„Chinese Cocain“ heißt die Nashorn-Installation von Lina Baltruweit (links), die auf die Ausrottung der Tiere in Asien anspielt. Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Zum Ende des Sommersemesters stellen die Studenten der Staatlichen Akademie der bildenden Künste ihre Werke der Öffentlichkeit vor. So auch an diesem Wochenende, momentan laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren.

Stuttgart - In den Gängen der staatlichen Akademie der bildenden Künste am Killesberg ist nur ein leises Raunen aus den zahllosen angrenzenden Zimmern zu hören. Vereinzelt laufen Personen hektisch vorbei, tragen Flyer, Werkzeug oder Holzkeile. Die gedämpften Laute lassen erahnen, wie konzentriert sich die rund 900 Studenten auf ihre Abschlusspräsentation, den alljährlichen Rundgang, vorbereiten. Drei Tage lang werden die Projekte aus den 23 Studiengängen präsentiert. Jene Kunstwerke und Objekte, an denen die Studenten während des Semesters gearbeitet haben, werden an diesem Wochenende zum ersten Mal den Besuchern gezeigt. So auch im Altbau der Akademie, wo die jungen Künstler aus dem Studiengang Bühnen – und Kostümbild zwei miteinander verbundene Räume zu ihrer eigenen Bühne gemacht haben.

Betritt man den Raum, werden alle Sinne plötzlich neu angesprochen. Die hohen Fenster sind abgedunkelt, nur ein schwaches violettes Licht weist den Weg über Trampelpfade durch den Raum, dessen Boden mit Erde bedeckt ist. Die Musik im Hintergrund läuft quälend langsam. So werden auch die eigenen Schritte unwillkürlich langsamer. Bückt man sich, erkennt man die junge Kresse, die im ganzen Raum abseits der Wege sprießt. Man befindet sich in einer Art Gewächshaus, seltsam weltfremd kommt man sich vor. Klein und zerbrechlich solle man sich fühlen, wie die junge Kresse, sagt die Studentin Claudia Frank nachdenklich. Die umstehenden Studenten nicken ruhig und zustimmend.

Das Nashorn-Modell wiegt 400 Kilogramm

Verlässt man den Altbau wieder, stößt man rechter Hand auf ein halbes Nashorn. Auf der Wiese neben dem Altbau versuchen gerade fünf Studenten, ein Modell des bulligen Säugetiers mit einer hydraulischen Vorrichtung in kleine, für die Nashornfüße ausgehobene Mulden zu setzen. Sie stehen barfuß im Gras und zerren am Kopf des Modells, dessen Außenhaut komplett aus den Scherben zersplitterter Tontauben besteht. Die noch getrennten Hälften des Modells wiegen zusammen etwa 400 Kilogramm. Lina Baltruweit steckt in einem etwas zu großen schwarzen T-Shirt, als sie versucht ihr Kunstwerk von der Kranvorrichtung zu lösen und abzustützen. Dem lebensgroßen Breitmaulnashorn selbst hat sie keinen Namen gegeben, das gesamte Kunstwerk nennt sie „Chinese Cocain“. Breitmaulnashörner sind nahezu ausgerottet. Mit ernster Miene erklärt sie die Idee hinter ihrem Werk: „Vor allem in Asien wird die aus dem Horn gewonnene Substanz als Potenzmittel verkauft. Die zersplitterten Tontauben symbolisieren die Schüsse der Wilderer.“

Neben Skulpturen werden auch zahlreiche Bilder beim Rundgang zu sehen sein. Für diese Kunstwerke, die in den Gängen hängen sollen, hat die Akademie etwas ganz Besonderes geplant. Weil die Brandschutzverordnung einen Großteil der Flure als Ausstellungsfläche zunichte macht und hier nichts Brennbares, in diesem Fall Gemälde, hängen dürfen, greifen die jungen Künstler zu einem Trick: Eine Fototapete ist nun mal kein Gemälde.

Der Rundgang wird an diesem Freitag, 19. Juli, um 18 Uhr eröffnet. Am Samstag und Sonntag ist die Studenten-Schau jeweils von 12 bis 20 Uhr geöffnet.