Ulrike Beck hat als Medium den Kalk entdeckt. Foto: privat

Die Künstlerin Ulrike Beck arbeitet am Stöckach. Sie setzt sich auch für eine Verschönerung des Platzes ein.

S-Ost - Bürgerbeteiligung ist für Ulrike Beck schon immer eine Selbstverständlichkeit gewesen, besonders, wenn es um wichtige Projekte der Stadtplanung und –entwicklung geht. Die Künstlerin ist in einem Architektenhaushalt aufgewachsen, hat sich deshalb viel mit den Themen Architektur und Stadtplanung beschäftigt. Im Stuttgarter Rathaus hat sie sich aus Interesse viele Vorträge von Stadtplanern aus dem Ausland angehört. Ein Schlüsselerlebnis war für sie, als dort Architekten aus Mexiko erzählten, wie sie sich für mehr Bürgerbeteiligung bei Großprojekten einsetzen wollen. „Da wurde mir bewusst, wie wenig selbstverständlich ein Mitspracherecht der Bürger auch hier ist“, erinnert sich Ulrike Beck, die heute als Künstlerin ein eigenes Atelier am Stöckach hat.

Beruflich hatte die Mutter von zwei Kindern zunächst nicht viel mit Stadtplanung zu tun. Die Kunst war schon immer eine Leidenschaft von ihr, doch zunächst entschied sich die gebürtige Stuttgarterin für eine Ausbildung zur Erzieherin. Bei der Stadt Stuttgart war sie anfangs im Bereich Spiel- und Kulturanimation beschäftigt. „Die Aufgabe war, Spielflächen in der Stadt zu erschließen“, erzählt Ulrike Beck. Über das Projekt des Stuttgarter Jugendhausvereins war sie in den 1990er Jahren in ganz Stuttgart unterwegs, im Spielplatzausschuss war sie mit den anderen Projektmitgliedern aktiv. „Da bin ich zum ersten Mal selbst im Bereich Bürgerbeteiligung tätig gewesen“, sagt Beck.

Im Fernstudium Geschichte studiert

Doch bevor sie ihr Interesse an der Verschönerung des Stöckachplatzes fand, widmete Ulrike Beck sich zunächst ihrer ursprünglichen Leidenschaft, der Kunst. Mit 39 Jahren begann sie ein Studium an der Freien Kunstschule Nürtingen, absolvierte ein Fernstudium der Kunstgeschichte an der Universität Tübingen. Im Rahmen ihrer Studien entwickelte sie ihre eigene Richtung. Kunst im öffentlichen Raum weckte ihr Interesse. Gemeinsam mit einem Stuttgarter Architekten schuf sie ein Mosaik auf dem Marktplatz vor dem Rathaus. „Damit wollten wir gegen die Betonwüste in der Stadt demonstrieren“, sagt Beck. Das Motiv war eine Sonnenblume. Ohne zu fragen, hat die Künstlerin damals das Mosaik verlegt. „Der Oberbürgermeister sollte es sehen, wenn er aus dem Fenster seines Büros schaut“, sagt Beck. Das waren ihre ersten Schritte in Richtung Bürgerbeteiligung.

Seit vier Jahren hat die Künstlerin ihr Atelier in der Stöckachstraße im Stuttgarter Osten, der Stöckachplatz ist ihr kreatives Zuhause, obwohl sie im Stuttgarter Westen lebt. Mit dem Platz ist Ulrike Beck aber gar nicht zufrieden. Als sie von der Initiative Stöckach-Treff hörte, schloss sie sich an. Seit mehr als einem Jahr setzt sie sich nun gemeinsam mit den anderen Mitgliedern dafür ein, dass der Stadtteil Stöckach von der Stadt zum Sanierungsgebiet erklärt wird.

Kalk ist ein Teil ihres Lebens

Als sie einen Lehrauftrag an der Fachhochschule Nürtingen erhielt – die künstlerische Beratung für ein Studentenprojekt, das sich mit der Verschönerung des Stöckachplatzes auseinandersetzt – erinnerte sie sich an den Vortrag des mexikanischen Architekten im Rathaus. „Davon habe ich mich inspirieren lassen“, sagt sie. Die beteiligte Professorin Cornelia Bott dachte ähnlich. Die Studenten sollten nicht nur selbst Konzepte entwerfen, sondern die Wünsche und Anregungen der Bürger und Anwohner einbeziehen. „Am Ende war der Aspekt der Bürgerbeteiligung der dominante Faktor im Projekt“, sagt Beck.

Mit dem öffentlichen Raum wird sie sich immer beschäftigen. „Es ist immer etwas zu tun“, sagt Beck. Auch mit ihren eigenen Arbeiten möchte sie mehr im öffentlichen Raum auftreten. In ihrem Atelier arbeitet die Künstlerin in erster Linie mit Kalk. Ihre „portablen Fresken“, wie sie ihre Werke nennt, hat sie sich patentieren lassen. Damit habe sie nicht verhindern wollen, dass jemand die Fresken nachmacht. „So bin ich nicht“, sagt die Künstlerin. Es war eher umgekehrt: „Ich hatte Angst, dass es mir sonst jemand verbieten könnte.“

Der Kalk ist ein Teil ihres Lebens geworden. „Das hat mich nicht mehr losgelassen“, sagt Beck. Der Reiz besteht für sie darin, das alte Malmittel zeitgenössisch einzusetzen. Vor einem Jahr hatte sie im Rahmen der langen Nacht der Museen ihre erste Ausstellung mit ihren Fresken.

Aus ihrer Sicht ist der Kalk ein interessantes Material auch im öffentlichen Raum. Denn Fresken binden im Trocknungsprozess CO2. Das würde sich gut mit ihrem Ziel, den Stöckachplatz schöner und sauberer zu machen, ergänzen. Denn die Neckarstraße gilt in Stuttgart als die Straße mit der schlechtesten Luft. „Am liebsten würde ich hier alles einkalken, dann hätten wir saubere Luft“, sagt die Künstlerin.