In dem Umfragen liegt ihr FN vorn: Marine Le Pen. Foto: dpa

Drei Wochen nach den Terroranschlägen von Paris finden in Frankreich Regionalwahlen statt. Die rechtsextremen Front National steht vor einem neuen Erfolg. Doch auch Präsident Hollande verspürt Rückenwind.

Paris - Eine Wahlempfehlung abzugeben, ist für die französische Regionalpresse eigentlich unüblich. Die Zeitungen in der Region Nord-Pas-de-Calais-Picardie brechen nun mit dieser Regel. So titelte „La Voix du Nord“ („Die Stimme des Nordens“): „Warum ein Sieg des Front National (FN) uns beunruhigt“.

Per Doppelseite wurden wirtschaftliche, soziale und kulturelle Pläne des FN kritisiert. „Die Positionen der Partei sind konträr zu den Werten der Zeitung“, begründete Blattchef Jacques Hardoin in der überregionalen „Le Monde“. Er verwies dabei auch auf den Ursprung seiner Zeitung in der Résistance – also im Widerstand gegen die deutsche Besatzung im Zweiten Weltkrieg. Die Kollegen des „Courrier picard“ zogen nach mit einer Titelgeschichte über „Das wahre Gesicht des FN in der Region“.

Offenbar wollen die beiden Zeitungen verhindern, dass ihre Region künftig statt von den Sozialisten von der extremen Rechten regiert wird. Die Wahrscheinlichkeit ist allerdings hoch, dass der FN bei der ersten Runde der Regionalwahlen am Sonntag triumphiert. Der wirtschaftsschwache Nordosten Frankreichs gehört zu den traditionellen Hochburgen von Marine Le Pen, die dort als Spitzenkandidatin antritt.

Ein wichtiger Stimmungstest

Gut stehen die Chancen für ihren FN aber auch im südfranzösischen Paca (Provence-Alpes-Côte d’Azur), wo ihre Nichte Marion Maréchal-Le Pen kandidiert. Sie ist zwar erst 25, aber sie hat schon eine beachtliche politische Strahlkraft. Wie ihr Großvater, Parteigründer Jean-Marie Le Pen, vertritt sie einen stramm rechtsnationalen Kurs. Auch in Bourgogne-Franche-Comté sowie in Elsass-Champagne-Ardenne-Lothringen ist der FN auf dem Vormarsch. Diese Region könnte den konservativen Republikanern von Nicolas Sarkozy verloren gehen.

Den regierenden Sozialisten, die schon im März eine Mehrheit der Départements verloren haben, drohen erneut Verluste. Regierten sie bis jetzt alle Regionen außer dem Elsass und Korsika, kann sie künftig vielleicht nur noch den Westen des Landes von der Bretagne bis zu den Pyrenäen halten.

Die Regionalwahlen am 6. und am 13. Dezember gelten als wichtiger Stimmungstest, da es sich um den letzten Urnengang vor der Präsidentschaftswahl 2017 handelt. Nach derzeitigen Umfragen liegt der FN mit bis zu 30 Prozent knapp vor den Republikanern und den Sozialisten.

Mit Blick auf schwache Sozialisten und drohende FN-Erfolge brachte Premierminister Manuel Valls schon Kooperationen von Bürgerlichen und Linken ins Spiel. Gegen Vertreter von Rechts oder Links haben FN-Kandidaten im Alleingang kaum Chancen. Sarkozy will allerdings – „wo es geht“ – mit Listen seiner Partei auch im zweiten Wahlgang dabei sein.

Welchen Einfluss haben die Terroranschläge?

Unklar ist allerdings, ob und welchen Einfluss die Pariser Terroranschläge haben, in deren Folge die meisten Kandidaten ihren Wahlkampf zeitweise aussetzten. Meinungsforschern zufolge vermerkt der FN seitdem Zuwächse. Er warnt vor Einwanderung, verknüpft sie mit der Terrorgefahr und fordert eine Schließung der Grenzen.

Aber auch die Sozialisten könnten vom Bedürfnis nach nationaler Einheit profitieren, um die Präsident François Hollande wirbt. Seine Beliebtheitswerte machten einen Satz um mehr als 20 Prozentpunkte nach oben. Drei von vier Franzosen heißen sein Verhalten nach den Attentaten gut, nachdem er harte Maßnahmen gegen Terroristen ankündigte und gleichzeitig ehrliches Mitgefühl für die Opfer und ihre Hinterbliebenen zeigte. Wegen der schlechten Lage in der Wirtschaft und der Dauerarbeitslosigkeit war der Präsident in den Umfragewerten bisher im Dauertief verharrt. Demgegenüber wirkt Sarkozy wenig glaubwürdig, der der Regierung wegen „Laxheit“ eine Mitschuld am Terror gibt, in seiner eigenen Amtszeit aber Polizeistellen einsparte.

Im Wahlkampf dominierten nationale Themen rund um Sicherheit und Terrorabwehr. Dabei sind die Kompetenzen der Regionen ganz andere. Nach einer Reform ist das Kernland nun in 13 statt 22 Regionen aufgeteilt. Hinzu kommen fünf Überseeregionen. Hollande wollte mit der Reform Regionen von „europäischer Größe“ schaffen – stärker und wettbewerbsfähiger.

Nun entsprechen französische Regionen in etwa deutschen Flächenländern, haben aber im zentralistischen Frankreich deutlich weniger politische Bedeutung und vor allem Verwaltungsaufgaben. So kümmern sie sich vor allem um Wirtschaftsentwicklung und Tourismus, Verkehr, Sport, Raumplanung, Kultur und Berufsbildung.