Die Rentenkommission der Regierung soll die Weichen für einen neuen Generationenvertrag stellen. Doch im Gremium fehlen Vertreter der jungen Generation. Das stößt auf Unverständnis. Auch in der Kommission sehen das Mitglieder kritisch.
Berlin - In der neuen Rentenkommission der Bundesregierung verhandelt kein Vertreter der jungen Generation mit. Das stößt auf Kritik. Sarna Röser, Vorsitzende des Verbands „Die Jungen Unternehmer“ und Firmennachfolgerin aus dem Kreis Ludwigsburg, sagte unserer Zeitung: „Als ich erfuhr, dass in der neuen Rentenkommission kein einziges Mitglied unter 40 Jahren ist, habe ich mich richtig aufgeregt.“ Der Altersschnitt der Kommissionsmitglieder, die Bundessozialminister Hubertus Heil (SPD) ernannt hat, liegt bei mehr als 56 Jahren. „Wir erwarten, dass die junge Generation Gehör in politischen Entscheidungsprozessen findet“, sagte Röser. Auftrag der Kommission ist es, für die Zeit nach 2025 einen verlässlichen Generationenvertrag in der Rente zu erarbeiten. Die Jungunternehmerin Röser hält die Besetzung für „einen üblen Scherz“. Die junge Generation solle immer mehr Lasten stemmen, könne aber nicht mit entscheiden.
Ältere Politiker haben das Sagen
Das Bundeskabinett hatte am Mittwoch die Kommission eingesetzt. Die zehn Mitglieder sollen bis 2020 ein Zukunftskonzept für die Rente erarbeiten. Sie treffen sich zum ersten Mal Mitte Juni. Die Kommission besteht aus Abgeordneten von Union und SPD, Vertretern der Sozialpartner und der Wissenschaft. Die Jungunternehmer kritisieren, dass in der Runde vor allem Altpolitiker das Sagen hätten. Bei den beiden Vorsitzenden Karl Schiewerling (CDU) und Gabriele Lösekrug-Möller (SPD) handelt es sich um frühere Bundestagsabgeordnete. Schiewerling war früher Sozial- und Arbeitsmarktexperte der CDU/CSU-Fraktion. Lösekrug-Möller war parlamentarische Staatssekretärin im Arbeitsministerium, arbeitete aber wenig öffentlichkeitswirksam. Die Beiden sind 67 Jahre alt. „Die haben sehr üppige Alterssicherungen und zahlen nicht in die Rentenkasse ein“, sagte Röser.
Auch ein Mitglied der Kommission zeigte Verständnis. „Die Kritik der Verbände ist grundsätzlich nachvollziehbar“, sagte die Wissenschaftlerin Simone Scherger, die mit 43 Jahren das jüngste Mitglied ist. Die Bremer Soziologie-Professorin fügte aber hinzu, dass das Alter der Mitglieder nicht überbewertet werden dürfe. Die Kommissionsmitglieder hätten alle Altersgruppen im Blick. Das sieht auch die baden-württembergische SPD-Sozialpolitikerin und Kommissionsmitglied Katja Mast (47) so: „Die Sicht der Jüngeren wird in unseren Beratungen eine wichtige Rolle spielen.“ Die Generationenfrage stelle sich für sie auch konkret als Mutter von zwei Kindern. Die Kommission werde schnell das Gespräch mit Jugendorganisationen führen.
Interessen der Jungen kommen zu kurz
Das beruhigt den Verband der Jungen Unternehmer nicht. Sarna Röser befürchtet, dass die Jungen nur eine Nebenrolle spielen. Schon die letzte Koalition habe mit der Rente mit 63 und der Mütterrente milliardenschwere Pakete geschnürt, die von den Beitragszahlern bezahlt werden müssen. Jetzt werde zu Lasten der Jüngeren draufgesattelt.
Der FDP-Rentenpolitiker Johannes Vogel stimmte zu. Er sagte: „Der Kommission hätte es gut angestanden, wenn sie einen Vertreter der jungen Generation aufgenommen hätte.“ Er rügte, dass die Expertengruppe vor vollendete Tatsachen gestellt werde. „Die Reihenfolge ist absurd“, sagte Vogel. Zuerst beschließe die große Koalition ein teures Rentenpaket, dann solle die Kommission schauen, wie das finanziert wird. „Das ist so, wie wenn ich im Restaurant Essen bestelle und danach überlege, wie ich es bezahlen kann.“ Die Kommission wurde eingesetzt, weil das System der Alterssicherung vor großen Herausforderungen steht: die Digitalisierung und die Überalterung der Gesellschaft.