Bei Wildunfällen sollen Jäger jetzt schneller alarmiert werden. Foto: dpa

Die Daten der Jäger werden in das Einsatzleitsystem der Ordnungshüter aufgenommen, um bei Wildunfällen schneller die richtigen Ansprechpartner zu finden. Das ist bisher einzigartig im Land.

Rems-Murr-Kreis - Der Autofahrer hat den kapitalen Rehbock erst gesehen, als es zu spät war. Urplötzlich war das Tier aus dem Dunkel auf die Landstraße gesprungen. Jetzt liegt es röchelnd vor dem Fahrzeug. Der Autofahrer verhält sich vorbildlich: Er sichert die Unfallstelle ab und verständigt die Polizei. Zwei Beamte sind auch rasch vor Ort – doch die Suche nach dem für das Revier zuständigen Jagdpächter, der sich um das Wild kümmern muss, gestaltet sich schwierig. Unter der Telefonnummer, die in der Zentrale der Ordnungshüter hinterlegt ist, meldet sich niemand. Die Beamten der Polizeistreife werden unterdessen an anderer Stelle benötigt, können den Unfallort aber nicht verlassen, bevor sich jemand des angefahrenen Tiers annimmt – das unterdessen Qualen leidet.

Schwierigkeiten durch veraltete Listen

Szenen wie diese, die sich öfter ereignen, weil die Polizei nach Wildunfällen wegen veralteter Listen oder Bereichskarten zum Teil erhebliche Schwierigkeiten hat, einen zuständigen Jäger zu erreichen, sollen künftig zumindest im Bereich des Rems-Murr-Kreises der Vergangenheit angehören. In Zusammenarbeit mit dem Waiblinger Landratsamt habe das Polizeipräsidium in Aalen für dieses Problem jetzt eine neue, EDV-gestützte Lösung gefunden, heißt es in einer Mitteilung der Landkreisverwaltung.

So habe die Behörde für das gesamte Kreisgebiet sowohl eine grafische Abgrenzung der sogenannten Jagdbögen als auch Informationen über die Pächter und die zu benachrichtigenden Personen in seinem zentralen Geo-Informationssystem erfasst und die Daten in das Einsatzleitsystem der Polizei übertragen. Mitarbeiter der Notrufzentrale könnten bei einem Wildunfall nun auf der Basis von digitalen Karten die nötigen Informationen zu den jeweiligen Jagdpächtern einsehen und den Beamten vor Ort übermitteln. Ein laut der Kreisbehörde bisher landesweit einzigartiges Vorgehen.

Die neu aufgebaute Alarmierungskette soll den Ordnungshütern helfen, Wildunfälle effizienter abzuarbeiten. Schließlich muss die Polizeistreife, die einen Wildunfall aufnimmt, bis zum Eintreffen des Jagdpächters an der Unfallstelle bleiben, um die Straße zu sperren oder den Verkehr umzuleiten oder zu verhindern, dass ein Autofahrer das Tier einfach mitnimmt. Fallen in dieser Zeit andere Aufträge an, müssen diese in der Regel durch Kollegen anderer Reviere erledigt oder nach hinten gestellt werden. Auch die Jagdpächter haben durchaus ein Interesse an einer schnelleren Alarmierung, schließlich ermöglicht ihnen diese unter Umständen, getötetes Wild noch zu verwerten.

Landrat: Digitaler zu werden ist ein zentrales Ziel

Für den Rems-Murr-Landrat Richard Sigel ist die Realisierung des Projekts ein Beispiel dafür, wie sich seine Behörde künftig aufstellen will: „Die Digitalisierung von Prozessen in der Verwaltungslandschaft spielt für mich eine wesentliche Rolle“, sagt er, „digitaler zu werden ist ein zentrales Ziel.“ Nicht nur die Zusammenarbeit mit der Polizei könne durch den Einsatz der Technik beschleunigt und vereinfacht werden. Das Projekt zeige auch die Möglichkeit auf, „mit einer kreisweiten, interkommunalen Zusammenarbeit Synergien herauszuarbeiten und ein effizientes, modernes Verwaltungshandeln zu praktizieren“, sagte der Landrat.

Dem Rehbock aus dem fiktiven Eingangsbeispiel hätte die rasche Alarmierung vermutlich nicht das Leben gerettet. Aber sie hätte ihm möglicherweise zumindest die Qualen verkürzt.

Informationen per Mausklick

Jagdbögen
Jagdbereichskarten werden in der Regel für das Gebiet einer Gemeinde erstellt. In diesen Karten wird die Abgrenzung der einzelnen Jagdpachten in sogenannte Jagdbögen eingezeichnet. Im Rems-Murr-Kreis sind etwa 350 Pächter registriert. Bisher hat die Polizei aus Kopien dieser Karten abgeleitet, welcher Jagdpächter wo zuständig ist. In Grenzfällen war dies bisweilen nur sehr schwer erkennbar.

Geoinformationssystem
Das Landratsamt kann digitale topografische Karten des Landesamts für Geoinformation und Landesentwicklung in seinem Geoinformationssystem mit eigenen Informationen anreichern, die dann per Mausklick in einem separaten Fenster aufpoppen. Das Einsatzleitsystem der Polizei sieht ähnlich aus und funktioniert auch ähnlich.