Im Erdreich des Baugeländes gibt es alte Stollen, die verfüllt werden müssen. Foto: Bernd Zeyer

Anwohner befürchten, dass ihre Grundstücke zu stark verschattet werden und dass die Kaltluftschneise unter dem Bauvorhaben leidet.

Burgholzhof/Zuffenhausen - Eigentlich hätte im Gemeinderat am 21. März ein weiteres Mal über das Bauvorhaben auf dem ehemaligen US-Gelände Roter Stich diskutiert werden sollen. Laut Aussage der Verwaltung ist die Verabschiedung des Bebauungsplanes aber auf den Zeitraum nach Ostern verschoben worden. Vielen Anwohnern wird das recht sein. Nach wie vor haben sie Vorbehalte gegen das SWSG-Projekt.

„OB Kuhn soll sein Wahlversprechen einhalten“

Am 4. Januar, also drei Tage vor dem offiziellen Amtsantritt von Fritz Kuhn, hat Hermann Georg Braun einen Brief an das neue Stuttgarter Stadtoberhaupt geschrieben. Darin erinnert er Kuhn an sein Wahlversprechen, keinen der 23 Stadtbezirke zu vergessen und besonders belastete Stadtteile zu entlasten – wie zum Beispiel Zuffenhausen. Sollte der Bebauungsplan für das Gelände Roter Stich „durchgepaukt“ werden, wie Braun es formuliert, dann würde eher das Gegenteil eintreten und eine für den Bezirk wichtige Frischluftschneise in Mitleidenschaft gezogen. Als Anwohner der Mönchsbergstraße wäre er davon direkt betroffen. Die Auswirkung der Bebauung auf die Luftzufuhr, das fordert Braun vehement, müsse durch eine mikroskalische Berechnung untersucht werden. Nur so könnte detailliert simuliert werden, wie sich die Bebauung auf die Luftströme auswirke. Dieser Meinung schließen sich Anwohner aus dem Areal Im Raiser an. Sie haben noch einen weiteren Vorbehalt: die ihrer Ansicht nach zu erwartende Beschattung. Zwar sei ein neues Gutachten erstellt worden, die dort errechneten Werte seien aber rein theoretischer Natur und bezögen sich nur auf einen einzigen Tag im Jahr. „Es gibt keine saubere Argumentation“, sagt Stephan Wohlfahrt. Grundsätzlich wäre man nicht gegen eine Bebauung. Allerdings müsste ein für alle Beteiligten akzeptabler Kompromiss gefunden werden.

Alte Stollen müssen verfüllt werden

Seit einigen Tagen treibt die Anwohner noch eine weitere Sorge um. Auf dem Baugelände, so Markus Fridrich, wären unterirdische Bunker entdeckt worden. „Die werden einfach verfüllt, nichts wird entsorgt“, kritisiert er. Die Stadt, so sein Vorwurf, habe das Gelände nicht ausreichend geprüft. „Wer trägt die Kosten für die Verfüllung?“, will Fridrich wissen.

„Die Kosten für die Baugrundverdichtung übernimmt die SWSG als Eigentümerin des Grundstücks“, heißt es in einer Mitteilung der Städtebaugesellschaft. Bis Ende des Monats soll die Verfüllung erledigt sein; Auswirkungen auf den Zeitrahmen des Projektes habe sie nicht. Die SWSG ist bereits im Juni 2010 auf das Tunnelsystem aufmerksam geworden. Schadstoffe gebe es dort keine; deshalb könnten die Stollen verfüllt werden. Seit Januar sei eine Fachfirma damit beschäftigt, alle drei Meter ein Loch zu bohren, durch das Zementschlamm in die Hohlräume gepresst werden könne.

Anwohner fordern mikroskalische Berechnung

Eine von den Anwohnern geforderte mikroskalische Berechnung plant die Stadt nach wie vor nicht. Daraus, so heißt es aus dem Amt für Umweltschutz, verspreche man sich keinen Erkenntnisgewinn. Grundsätzlich wisse man alles, was man wissen müsse. Die aktuelle Planung sei ein Kompromiss, bei dem die Stadt Rücksicht auf die Funktion des Areals als Kaltluftschneise genommen habe. Deshalb werde auch eine große Grünfläche nicht bebaut. Grundlage für die Berechnungen sind nach Angaben des Umweltamtes Infrarotaufnahmen und eine mesoskalische Untersuchung. Letztere, das räumt man dort ein, wäre weniger detailliert als eine mikroskalische Berechnung. Was die Verschattung angehe, wären einige Details erneut überarbeitet und geändert worden. Am jetzigen Stand seien nach momentaner Kenntnis keine Veränderungen mehr geplant.