Innenministerin Nancy Faeser stellte das Gesetz am Mittwoch in Berlin vor. Foto: AFP/MICHELE TANTUSSI

Die Bundesregierung will den Abschiebegewahrsam verlängern und Polizisten mehr Befugnisse geben. Weitere Verschärfungen in der Migrationspolitik dürften schon bald folgen.

Die Worte des Kanzlers waren klar. „Wir müssen endlich im großen Stil diejenigen abschieben, die kein Recht haben, in Deutschland zu bleiben“, sagte Olaf Scholz (SPD) dem „Spiegel“. Seit Monaten arbeitet die Koalition an einem Gesetz, um Rückführungen zu beschleunigen, am Mittwoch hat die Bundesregierung den entsprechenden Entwurf verabschiedet. Wie geht es weiter?

Was soll das Gesetz bewirken?

Bundesinnenminister Nancy Faeser (SPD) formulierte es nach der Kabinettssitzung so: „Wir sorgen dafür, dass Menschen ohne Bleiberecht unser Land schneller verlassen.“ Mit dem Gesetz soll etwa die Höchstdauer des Ausreisegewahrsams von derzeit zehn auf 28 Tage verlängert werden. Das soll Behörden mehr Zeit zur Vorbereitung der Abschiebung geben. Wenn unklar ist, welche Staatsangehörigkeit eine abzuschiebende Person hat, sollen Wohnungen nach Datenträgern und Unterlagen durchsucht werden dürfen, um dies zu klären. Bisher dürfen Polizisten etwa in Gemeinschaftsunterkünften nur das Zimmer der abzuschiebenden Person betreten. Hält diese sich in einem Nebenzimmer auf, ist Beamten dort der Zutritt verboten. Das soll geändert werden. Eine weitere Maßnahme ist, dass Mitglieder krimineller Vereinigungen einfacher abgeschoben werden dürfen. Das sei auch ein Schritt gegen die organisierte Kriminalität, sagte Faeser.

Wird das Gesetz dazu führen, dass die Zahl der Migranten in Deutschland deutlich sinkt?

Das glauben wenige. Faeser verwies darauf, dass es in diesem Jahr 27 Prozent mehr Rückführungen gebe als im Vorjahreszeitraum. In absoluten Zahlen waren es zwischen Januar und Juni insgesamt 7861 Abschiebungen aus Deutschland. Ein paar Zahlen zum Vergleich: Zwischen Januar und September wurden hierzulande 251 213 Asylanträge gestellt. Ferner sind rund 280 000 Menschen, die sich in Deutschland befinden, ausreisepflichtig. Die meisten von ihnen, rund 225 000, haben aber eine sogenannte Duldung und können nicht abgeschoben werden. Gründe für eine Duldung sind Krankheiten oder dass ihre Reisedokumente fehlen. Um Herkunftsländer dazu zu bewegen, ihre Staatsbürger zurückzunehmen, verwies Faeser darauf, dass man Migrationsabkommen mit diesen Ländern schließen wolle.

Was bedeutet das Gesetz für einen möglichen „Deutschlandpakt“ mit der Union?

CDU und CSU begrüßen das Gesetzespaket zwar, fordern aber weitergehende Schritte. In einem Beschluss vom Mittwoch forderte das CDU-Präsidium Kanzler Scholz auf, in „ernsthafte Gespräche“ mit der Union im Bundestag über eine Begrenzung der Zuwanderung einzutreten. Das Land habe keine Zeit zu verlieren. Die Zahlen müssten runter. Die Union sei zu einem Deutschlandpakt Migration bereit, mit dem die illegale Migration „wirksam, zügig und nachhaltig“ beendet werden könne. Scholz hatte dem CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz einen Brief geschrieben und eine Zusammenarbeit bei der Migrationspolitik angeboten.

Wie geht es weiter?

Als nächstes wird der Bundestag über Faesers Rückführungsgesetz beraten. Zwar haben auch die Grünen Minister im Kabinett zugestimmt, doch Abgeordnete der Koalition kritisieren das Vorhaben. Filiz Polat von den Grünen sprach von „unverhältnismäßigen Eingriffe in die Grundrechte auf Freiheit, auf Unverletzlichkeit der Wohnung und auf Privatsphäre der Betroffenen“. Dass das Gesetz gestoppt wird, ist allerdings nicht zu erwarten. Weitere Maßnahmen im Zusammenhang mit der Migrationspolitik dürften bei der Ministerpräsidentenkonferenz gemeinsam mit Kanzler Scholz am 6. November besprochen werden. Die Länder fordern mehr Geld von der Bundesregierung für die Betreuung und Versorgung der Flüchtlinge. Zahlreiche Länder sprechen sich zudem dafür aus, Flüchtlingen kein Bargeld mehr auszuzahlen. Stattdessen sollen sie sich künftig mit speziellen Bezahlkarten mit Waren des täglichen Bedarfs versorgen. Das soll es für Migranten weniger attraktiv machen, nach Deutschland zu kommen, so die Hoffnung.