Das Internationale Stadtbauatelier soll eine Art „Wohnzimmer für den Westen“ gestalten. Manchen Bürgern und Bezirksbeiräten dauert der ganze Prozess inzwischen aber schon viel zu lange.
S-West - Man freue sich ja immer, wenn er zu Besuch in den Bezirksbeirat komme, sagte Roland Stricker (CDU) zu Martin Holch vom Amt für Stadtplanung und Stadterneuerung. „Dann wissen wir nämlich: es geht voran.“ Konkret ging es um den Bismarckplatz. Der soll ja umgebaut werden – in eine Art „Wohnzimmer für den Westen“.
Doch warum dauert das so lange? Das fragte Martin Holch im Bezirksbeirat West nicht nur selbst in die Runde, auch viele Bürger sind ungeduldig. „Wir haben sehr lange mit dem Planungsbüro verhandelt“, sagte Holch und fügte hinzu: „Das tut mir auch sehr leid.“ Tatsächlich werde aus seiner Sicht das Vergaberecht an Büros immer komplizierter. Aber: „Wir sprechen heute nicht über Inhalte der Planung, sondern wollen diese endlich abschließen.“
Die Verwaltung soll das Siegerbüro des Planungswettbewerbs, das Internationale Stadtbauatelier (ISA) aus Stuttgart, mit dem Entwurf für die Umgestaltung des Bismarckplatzes beauftragen. Ende September wird der Ausschuss für Umwelt und Technik darüber final entscheiden. Die Lokalpolitiker im Westen begrüßten das.
Der Bismarckplatz soll nach der Umgestaltung ein richtiger Platz sein
Der Bismarckplatz hat wie so viele andere Orte in Stuttgart ein Problem: Er trägt zwar das Wort Platz im Namen, hat ihn aber halt doch nicht so recht verdient – auch weil er von der Schwabstraße durchtrennt wird. Viele Bürger und Bezirksbeiräte wünschen sich das seit einigen Jahren längst anders. Das Gebiet ist seit 2013 als Sanierungsgebiet ausgewiesen, von 2014 bis 2015 gab es ein umfangreiches Bürgerbeteiligungsverfahren.
Mehrere Dutzend Vorschläge gab es von Nachbarn und anderen Westbewohnern für die Umgestaltung des Platzes. Natürlich mit völlig konträren Wünschen: Die einen Anwohner wollten lieber ihre Ruhe, während andere sich da einen lebhaften Platz für Nachbarschaftstreffen vorstellen. Die einen wollen grün, die anderen wollen Spielflächen, Urban Gardening, Gastro und allerlei anderes. Das Internationale Stadtbauatelier ging deshalb unter den acht Wettbewerbern als Sieger hervor, weil es „alle diese Zielkonflikte am besten verarbeitet hatte“, sagte Martin Holch. Etwa 4,5 Millionen Euro wird das gesamte Projekt wohl voraussichtlich kosten; zwei Millionen können über das Sanierungsprogramm von Bund und Land finanziert werden.
So planen die Architekten vom ISA tatsächlich aus dem Platz zu machen, der den Namen mehr verdient – die Schwabstraße soll dazu wohl verengt, die Elisabethenkirche am Ende das Herz dieses Platzes werden. Mit einer großzügigen Freitreppe wollen die Architekten das Hauptgebäude stärker betonen. Damit schaffen sie nicht nur Sitzgelegenheiten mit Blick auf den Platz, sondern gleichen damit auch das um bis zu sechs Meter abschüssige Gelände aus.
Allzu viel „Remmidemmi“ wünschen sich die Anwohner auch nicht
Zusätzlich hat das ISA in den Randbereichen entlang der Elisabethen- und der Vogelsangstraße grüne Flächen vorgesehen. Sonnenbaden, picknicken, gärtnern oder spielen sei da ausdrücklich erwünscht, hatte Architekt Philipp Dechow bei der Vorstellung der Pläne im vergangenen Jahr betont. Allerdings gibt es bei einigen Anwohnern die Befürchtung, dass es nach der Umgestaltung auf dem Platz allzu viel „Remmidemmi“ gebe.
Das geplante Café sehen auch einige kritisch. Rund um den Bismarckplatz haben sich viele Gastronomen angesiedelt – was den Platz an lauen Sommerabenden an sich schon sehr belebt. Mit dem Italiener Piloni, der Metzgerei, dem Eiscafé La Fragola und dem Griechen Achillion herrscht dort auch bereits eine große Vielfalt. So wies ein Bürger im Bezirksbeirat darauf hin, dass man mit dem La Fragola ja ein Café für die Westler habe: „Dort wird gestritten, geweint und diskutiert. Dort trifft sich die Nachbarschaft. Das ist schon ‚unser‘ Café.“