In der Ausstellung ist auch ein Porträt Luthers in einem Holzschnitt zu sehen. Foto: Horst Rudel

Beeindruckende Dokumente zur städtischen Geschichte der Reformation sind im Gelben Haus zu sehen. Unter anderem zeigt die Ausstellung zwei Briefe, die Martin Luther einst an den Esslinger Rat geschrieben hat.

Esslingen - Streng genommen dürfte in Esslingen in diesem Jahr noch nicht das Jubiläum 500 Jahre Reformation gefeiert werden. Denn in der ehemaligen Reichsstadt wurde die neue Lehre erst im Jahr 1531 offiziell eingeführt. Gleichwohl beschäftigt sich eine Ausstellung des Stadtmuseums im Gelben Haus von 3. Juni bis 12. November mit dem Thema. Schon der Titel „ProtEStantisch!? – Esslingens Weg zur neuen Lehre 1517 – 1555“ weist darauf hin, dass es dabei um die ganz eigene Esslinger Reformationsgeschichte geht.

„Wir wollen weniger zeigen, was damals in Wittenberg passiert ist“, sagt Christian Rilling, der stellvertretende Leiter der Städtischen Museen Esslingen. Vielmehr gehe die in die Dauerausstellung integrierte Schau auf lokale Bezüge ein. Etwa mit direkt an den Esslinger Rat gerichteten Briefen Martin Luthers – einer als Abschrift, einer im Original. In letzterem beantwortete der Reformator 1535 Fragen zum damals ausgefochtenen Abendmahlstreit.

Holzschnitt des nachdenklichen Luthers

Auch schon im Jahr 1523 schaltete sich Luther deeskalierend in die Esslinger Belange ein. In der Stadt hielten bereits reformierte Bürger die geltenden Beichtgebote nicht mehr ein. Luther schlichtete in dem daraus entstandenen Streit, indem er den Protestanten empfahl, sich um des lieben Friedens Willen an die Gebote zu halten.

Zudem ist eine originale Ausfertigung des Wormser Edikts zu sehen, mit dem der Kaiser 1521 die Reichsacht gegen Luther und seine Anhänger verhängte. Dieses Dokument stammt freilich aus Ravensburg, denn das an Esslingen gerichtete ist laut Rilling nicht aufzufinden gewesen – doch der Wortlaut dürfte derselbe gewesen sein.

Ansonsten seien die Ausstellungsmacher unter anderem im Stadtarchiv und in der Kirchenbibliothek der Stadtkirche St. Dionys auf einen reichhaltigen Fundus zur Reformation in Esslingen gestoßen. Etwa auf ein intimes Porträt Luthers, das ihn als nachdenklich Forschenden in einem Holzschnitt von 1520 zeigt. Es gibt für die Besucher aber noch viele weitere, selten gezeigte, wertvolle Dokumente und Bücher zu entdecken – darunter auch eine Lutherbibel. Übrigens belastete die Reformation den städtischen Haushalt Esslingens bis ins Jahr 1802 hinein. Denn die zu berappenden Summen, die für die Ablösung der kirchlichen Rechte und Sühnezahlungen nach dem Schmalkaldischen Krieg zu berappen waren, beliefen sich auf mehr als 160 000 Gulden.

Begleitbroschüre zur Ausstellung

Um die Ausstellung nicht zu überfrachten, wurden die Begleittexte zu den Exponaten kurz und knapp gehalten. Wer tiefer in die Reformationsgeschichte Esslingens einsteigen möchte, kann eine parallel dazu erschienene Broschüre mit ausführlichen Beschreibungen erstehen. Die Ausstellung wird am Freitag, 2. Juni, um 18 Uhr im Kutschersaal der Stadtbücherei eröffnet. Es ist gleichzeitig die Auftaktveranstaltung zu der Reihe „Reichsstadt und Reformation. Esslingen, Luther und die Folgen“, die das Kulturamt, das Stadtarchiv und die Städtischen Museen Esslingen gemeinsam aufgelegt haben.