kunden vorbei. Die frisch geschliffenen Teile kann man sofort oder spätestens am nächsten Tag wieder mitnehmen.

Messer und Scheren schleifen zu lassen ist auch ein Beitrag zur Nachhaltigkeit, betont Romeo Weiß: „Hier im Schwäbischen sind die Leute mit dem Wegschmeißen nicht so schnell bei der Hand. Die lassen ihre alten Sachen lieber frisch schleifen. Das spart Geld. So ein Schliff bei einem großen Küchenmesser hält zwei Jahre, und Nachschleifen kann man immer wieder.“

Tipps vom Profi, wie Scheren und Messer lange scharf bleiben

Sorgfältig pflegen
Bestecke sollte man nur dann in der Maschine reinigen, wenn sie spülmaschinenfest – nicht nur spülmaschinengeeignet – sind. Küchenmesser und Silberbesteck sollten von Hand gereinigt und nach dem Spülen sofort abgetrocknet werden. Scheren sollte man nur trocken abwischen und die Schrauben von Zeit zu Zeit ölen.

Schärfe erhalten
Mit Messern nicht auf Granit, Stahl, Glas oder Keramik schneiden, sondern eine Holz- oder Kunststoffunterlage verwenden. Die Messerschneiden sollten bei der Aufbewahrung nicht aneinanderstoßen, sind also in einem Messerblock oder in einer Schublade mit verschiedenen Fächern gut und sicher aufgehoben.

Mobile Schleiferei
Von Freitag, 21. Oktober, bis Freitag, 28. Oktober, ist die mobile Scherenschleiferei von Romeo Weiß und seinen Söhnen in Plochingen am Burgplatz beim alten Hallenbad vor Ort: täglich von 11 bis 17 Uhr, samstags von 11 bis 15 Uhr. Wer die Wartezeit kurz halten möchte, meldet sich unter Telefon 0176 / 77 34 10 01 an.