Im Jahr 2017 waren in Baden-Württemberg 3450 Abschiebungen erfolgreich. Foto: dpa-Zentralbild

Mehr als die Hälfte aller Abschiebungen von abgelehnten Asylbewerbern im Südwesten scheitert – auch wegen kurzfristig eingereichter ärztlicher Atteste. Doch wie seriös sind die?

Stuttgart - Weil ein an Abschiebungen beteiligter Mediziner einigen Ärzten und Psychologen vorgeworfen hat, gezielt falsche Atteste auszustellen, hat die AfD im baden-württembergischen Landtag jetzt mehrere Strafanzeigen gestellt. Diese richten sich zum einen gegen den Karlsruher „Verein zur Unterstützung traumatisierter Migranten“ wegen des Verdachts auf Ausstellen unrichtiger Gesundheitszeugnisse und zum anderen gegen Unbekannt im Regierungspräsidium (RP) Karlsruhe wegen des Verdachts auf Strafvereitelung im Amt.

„Wir argwöhnen, dass diese Straftaten vielen Entscheidungsträgern der zentralen Abschiebebehörde über Jahre bekannt waren, ihnen aber aus politischen Gründen nicht nachgegangen wurde oder werden durfte“, sagte der AfD-Abgeordnete Daniel Rottmann.

Mediziner erhebt schwere Vorwürfe

Der Mediziner Richard Barabasch, der Abschiebungen ärztlich begleitet, hatte Kollegen vorgeworfen, Scheinatteste auszustellen – aus Mitleid oder politischer Motivation. In vier von fünf Fällen werde betrogen, sagte Barabasch den „Badischen Neuesten Nachrichten“.

Eine Sprecherin des RP Karlsruhe sagte, man könne die Zahlen nicht bestätigen. Ein Sprecher des Innenministeriums – die Aufsichtsbehörde für das RP Karlsruhe – teilte mit, die Vorwürfe gegen das Regierungspräsidium seien „an den Haaren herbeigezogen“. Die allgemeine Überwachung ärztlichen Handelns und die Dokumentation eventueller Gefälligkeitsgutachten gehöre nicht zu dessen Aufgaben.

Nur 3450 von 7630 Abschiebungen erfolgreich

Der Vorstandschef des von den Vorwürfen betroffenen Vereins, Joachim Aspacher, war auf Anfrage unserer Zeitung nicht zu erreichen.

Laut Ministerium hatte das Land 2017 versucht, 7630 Menschen abzuschieben. Jedoch war es nur in 3450 Fällen erfolgreich. In 4180 Fällen klappte es nicht – meist, weil die Ausreisepflichtigen untertauchten oder ein ärztliches Attest vorlegten, so dass eine Rückreise unmöglich war.