Will eine Reform des Länderfinanzausgleichs erreichen: Baden-Württembergs grüner Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Foto: dapd

Lange war es ruhig um den Länderfinanzausgleich. Nun ist Reformdebatte wieder in Gang gebracht.

Stuttgart - Der Streit zwischen Gebern und Nehmern wird schärfer. Kaum lag am Montag der Vorschlag des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne) auf dem Tisch, innerhalb der nächsten drei Jahre auf dem Verhandlungsweg eine Reform des umstrittenen Länderfinanzausgleichs erreichen zu wollen, begann eine heftige Diskussion.

So forderte der CDU-Landesvorsitzende Thomas Strobl den Ministerpräsidenten auf, nicht länger abzuwarten, sondern aktiv zu werden. „Ein Gesprächskreis nutzt bei diesem Thema gar nichts. Da geht es um Milliardenbeträge und dafür braucht es einen kraftvollen Ministerpräsidenten, der nicht dauernd nur redet, sondern handelt“, sagte Strobl unserer Zeitung und forderte den Regierungschef auf, „nicht einen Wohlfühlton anzuschlagen“, sondern Klartext zu reden: „Baden-Württemberg hat in dieser Frage knallharte Interessen, die der Ministerpräsident vertreten muss. Mit Leisetreterei erreicht man da nichts.“

Kretschmann will auf eine Klage verzichten  

Ganz ähnlich hatte zuvor FDP-Landtagsfraktionschef Hans-Ulrich Rülke argumentiert. Wenn Kretschmann sich drei Jahre Zeit nehmen wolle, um den Länderfinanzausgleich reformieren zu wollen, sei dies „absurd“. Offenbar wolle der Ministerpräsident „auf Zeit spielen, um das Thema bis hinter die nächste Landtagswahl zu verzögern“. Wenn eine Verhandlungslösung zwischen den Geber- und Nehmerländern möglich sei, könne man „in Wochen, spätestens Monaten zu Ergebnissen“ kommen. Wenn dies aber nicht möglich sei, „worauf die jüngsten Äußerungen aus Berlin und Düsseldorf hinweisen“, dann müsse „noch in diesem Jahr „ vor dem Bundesverfassungsgericht geklagt werden. Der aktuelle Länderfinanzausgleich gilt noch bis 2019.

Kretschmann hatte im Interview mit unserer Zeitung angekündigt, weiter auf eine Klage gegen den Länderfinanzausgleich zu verzichten und lieber das Gespräch mit den anderen Bundesländern zu suchen. Bayern und Hessen, die mit Baden-Württemberg und Hamburg jährlich rund sieben Milliarden Euro in den Länderfinanzausgleich einzahlen, hatten zuletzt hingegen angekündigt, spätestens Ende des Jahres vor dem Bundesverfassungsgericht eine Klage gegen das Ausgleichssystem einreichen zu wollen.

Daraufhin hatte am Sonntag die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) den Geberländern gedroht, im Fall einer Klage andere Ausgleichsvereinbarungen zwischen den Ländern aufzukündigen. Dazu könnte auch die Forschungsförderung gehören, von der Baden-Württemberg bisher stark profitiert.

Bayern will Druck auf defizitäre Länder verstärken

Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) zeigte sich davon am Montag aber unbeeindruckt. Er freue sich auf die Gegenüberstellung. Bayern zahle zum Beispiel in den Gesundheitsfonds „fast zwei Milliarden Euro mehr ein, als es herausbekommt“. Söder mahnte: „Nordrhein-Westfalen sollte lieber Schulden abbauen, als ständig neue zu machen.“ Der nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) wiederum warf im Gegenzug dem Freistaat eine „arglistige Täuschung“ vor. Er verwies darauf, dass der Länderfinanzausgleich nach den Steuereinnahmen der Länder berechnet wird - und nicht nach deren Schuldenstand. Nordrhein-Westfalen gebe von seinen Mehrwertsteuereinnahmen 2,4 Milliarden Euro an die anderen ab, „so viel wie Bayern und Hessen zusammen“. Bayerns Staatskanzleichef Thomas Kreuzer (CSU) kritisierte die in diesem Jahr von Nordrhein-Westfalen geplante Neuverschuldung von rund vier Milliarden Euro als „unsolide und unsolidarisch“. Trotz sprudelnder Steuereinnahmen werde „das bevölkerungsreichste Bundesland in Deutschland seiner Verantwortung für eine generationengerechte Finanzpolitik in keiner Weise gerecht.“

Bayerns Wirtschaftsminister Martin Zeil forderte einen „Schulden-Soli“, um den Druck auf defizitäre Länder zu verstärken. Der FDP-Politiker sagte dem Magazin „Focus-Money“: „Alle Bundesländer, die von einem vereinbarten Konsolidierungskurs abweichen und zu viele Schulden machen, müssten verpflichtend Zuschläge auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer erheben.“